M&A Transaktionen im Pflegeheimbereich stellen besondere Herausforderungen dar. Wichtige Aspekte sind die Gemeinnützigkeit und die Transaktionsstruktur.
In jüngerer Zeit sind vermehrt sowohl Finanz- als auch strategische Investoren aus dem In- und Ausland als Käufer von Pflegeheimunternehmen im deutschen Markt aufgetreten. Dieser Trend dürfte sich aufgrund des demographischen Wandels sowie der prophezeiten Konsolidierungsphase im Pflegeheimmarkt weiter fortsetzen. Vor diesem Hintergrund werden nachfolgend einige Aspekte dargestellt, die aus rechtlicher Sicht im Rahmen von M&A Transaktionen im Pflegeheimbereich regelmäßig eine Rolle spielen.
Im ersten Teil der kleinen Blogreihe soll es um Gesichtspunkte bei der Gemeinnützigkeit von Pflegeheimbetrieben sowie der Herstellung der gewünschten Transaktionsstruktur gehen. Im nächsten Teil werden Themen besprochen, die bei M&A Transaktionen erfahrungsgemäß im Zusammenhang mit Pflegeheimimmobilien auftreten.
Gemeinnützige Pflegeheimbetriebe
Pflegeheimbetriebe sind oftmals als gemeinnützige Unternehmen organisiert. Hierdurch kommen sie in den Genuss verschiedener Steuervergünstigungen. Bietet sich die Möglichkeit, ein gemeinnütziges Unternehmen zu erwerben, ist es ratsam, (falls möglich) bereits in einem frühen Stadium der Transaktion isoliert zu prüfen, wie das Unternehmen neutral aus der Gemeinnützigkeit heraus geführt werden kann. Denn abgesehen von ganz bestimmten Sonderkonstellationen dürfte jeder mit Gewinnerzielungsabsicht handelnde Käufer daran interessiert sein, die Gemeinnützigkeit des Unternehmens nach Vollzug des Erwerbs zu beenden.
Frühzeitige Klärung kann unnötige Kosten vermeiden
Hintergrund ist u.a., dass die Mittel des Unternehmens andernfalls gemeinnützig verwendet werden müssen. Das bedeutet z.B., dass an Gesellschafter von gemeinnützigen Unternehmen keine Gewinne ausgeschüttet werden dürfen (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 AO). Treten bei dieser (Vor-)Prüfung Deal-Breaker zu Tage oder stellt sich heraus, dass sich das Unternehmen nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand aus der Gemeinnützigkeit führen lässt, kann von der Transaktion zu einem Zeitpunkt Abstand genommen werden, in dem bestenfalls noch nicht allzu viel personelle und finanzielle Ressourcen eingesetzt wurden.
In diesem Zusammenhang bietet es sich auch an, zu verifizieren, ob das Unternehmen außerhalb der Gemeinnützigkeit überhaupt wirtschaftlich betrieben werden kann. Denn erfahrungsgemäß ist die Struktur und Organisation von gemeinnützigen Unternehmen eher komplex und stark auf die Anforderungen zur Einhaltung der Gemeinnützigkeit zugeschnitten.
Beendigung der Gemeinnützigkeit kann zu Steuernachzahlungen führen
Ein besonderes Augenmerk sollte dabei auf die Versorgungs- und Vergütungsverträge mit den Kostenträgern gelegt werden. Diese enthalten häufig explizite Regelungen, wonach die darin vereinbarten Vergütungssätze nur für ein gemeinnütziges Unternehmen gelten. Kommt man zu dem Ergebnis, dass die Beendigung der Gemeinnützigkeit keine unüberbrückbaren Hürden darstellt, ist zu beachten, dass dadurch rückwirkend für die letzten zehn Jahre die Steuervergünstigungen wegfallen und insoweit Steuern an das Finanzamt abgeführt werden müssen (§ 61 Abs. 3 AO).
Für den Fall, dass das gemeinnützige Unternehmen in den letzten zehn Jahren lediglich oder überwiegend Verluste ausweist, dürfte diese Rechtsfolge allerdings nicht allzu schwer wiegen. Ferner sollte ein Käufer berücksichtigen, dass es bei ehemals gemeinnützigen Unternehmen ggf. auch zu einer Nachhaftung für erhaltene Spenden und Zuschüsse kommen kann.
