3. März 2022
Lobbyregister Verhaltenskodex
Compliance

Weiteres zum Lobbyregistergesetz: Der vom Deutschen Bundestag und der Bundesregierung festgelegte Verhaltenskodex und eigene Verhaltenskodizes

Interessenvertreterinnen und Interessenvertreter akzeptieren mit ihrer Lobbyregister-Eintragung den gesetzlichen Verhaltenskodex. Sie können zudem eigene Verhaltenskodizes ergänzen.

Die zahlreichen Beiträge zu dem am 1. Januar 2022 in Kraft getretenen Lobbyregistergesetz (LobbyRG)befassen sich zuvorderst mit dem persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich, der Registrierungspflicht und dem Registerinhalt. Auch einzelne Spezialthemen wurden besprochen, etwa das Lobbyregistergesetz aus konzernrechtlicher Perspektive.

Diejenigen, die einer Registrierungspflicht unterliegen oder sich freiwillig registrieren, sollten sich darüber hinaus mit den in § 5 LobbyRG geregelten „Grundsätze[n] integrer Interessenvertretung“ näher befassen – insbesondere mit dem vom Deutschen Bundestag und der Bundesregierung festgelegten „Verhaltenskodex für Interessenvertreterinnen und Interessenvertreter im Rahmen des Lobbyregistergesetzes“ und der Möglichkeit, weitere Verhaltenskodizes anzugeben.

Verstöße gegen den Verhaltenskodex können ein Naming und Shaming zur Folge haben

Gem. § 5 Abs. 2 LobbyRG legen der Deutsche Bundestag und die Bundesregierung unter Beteiligung der Zivilgesellschaft einen Verhaltenskodex fest, der Vorgaben zur Ausübung von Interessenvertretung auf Basis der in § 5 Abs. 1 LobbyRG genannten Grundsätze von „Offenheit, Transparenz, Ehrlichkeit und Integrität“ enthält. Der Kodex findet sich nunmehr in Anlage 2a zur Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages.

Die gem. § 5 Abs. 3 LobbyRG zwingende Akzeptanz des vorgegebenen Verhaltenskodex erfolgt dergestalt, dass zum Abschluss einer Registrierung oder Aktualisierung ein Bestätigungsdokument generiert wird, das sich auch auf den Kodex bezieht und zu unterschreiben ist.

Auf Basis dieser Rechtsverbindlichkeit prüft die registerführende Stelle mögliche Verstöße gegen den Verhaltenskodex. Stellt die registerführende Stelle einen nicht unerheblichen Verstoß gegen den Verhaltenskodex fest, wird diese Feststellung gem. § 5 Abs. 8 S. 1 LobbyRG ins Lobbyregister eingetragen. Eine Löschung erfolgt gem. § 5 Abs. 8 S. 1 LobbyRG nach Ablauf von 24 Monaten. 

Ein festgestellter und eingetragener Verstoß gegen den vorgegebenen Verhaltenskodex ist mit Einschränkungen des Zugangs zu den Gebäuden des Deutschen Bundestages und der Teilnahme an öffentlichen Anhörungen der Ausschüsse des Deutschen Bundestages verbunden (§ 6 LobbyRG). Vor allem aber drohen die allgemeinen Folgen des Naming and Shaming.

Die Bußgeldvorschriften in § 7 LobbyRG knüpfen nicht direkt an Verstöße gegen den vorgegebenen Verhaltenskodex an, sondern an unrichtige, unvollständige oder nicht rechtzeitige Angaben. Es bestehen aber gewisse Überschneidungen mit Verstößen gegen den vorgegebenen Verhaltenskodex.

Zum Inhalt des vorgegebenen Verhaltenskodex

Der vorgegebene Verhaltenskodex enthält neun Ziffern. Die darin enthaltenen Regelungen gehen nur vereinzelt über das hinaus, was im LobbyRG geregelt ist.

Ziffer 1 des Kodex enthält Regelungen zur Transparenz und entspricht § 5 Abs. 4 LobbyRG. Ziffer 2 des Kodex regelt die Pflicht, bei einem Erstkontakt auf die Eintragung in das Lobbyregister hinzuweisen, und entspricht § 5 Abs. 5 LobbyRG. Ziffer 3 des Kodex regelt das Verbot von Erfolgshonoraren und entspricht § 5 Abs. 6 LobbyRG.

Ziffer 4 des Kodex regelt, dass Informationen nicht auf unlautere Art und Weise beschafft werden dürfen. Dies ergibt sich aus dem LobbyRG nicht ausdrücklich, aber mittelbar aus den in § 5 Abs. 1 genannten Grundsätzen von „Offenheit, Transparenz, Ehrlichkeit und Integrität“.

