Die Geschäftsführung ist das Zentrum der operativen Tätigkeit jeder Gesellschaft. Ihre Besetzung rückt bei einem Gesellschafterstreit schnell in den Fokus.
Folgt der Gesellschaftsvertrag den gesetzlichen Regelungen zur GmbH, können die Mehrheitsgesellschafter die Geschäftsführer frei bestellen und abberufen. Um Auseinandersetzungen zu vermeiden oder zumindest in geordnete Bahnen zu lenken, können den Gesellschaftern Entsenderechte für die Geschäftsführung eingeräumt oder die Entscheidung einem Beirat übertragen werden.
Ausgangslage: Bestellung der Geschäftsführer durch Mehrheitsbeschluss der Gesellschafterversammlung
In der GmbH gilt: Bestimmt der Gesellschaftsvertrag nichts anderes, so werden die Geschäftsführer durch Beschluss der Gesellschafterversammlung mit einfacher Stimmenmehrheit gewählt, §§ 46 Ziff. 5, 47 Abs. 1 GmbHG. Auch für die Abberufung von Geschäftsführern genügt ein Beschluss mit einfacher Stimmenmehrheit. Es bedarf weder eines besonderen Grundes noch ist eine bestimmte Frist für die Abberufung einzuhalten, vgl. § 38 Abs. 1 GmbHG.
Im Ergebnis nicht anders ist dies in der GmbH & Co. KG, wobei die Entscheidungskompetenz in diesen Fällen bei der Gesellschafterversammlung der Komplementär-GmbH liegt. Bei der oHG oder der gesetzestypischen KG dagegen sind alle persönlich haftenden Gesellschafter von Gesetzes wegen zur Geschäftsführung befugt, § 114 HGB. Die Geschäftsführungs- und Vertretungskompetenz kann ihnen nur aus wichtigem Grund und nur durch gerichtliches Urteil entzogen werden, §§ 117, 127 HGB. Der Gesellschaftsvertrag kann jedoch hiervon abweichend vorsehen, dass – wie bei der GmbH – die Geschäftsführer von der Gesellschafterversammlung gewählt werden.
Bei klaren Mehrheitsverhältnissen setzt sich der Mehrheitsgesellschafter durch
Gesellschafter, die allein oder zusammen mehr als 50% des stimmberechtigten Kapitals halten, können damit jederzeit Geschäftsführer bestellen oder abberufen. Besteht unter den Gesellschaftern Streit, so kann der Mehrheitsgesellschafter den Minderheitsgesellschafter ohne weiteres als Geschäftsführer entmachten und gleichzeitig verhindern, dass dieser einen neuen Geschäftsführer bestellt.
Dem Minderheitsgesellschafter sind dagegen die Hände gebunden: Er muss den von dem Mehrheitsgesellschafter bestellten Geschäftsführer hinnehmen und kann gleichzeitig keinen Vertrauten (oder sich selbst) in die Geschäftsführung wählen.
Sonderfall: Abberufung aus wichtigem Grund
Einen Sonderfall stellt die Abberufung von Geschäftsführern aus wichtigem Grund dar. Als wichtige Gründe nennt § 38 GmbHG grobe Pflichtwidrigkeiten oder die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung. Darüber hinaus gilt auch das Zerwürfnis unter den Geschäftsführern als Abberufungsgrund, wobei der betroffene Geschäftsführer das Zerwürfnis nicht verursacht haben muss.
Die Besonderheit bei der Abberufung aus wichtigem Grund besteht nun darin, dass der Betroffene bei der Beschlussfassung nicht stimmberechtigt ist (Verbot des „Richtens in eigener Sache“). Der Mehrheitsgesellschafter darf also bei der Beschlussfassung über seine eigene Abberufung nicht teilnehmen.
In der Praxis gibt der Mehrheitsgesellschafter meist dennoch seine Stimme ab und beruft sich darauf, der wichtige Grund sei bloß vorgeschoben. Da der Mehrheitsgesellschafter zudem entweder sich selbst oder eine andere, ihm wohlgesonnene Person zum Versammlungsleiter bestellen kann, wird die Ablehnung des Beschlussantrags zunächst mit vorläufiger Verbindlichkeit festgestellt. Der Minderheitsgesellschafter muss sodann die Rechtswidrigkeit der Beschlussablehnung und die Wirksamkeit der Abberufung gerichtlich im Wege der positiven Beschlussfeststellungsklage durchsetzen.
