KG Berlin: Eine Gesellschafterliste ist nicht maßgeblich, wenn sie entgegen einer einstweiligen Verfügung zum Handelsregister eingereicht wurde.
Eine einstweilige Verfügung, mit welcher der Gesellschaft die Einreichung einer geänderten Gesellschafterliste zum Handelsregister untersagt wird, verpflichtet die Gesellschaft, Maßnahmen zur Verhinderung der Listeneinreichung zu ergreifen und hilfsweise die Einreichung einer Korrekturliste zu veranlassen. Dies hat das Kammergericht in Berlin mit seinem noch nicht veröffentlichten Urteil vom 9. November 2017 (Az. 23 U 67/15) klargestellt.
Verstößt die Gesellschaft gegen diese Verpflichtung muss sie sich so behandeln lassen, als sei die von der Verfügung betroffene Gesellschafterliste nie in das Handelsregister aufgenommen worden. Über die eingeschränkte Rechtskraftwirkung einer im vorläufigen Rechtschutzverfahren gegen die Gesellschaft ergangenen Entscheidung kann sich die Gesellschaft nicht hinwegsetzen, indem sie – unter Berufung auf die generelle Legitimationswirkung von Gesellschafterlisten – ohne Beteiligung des in der hinterlegten Gesellschafterliste nicht mehr als Gesellschafter ausgewiesenen Gesellschafters Beschlüsse fasst.
Ausgangspunkt: Streit um Einziehung von Geschäftsanteilen
Anlass für das Verfahren vor dem Kammergericht war ein Streit um die Einziehung von Geschäftsanteilen und die Einreichung einer den ausgeschlossenen Gesellschafter nicht mehr ausweisenden neuen Gesellschafterliste beim Handelsregister.
Eine Einziehung von Geschäftsanteilen erfolgt durch Gesellschafterbeschluss. Wirksam wird eine Einziehung aber erst, wenn der Einziehungsbeschluss dem betroffenen Gesellschafter auch mitgeteilt und eine neue Gesellschafterliste beim Handelsregister eingereicht wird. Möchte sich der betroffene Gesellschafter gegen einen Einziehungsbeschluss wehren, stehen ihm in erster Linie die allgemeinen Rechtsbehelfe zur Verfügung, also die Anfechtungsklage analog § 246 AktG und die Nichtigkeitsklage analog § 249 AktG.
Bis zum Abschluss derartiger Verfahren besteht für den Gesellschafter allerdings die Gefahr, dass bereits eine aktualisierte Gesellschafterliste zum Handelsregister eingereicht wird, in welcher er nicht mehr als Gesellschafter ausgewiesen wird. Gegen das damit verbundene Risiko eines gutgläubigen Erwerbs seiner Anteile durch einen Dritten kann sich der Gesellschafter zur Wehr setzen, indem er der hinterlegten Gesellschafterliste gemäß § 16 Abs. 3 Satz 4 GmbHG einen Widerspruch zuordnen lässt. Im Verhältnis zur Gesellschaft würde er ohne Eintragung in die Gesellschafterliste nach § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG aber gleichwohl nicht mehr als Gesellschafter gelten und könnte beispielsweise keine Stimm- oder sonstigen Mitwirkungsrechte mehr ausüben.
Empfehlenswert ist es daher für den betroffenen Gesellschafter, sich schon vor der Hinterlegung einer aktualisierten Gesellschafterliste zur Wehr zu setzen und der Gesellschaft bzw. deren Geschäftsführern per einstweiliger Verfügung die Einreichung einer solchen Gesellschafterliste zu untersagen.
Entscheidung des Kammergerichts
So sieht es auch das Kammergericht und konkretisiert zugleich die Pflichten der betroffenen GmbH und ihrer Geschäftsführer in einem solchen Fall:
Wenn ihnen durch einstweilige Verfügung die Einreichung einer bestimmten geänderten Gesellschafterliste untersagt wird, bedeutet dies nämlich
- dass die GmbH und ihre Geschäftsführer selbst keine solche Gesellschafterliste zum Handelsregister einreichen dürfen;
- dass sie die Pflicht trifft, die Einreichung einer solchen Gesellschafterliste zu verhindern und
- dass sie hilfsweise eine korrigierte Liste (mit dem bisherigen Gesellschafterbestand) einreichen müssen.
Werden diese Pflichten verletzt, ist die Gesellschaft so zu behandeln, als sei die aktualisierte und verbotswidrig eingereichte Gesellschafterliste nie in das Handelsregister aufgenommen worden.
Einstweilige Verfügung sichert Stellung des Gesellschafters und Beteiligung an Gesellschafterbeschlüssen
Im Grundsatz überrascht die Entscheidung des Kammergerichts nicht. Die Berufung auf eine Gesellschafterliste, die entgegen einer einstweiligen Verfügung zum Handelsregister eingereicht wird, ist treuwidrig. Weder die Gesellschaft noch ihre Geschäftsführer noch der an der Veränderung mitwirkende Notar dürfen Gesellschafterlisten entgegen einer solchen einstweiligen Verfügung zum Handelsregister einreichen.
Die Entscheidung des Kammergerichts, daraus auch eine aktive Pflicht zur Verhinderung der Einreichung bzw. hilfsweise zur Einreichung einer Korrekturliste abzuleiten, ist nur konsequent.
Im Umkehrschluss bedeutet das, dass von einem Einziehungsbeschluss betroffene, also ausgeschlossene Gesellschafter, die ihre Stellung durch eine einstweilige Verfügung gesichert haben, jedenfalls bis zur Klärung des Streits um die Einziehung ihrer Geschäftsanteile an Gesellschafterbeschlüssen weiterhin beteiligt werden müssen. Andernfalls droht Nichtigkeit der (ohne sie gefassten) Gesellschafterbeschlüsse.