BGH: Erklärung des Geschäftsführers auf GmbH-Briefpapier gilt grundsätzlich als im Namen der Gesellschaft abgegeben.
Der Geschäftsführer ist gesetzliches Vertretungsorgan der GmbH (§ 35 GmbHG). Er handelt für die Gesellschaft und schließt in ihrem Namen Rechtsgeschäfte mit Dritten ab. Sowohl für den handelnden Geschäftsführer, die Gesellschaft und dahinterstehenden Gesellschafter, als auch für die Vertragspartner ist dabei entscheidend, ob eine Erklärung tatsächlich die Gesellschaft bindet oder lediglich privat vom Geschäftsführer selbst stammt. Im (schriftlichen) Geschäftsverkehr kann es hier zu Unklarheiten kommen, insbesondere wenn die Formulierung einer Erklärung oder deren Kontext nicht eindeutig sind.
Der Fall: Erklärung des Geschäftsführers?
Im zugrunde liegenden Fall klagte ein (Gesellschafter-)Geschäftsführer auf Zahlung ausstehender Geschäftsführerbezüge. Streitpunkt war, ob die Kündigung seines Geschäftsführeranstellungsvertrages wirksam erfolgt war. Zuvor hatte die Gesellschafterversammlung seine Abberufung und die außerordentliche Kündigung seines Anstellungsvertrags beschlossen. Die Satzung enthielt eine Regelung, wonach die Gesellschaft bei Beendigung eines Geschäftsführeranstellungsvertrages durch die Gesellschafter und die Geschäftsführung gemeinsam vertreten wird. Im entsprechenden Beschluss wurde ein Mit-Gesellschafter-Geschäftsführer mit dem Ausspruch der Kündigung gegenüber dem Kläger beauftragt. Dieser übermittelte dem Kläger daraufhin ein Kündigungsschreiben – verfasst auf dem Geschäftspapier der Gesellschaft, jedoch ohne genauere Funktionsbezeichnung und mit der Angabe „in Erfüllung des Auftrags der Gesellschafterversammlung“ zu handeln.
Vorinstanzen: Kein Geschäftsführerhandeln ohne entsprechende Anhaltspunkte
Die zentrale Streitfrage war, ob diese Erklärung der GmbH zuzurechnen oder nur als Erklärung des Unterzeichners bzw. der Gesellschafter zu werten ist. Die Vorinstanzen gaben noch dem Kläger recht: Nach Ansicht des Berufungsgerichts sei die Kündigung mangels satzungsgemäßer Vertretung unwirksam. Zwar sei von der Beauftragung zur Abgabe der Kündigung auszugehen, doch habe der Mit-Gesellschafter gerade nicht auch in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer gehandelt. Dafür fehle es an jeglichen individuellen Anhaltspunkten. Der Hinweis auf die Geschäftsführerstellung auf dem Geschäftspapier sei lediglich gesetzlich vorgeschrieben (§ 35a GmbHG) und kein Ausdruck organschaftlichen Handelns. Ein Zusatz zur Unterschrift als „Geschäftsführer″ o.ä. sei nicht erfolgt. Das Gericht folgerte: Die Kündigung sei als reine Botenerklärung nicht wirksam.
BGH: Grundsätzlich Zurechnung bei Erklärung auf Geschäftspapier
Der Bundesgerichtshof hat diese enge Sichtweise in seinem Urteil deutlich zurückgewiesen. Er stellte klar: Die Kündigung ist auch als Geschäftsführer erfolgt – und damit wirksam. Das Berufungsgericht habe gegen anerkannte Auslegungsgrundsätze verstoßen. Im Rechtsverkehr werden Erklärungen nach ihrem objektiven Erklärungswert – also nach dem, was ein objektiver Dritter in der Rolle des Erklärungsempfängers verstehen darf – bestimmt. Entscheidend ist eine Gesamtbetrachtung der Umstände. Mit Blick auf den vorliegenden Fall gelte der Grundsatz: Gibt ein Geschäftsführer auf Geschäftspapier der Gesellschaft eine Erklärung ab, die auf Vertragsverhältnisse der Gesellschaft zielt, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sie im Namen der Gesellschaft erfolgt.
Wie es § 35a GmbHG verlangt, enthielt das Geschäftspapier Angaben zu den Geschäftsführern. Daher ergebe sich für den Erklärungsempfänger erkennbar dessen organschaftliche Stellung (§ 164 Abs. 1 S. 2 BGB) – auch ohne ausdrücklichen Zusatz „in Vertretung“ oder „als Geschäftsführer“. Die Erklärung sei zudem inhaltlich eindeutig auf die Rechtsverhältnisse der GmbH bezogen. Demgegenüber fehlten konkrete Anhaltspunkte für eine nur persönliche Erklärung oder eine rein botenmäßige Übermittlung. Die Kündigung sei deshalb (auch) als Geschäftsführer erfolgt und damit wirksam.
Überzeugende Auslegung nach objektivem Empfängerhorizont
Das Urteil des BGH überzeugt, indem es konsequent auf den maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont abstellt. Hiernach kann ein Vertragspartner im geschäftlichen Kontext mit der GmbH verständigerweise davon ausgehen, dass eine auf dem Geschäftspapier der Gesellschaft abgegebene und diese betreffende Erklärung grundsätzlich in deren Namen erfolgt. Insofern wird das verquere Regel-Ausnahme-Prinzip der Vorinstanzen umgekehrt: Weitere Zusätze wie ausdrückliche Bezeichnungen „als Geschäftsführer″ o.ä. sind für die Zurechnung gerade nicht erforderlich – lediglich andersherum bei Vorliegen besonderer Anhaltspunkte kann dieser Grundsatz widerlegt werden, etwa wenn klargestellt wird, dass ausnahmsweise nicht als bestimmtes Organ gehandelt werden soll.
Praxis: Stärkung der Rechtssicherheit, aber dennoch Vorsicht geboten
Aus Sicht der Praxis wird durch das Urteil die Verlässlichkeit geschäftlicher Kommunikation im Unternehmensalltag gestärkt und vor unnötiger Formalisierung geschützt. Für Vertragspartner bietet das Urteil Vertrauensschutz und stärkt die Rechtssicherheit im Geschäftsverkehr. Für Geschäftsführer bedeutet das konkret: Wer auf Geschäftspapier handelt, muss sich bewusst sein, dass solche Erklärungen typischerweise als organschaftlich verstanden werden – auch wenn kein weiterer Zusatz erfolgt. Wer als Privatperson auftreten will, muss dies deutlich machen. Gerade bei sensiblen Sachverhalten kann es sich jedoch empfehlen, auch bei organschaftlichem Handeln klare Vertretungszusätze zu verwenden, um Streitigkeiten zu vermeiden.