Ziffer 5 des Kodex enthält eine Regelung zur Vertraulichkeit erhaltener Informationen. Auch dies ergibt sich aus dem LobbyRG nicht ausdrücklich, aber mittelbar aus den vorgenannten Grundsätzen.

Ziffer 6 des Kodex enthält Regelungen zur Bezeichnung „registrierte Interessenvertreterin“ oder „registrierter Interessenvertreter“ und entspricht § 5 Abs. 9 LobbyRG.

Ziffer 7 des Kodex bezieht sich auf die in § 6 LobbyRG geregelte Möglichkeit, bei nur teilweiser Eintragung von Angaben im Lobbyregister den Zugang zu den Gebäuden des Deutschen Bundestages und die Teilnahme an öffentlichen Anhörungen zu verweigern; der Kodex sieht hier eine Pflicht der Interessenvertreterin oder des Interessenvertreters vor, der für die Einladung bzw. Beteiligung zuständigen Stelle unverzüglich und unaufgefordert die eingeschränkte Eintragung mitzuteilen.

Ziffer 8 des Kodex regelt ein Detail zu der in § 5 Abs. 1 LobbyRG genannten Ehrlichkeit: Gegenüber Auftraggebern oder sonstigen Dritten darf keine tatsächlich nicht bestehende Nähe zu Mitgliedern der Bundesregierung oder des Bundestages vorgespiegelt werden. Auch dies lässt sich ohne Weiteres den in § 5 Abs. 1 LobbyRG genannten Grundsätzen entnehmen.

Ziffer 9 des Kodex regelt schließlich, dass Interessenvertreterinnen und Interessenvertreter Überprüfungen ihrer Angaben akzeptieren und Anfragen der registerführenden Stelle beantworten. Eine Selbstverständlichkeit.

LobbyRG ermöglicht ergänzende Verhaltenskodizes

§ 5 Abs. 3 S. 2 LobbyRG eröffnet die Möglichkeit, weitere Verhaltenskodizes als ergänzende Grundlage für die Interessenvertretung anzugeben.

Prüfungen durch die registerführende Stelle und Eintragungen bei Verstößen erfolgen gem. dem Wortlaut des § 5 Abs. 8 LobbyRG nur in Bezug auf den dort vorgegebenen Verhaltenskodex. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass Verstöße gegen ergänzende Kodizes diesen Rechtsfolgen nicht unterliegen.

Der vorgegebene Verhaltenskodex ist eher generisch und beschränkt sich im Wesentlichen auf eine Wiederholung der Regelungen des Lobbyregistergesetzes. Interessenvertreterinnen und Interessenvertreter haben aus praktischen und rechtlichen Gründen häufig darüber hinausgehende festgelegte Grundsätze und Prinzipien für ihr geschäftliches Verhalten und dasjenige ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dies ermöglicht auch die Berücksichtigung von branchenspezifischen Herausforderungen für ethisches Handeln, auch im Bereich der Interessenvertretung.

Angesichts des geringen Regelungsgehaltes des vorgegebenen Verhaltenskodex ist zu erwarten, dass Branchenverbände und ähnliche Vereinigungen ergänzende Verhaltenskodizes zur Interessenvertretung entwerfen und ihren Mitgliedern zur Verfügung stellen werden.

Handlungsoptionen für Public-Affairs-Abteilungen

Insbesondere Public-Affairs-Abteilungen sollten prüfen, ob sie vorhandene Verhaltenskodizes um den Bereich Interessenvertretung ergänzen oder neu einführen sollten. 

Die in § 5 Abs. 1 LobbyRG genannten Grundsätze sind mit dem vorgegebenen Verhaltenskodex bei weitem noch nicht in greifbarem Maße ausformuliert. Hier können Unternehmen ihr Verständnis von „Offenheit, Transparenz, Ehrlichkeit und Integrität“ (§ 5 Abs. 1 LobbyRG) konkretisieren. 

Ferner kann das Konstrukt der ergänzenden Verhaltenskodizes als gute Gelegenheit wahrgenommen werden, um zu erläutern, was in der Regierungsbegründung nur kurz angerissen worden ist (BT Drs. 19/22179, S. 1):

Die Vertretung gesellschaftlicher Interessen gegenüber der Politik und der allgemeinen Öffentlichkeit gehört zu den Wesensmerkmalen eines demokratischen Staatswesens.

Zugleich kann dem entgegengewirkt werden, was die Regierungsbegründung ebenfalls beschreibt: 

Mit dem Begriff des ‚Lobbyismus‘ werden in der öffentlichen Wahrnehmung vornehmlich illegitime Einflussversuche partikularer Interessenorganisationen und ihrer Vertreterinnen und Vertreter verbunden.

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