Paritätische Beteiligungsverhältnisse: Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern werden blockiert
Komplizierter wird die Besetzung der Geschäftsführung, wenn zwei Gesellschafter jeweils zu 50% an der Gesellschaft beteiligt sind. In diesen Fällen kann kein Geschäftsführer gegen den Willen eines Gesellschafters bestellt werden. Auch die Abberufung eines Geschäftsführers ist grundsätzlich nur mit Zustimmung beider Gesellschafter möglich.
Eine Ausnahme bildet wieder die Abberufung aus wichtigem Grund. Die Wirksamkeit der Abberufung aus wichtigem Grund bedarf aber stets einer gerichtlichen Überprüfung. Ein Gesellschafter kann sich nicht schlicht darauf berufen, dass er seinen Mitgesellschafter als Geschäftsführer abberufen hätte. Er muss zumindest eine einstweilige Verfügung erstreiten, mit der dem Mitgesellschafter die weitere Tätigkeit als Geschäftsführer untersagt wird.
Regelungen im Gesellschaftsvertrag zur Besetzung der Geschäftsführung
Regelungen im Gesellschaftsvertrag können dazu beitragen, Auseinandersetzungen über die Besetzung der Geschäftsführung zu vermeiden oder jedenfalls zu erleichtern. Eine wichtige Rolle spielen insbesondere Entsenderechte, durch die jedem Gesellschafter (ggf. mit einer bestimmten Mindestbeteiligung am Kapital der Gesellschaft, z. B. 40%) ein Recht zur Benennung eines Geschäftsführers seiner Wahl zusteht. Der Gesellschafter kann in diesen Fällen auch sich selbst als Geschäftsführer entsenden.
Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer nicht der Gesellschafterversammlung, sondern einem Beirat zuzuweisen. Ebenso kann vereinbart werden, dass die Gesellschafter dem Beirat Vorschläge für die Bestellung eines Geschäftsführers machen können und der Beirat diesem Vorschlag entsprechen muss, solange nicht nach seiner Überzeugung ein wichtiger Grund in der Person des Vorgeschlagenen besteht. Hierdurch wird die Entscheidung über die Besetzung der Geschäftsführung der emotional belasteten oder zumindest gefährdeten Gesellschafterversammlung entzogen. Voraussetzung ist freilich, dass der Beirat wirklich neutral agiert oder zumindest teilweise mit neutralen Personen besetzt wird.
Freilich können weder Entsenderechte noch die Zuweisung der Entscheidung über die Besetzung der Geschäftsführung an den Beirat vermeiden, dass die Auseinandersetzung unter den Gesellschaftern auf die Ebene der Geschäftsführung übergreift. Will ein Gesellschafter einen bestimmten Geschäftsführer verhindern, so wird er in der Regel einen wichtigen Grund in der Person dieses Geschäftsführers behaupten und seine Abberufung als Geschäftsführer beantragen. Auch wenn Abberufungsanträge selten der gerichtlichen Überprüfung standhalten, ziehen sie doch langwierige gerichtliche Verfahren nach sich, die die Geschäftsführungstätigkeit nachhaltig belasten oder sogar blockieren können.
Fazit: Ein Streit lässt sich nicht vermeiden – aber es lässt sich vorausplanen
Die Besetzung der Geschäftsführung ist häufiger Gegenstand von Auseinandersetzungen unter Gesellschaftern. Können die Mehrheitsgesellschafter die Geschäftsführer grundsätzlich frei bestellen und abberufen, muss ein Minderheitsgesellschafter einen wichtigen Grund in der Person des Geschäftsführers nachweisen. Entsenderechte für die Geschäftsführung oder eine Übertragung auf einen Beirat können Gesellschafterstreitigkeiten nicht vermeiden. Sie können jedoch unter Umständen ein geeignetes Mittel sein, um Minderheitenrechte zu stärken oder eine mögliche Auseinandersetzung in geordnete Bahnen zu lenken.
Unsere Beitragsreihe informiert rund um das Thema Gesellschafterstreitigkeiten. Bereits erschienen sind Beiträge zur Entstehung von Gesellschafterkonflikten, die mögliche Steuerung durch Gestaltung der Gesellschafterverträge und wie streitige Gesellschafterversammlungen vorbereitet und durchgeführt werden können. Zuletzt haben wir uns mit der Teilnahme von Beratern an Gesellschafterversammlungen und der Beschlussfassung in der streitigen Gesellschafterversammlung befasst.