Herstellung der gewünschten Transaktionsstruktur
Häufig sind auch Konstellationen, in denen ein Verkäufer seine bislang in einer einzigen GmbH betriebenen Pflegeheime nicht vollständig, sondern nur zum Teil veräußern möchte. Ebenfalls verbreitet ist, dass ein Käufer nicht an der Gesamtgruppe der Pflegeheime des Verkäufers, sondern lediglich an einzelnen Betrieben Interesse hat, z.B. weil gerade diese sein bereits bestehendes Portfolio optimal ergänzen.
Nachhaftungen berücksichtigen
In solchen Fällen können die transaktionsgegenständlichen Betriebe z.B. durch eine Abspaltung/Ausgliederung auf eine GmbH übertragen werden. Denkbar ist auch eine Einzelrechtsübertragung der transaktionsrelevanten Vermögensgegenstände und Vertragsverhältnisse auf ein Unternehmen des Käufers im Wege eines sog. Asset-Deals. Eine Abspaltung/Ausgliederung führt dazu, dass die GmbH, auf die die Assets übergeleitet werden, für Verbindlichkeiten des übertragenden Unternehmens, die im Zeitpunkt der Abspaltung/Ausgliederung begründet waren, gesamtschuldnerisch mithaftet. Dies für einen Zeitraum von mindestens 5 bis zu 10 Jahren, abhängig von der Art der Verbindlichkeit (§§ 133, 134 UmwG). Aber auch bei einem Asset-Deal können einen Erwerber diverse Nachhaftungen (vgl. z.B. § 25 HGB und § 75 AO) treffen.
Arbeitnehmer können dem Übergang des Arbeitsverhältnisses widersprechen
Welche dieser Varianten für die konkrete Transaktion passend ist, hängt stets vom Einzelfall, insbesondere von den zu übertragenden Vermögensgegenständen und Verbindlichkeiten, ab. Ein Grund, der häufig für eine Abspaltung/Ausgliederung ins Feld geführt wird, ist, dass es dabei zu einer sog. partiellen Gesamtrechtsnachfolge kommt. Das bedeutet, dass Vertragsverhältnisse automatisch auf den neuen Rechtsträger übergehen. Dagegen ist bei einem Asset-Deal hierfür die Zustimmung des jeweiligen Vertragspartners (z.B. des Lieferanten, Leasinggebers etc.) erforderlich.
Eine Besonderheit besteht im Hinblick auf die Überleitung von Arbeitsverhältnissen. Vom Betriebsübergang betroffene Arbeitnehmer können innerhalb einer einmonatigen Widerspruchsfrist dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf den Betriebserwerber widersprechen (§ 613a BGB). Da die Monatsfrist für einen etwaigen Widerspruch erst nach Unterrichtung über den Betriebsübergang zu laufen beginnt, empfiehlt es sich, die betroffenen Arbeitnehmer rechtzeitig ordnungsgemäß zu informieren.
Kostenträger sollten frühzeitig mit einbezogen werden
Bei Transaktionen im Pflegeheimbereich kommt hinzu, dass die Frage, ob Versorgungs- und Vergütungsverträge bei einer Abspaltung/Ausgliederung automatisch auf die neue GmbH übergehen, von den Kostenträgern unterschiedlich beantwortet wird. Dies unterscheidet sich je nach Region und Art des Kostenträgers. Einige Kostenträger stehen auf dem Standpunkt, auch im Falle einer Abspaltung/Ausgliederung seien die Versorgungs- und Vergütungsverträge neu abzuschließen. In der Praxis hat sich deshalb bewährt, frühzeitig mit den einschlägigen Kostenträgern (d.h. insbesondere den Krankenkassen) Kontakt aufzunehmen und zu klären, ob nach deren Ansicht ein Neuabschluss der Versorgungs- und Vergütungsverträge im Falle einer Ausgliederung/Abspaltung erforderlich ist oder die bereits bestehenden Vereinbarungen fortgelten. Der Standpunkt der Kostenträger kann dann in die Abwägung bei der Wahl zwischen einer Ausgliederung/Abspaltung und einem Asset Deal sowie der für die Transaktion geplanten Zeitschiene berücksichtigt werden.
Der Beitrag basiert auf einem Text des Autors, zuerst erschienen in Car€ Invest Heft 19/2016.