Der zweite Teil der Serie zu den neuen Verfahrensordnungen der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS) widmet sich dem Verfahren der Projektbegleitenden Adjudikation. Im Gegensatz zum DIS-Schiedsgutachtensverfahren, das bei Entstehen einer konkreten Streitigkeit von den Vertragsparteien eingeleitet wird, soll die projektbegleitende Adjudikation – wie der Name schon sagt – bereits bei Projektbeginn (und ohne dass bereits eine Streitigkeit vorliegen muss) eingeleitet werden.
Der Vorteil einer projektbegleitenden Adjudikation liegt darin, dass die Adjudikatoren (die das sogenannte Dispute Adjudication Board (DAB) bilden) das Projekt von Anfang an begleiten und bei aufkommenden Streitigkeiten keine Einarbeitungszeit benötigen. Zudem können sie frühzeitig Konflikten entgegenwirken und möglicherweise auch effizienter auf die individuellen Befindlichkeiten der jeweiligen Partei eingehen. Außerdem gewährleistet die schnelle Streitbeilegung, dass der Projektfortschritt nicht unverhältnismäßig durch diese Streitigkeit beeinträchtigt wird. Nachteile dieses Verfahrens sind die laufenden Kosten und der Aufwand, das DAB kontinuierlich zu informieren.
Die DIS-Verfahrensordnung für Adjudikation (DIS-AVO) sieht als Regelfall die Bildung eines aus drei Adjudikatoren bestehenden DAB vor. Können sich die Parteien nicht auf die Benennung der Adjudikatoren verständigen, kann diese Entscheidung dem DIS-Ernennungsausschuss übertragen werden. Nachdem das DAB konstituiert wurde, wird es in der Folgezeit über den Projektfortschritt informiert. Hierzu erhalten die Adjudikatoren alle relevanten Unterlagen sowie monatliche Fortschrittsberichte. Daneben sollen regelmäßige (idR halbjährliche) Treffen mit den Parteien stattfinden, um Detailfragen zu klären. Sollten bereits hierbei Meinungsverschiedenheiten zu erkennen sein, kann das DAB schon während dieser Treffen auf eine informelle Beilegung hinwirken.
Dauern Streitigkeiten zwischen den Parteien dagegen an, kann ein konkretes streitbezogenes Adjudikationsverfahren eingeleitet werden. Dieses Verfahren ähnelt dann in seinem Ablauf im Wesentlichen dem DIS-Schiedsgutachtensverfahren (vgl. hierzu Teil 1 der Serie). Die am Ende des Verfahrens von dem DAB getroffene Entscheidung ist für die Parteien vorläufig bindend, bis sie von einem (Schieds-) Gericht abgeändert oder aufgehoben wird.
Die Adjudikatoren erhalten für ihre Tätigkeit zunächst einmal jeweils ein monatliches Grundhonorar von EUR 2.400 (Stundensatz von EUR 300 x 8 Stunden). Hiermit soll ihre Verfügbarkeit und ihr Aufwand, sich über das Projekt informiert zu halten, pauschal vergütet werden. Für Treffen und streitbezogene Adjudikationsverfahren kommt dann ein variabler Vergütungsteil hinzu, der auf Grundlage des vorgenannten Stundensatzes von EUR 300 berechnet wird. Die Kosten tragen die Parteien je zur Hälfte.
Zwar ist mit der Einrichtung eines DAB ein finanzieller Aufwand verbunden. Gerade bei großen und komplexen Projekten kann es sich aber lohnen, dieses neue Verfahren durchzuführen, da es hier erfahrungsgemäß regelmäßig zu Streitigkeiten kommt und man auf diese Weise eine schnelle Streitentscheidung durch neutrale Adjudikatoren erhält, die das Projekt von Beginn an kennen.
Die praktische Erfahrung mit entsprechenden Adjudikationsverfahren zeigt, dass die Parteien die Entscheidung der Adjudikatoren in der überwiegenden Zahl der Fälle als verbindlich akzeptieren und auf die Durchführung eines nachfolgenden Schiedsverfahrens verzichten.
Nähere Informationen zur DIS-Verfahrensordnung für Adjudikation können unter http://www.dis-arb.de/ abgerufen werden.
Hier geht es zu Teil 1 der Serie: Schiedsgutachten
Zur neuen DIS-Konfliktmanagementordnung bitte hier klicken.