4. Mai 2023
Financial Fairplay Fußball
Gewerblicher Rechtsschutz

Aus aktuellem Anlass: Wie steht es um das Financial Fairplay im europäischen Fußball?

Ein Verfahren gegen Manchester City und ein neues UEFA-Reglement – gibt es Financial Fairplay (noch) beim europäischen Fußball?

Derzeit wird gegen den Fußballklub Manchester City ein Verfahren wegen des Verstoßes gegen diverse Finanzregeln der englischen Premier League geführt. Es ist nicht das erste Mal, dass gegen Manchester City wegen diverser (behaupteter) Verstöße gegen sog. Financial-Fairplay(FFP)-Regeln ein Verfahren geführt wird. Doch was genau bedeutet Financial Fairplay eigentlich und welche Konsequenzen drohen den Klubs bei einem Verstoß? 

Das aktuelle Verfahren gibt Anlass, sich mit den Financial-Fairplay-Regeln im europäischen Profifußball einmal im Detail zu befassen.

Angeblicher Verstoß gegen Financial Fairplay: Neues Verfahren gegen Manchester City

Die englische Premier League hat am 6. März 2023 auf ihrer Website ein Statement veröffentlicht, demzufolge gegen den Klub Manchester City ein Verfahren wegen zahlreicher Verstöße gegen diverse Finanzregeln der Liga geführt werde. So soll Manchester City in neun Spielzeiten in den Jahren 2009 bis 2018 gegen Finanzregeln der Premier League in mehr als 100 Fällen verstoßen haben. 

Gegenstand der Anklage ist u.a. der Vorwurf, dass die Verantwortlichen des Klubs insbesondere unrichtige Finanzinformationen bereitgestellt haben, vor allem hinsichtlich der Hintergründe der Einnahmen des Klubs (insbesondere Sponsoring-Einnahmen), Betriebskosten und in Bezug auf die mit dem Klub verbundenen Parteien. Die Premier League teilte in ihrem Statement ferner mit, dass mit der Untersuchung der Vorwürfe eine unabhängige Kommission beauftragt wurde. Die Untersuchung der Kommission ist nichtöffentlich und unterliegt der Geheimhaltung. 

Manchester City hat am 6. Februar 2023 ebenfalls ein Statement veröffentlicht und sich darin über die Vorwürfe der Premier League „überrascht“ gezeigt. Man begrüße jedoch die Untersuchung durch eine unabhängige Kommission, da diese die zahlreichen entlastenden Beweise zu Gunsten von Manchester City berücksichtigen und das Thema ein für alle Mal beenden werde. 

Weitere Einzelheiten zu der Anklage sind gegenwärtig nicht bekannt.

Derzeit ist eine Prognose über den Ausgang des aktuellen Verfahrens der Premier League gegen Manchester City nicht möglich

Die Erfolgsaussichten in dem gegenwärtig gegen Manchester City geführten Verfahren können angesichts der wenigen bekannten Tatsachen derzeit nicht beurteilt werden. Das Verfahren verdeutlicht indes die Risiken, die sich aus einem Verstoß gegen Finanzvorschriften der jeweiligen Liga ergeben können.

Bereits in der Vergangenheit wurde gegen Manchester City ein Verfahren wegen Verstoßes gegen das Financial Fairplay durch die UEFA geführt

Es ist nicht das erste Mal, dass gegen Manchester City Vorwürfe wegen des Verstoßes gegen Finanzregeln einer Liga erhoben werden. Bereits in der Vergangenheit wurde gegen Manchester City ein Verfahren wegen behaupteter schwerwiegender Verstöße gegen die Financial-Fairplay-Regeln der UEFA geführt. Gegenstand der Vorwürfe waren insbesondere behauptete Zuwendungen des Klubeigentümers an den Klub, die als Sponsoring-Einnahmen getarnt worden sein sollen. 

Im Jahr 2020 sanktionierte die UEFA Manchester City daraufhin, u.a. mit einer drastischen Geldbuße sowie einem zweijährigen Ausschluss von der Teilnahme an der UEFA Champions League sowie UEFA Europe League für die Spielzeiten 2020/2021 und 2021/2022. Manchester City wehrte sich gegen diese Sanktionen vor dem Court of Arbitration for Sport (CAS) weitestgehend erfolgreich. Der CAS entschied, dass lediglich ein Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht des Klubs bei den Ermittlungen der UEFA vorlag. Hinsichtlich der übrigen Vorwürfe wurde Manchester City freigesprochen, da diese entweder verjährt oder nicht ausreichend nachgewiesen seien. 

Wie lässt sich finanzielles Fairplay in einem Satz erklären?

Auf der offiziellen Website der Union der Europäischen Fußballverbände (UEFA) wird diese eigens aufgeworfene Frage wie folgt beantwortet: 

Beim finanziellen Fairplay geht es darum, die finanzielle Gesundheit des europäischen Klubfußballs zu verbessern.

Mit diesem Ziel vor Augen hat die UEFA in den letzten Jahren zwei umfangreiche Regelungswerke geschaffen, wodurch allerdings bisher vor allem die „finanzielle Kreativität“ statt der finanziellen Gesundheit der Vereine gefördert wurde. Das wohl prominenteste Beispiel einer solchen „kreativen“ Umgehung des FFP ist der Rekordtransfer des Spielers Neymar vom FC Barcelona zu Paris St. Germain im Jahr 2017 für eine Rekordablöse von EUR 222 Mio. Dabei erfolgte die Zahlung nicht im Namen des Klubs Paris St. Germain, sondern durch den Spieler selbst, indem dieser das Geld offiziell über einen Sponsorenvertrag erhielt und sich anschließend „selbst kaufte“.

Das Ende des Financial Fairplay, der Beginn der Financial Sustainability? – Das UEFA-Reglement zur Klublizenzierung und zum finanziellen Fairplay 

Das FFP wurde durch das Exekutivkomitee der UEFA im Mai 2010 beschlossen und fand erstmals in der Saison 2014/2015 Anwendung. Die UEFA fürchtete zu diesem Zeitpunkt nicht weniger als den finanziellen Zusammenbruch des europäischen Profifußballs, der durch das FFP verhindert werden sollte. Anders als die Bezeichnung „Financial Fairplay“ vermuten lässt, sucht man in den ausgewiesenen Zielen des FFP in Art. 2 Abs. 2 die Förderung des Fairplay i.S.d. Chancengleichheit zwischen den europäischen Klubs vergebens. Vielmehr interpretiert die UEFA „Financial Fairplay“ u.a. als Schutz der Gläubiger der Klubs, indem durch dieses Reglement insbesondere die Disziplin und Rationalität im finanziellen Bereich des Klubfußballs gestärkt werden soll. 

Diesem Regelungswerk waren grds. alle Klubs (Lizenznehmer) im Wege einer privatrechtlichen Verpflichtung gegenüber der UEFA unterworfen, die an einem der europäischen Klubwettbewerbe – die „UEFA Champions League“ oder die „UEFA Europa League“ – teilnehmen wollten. Der finanzregulatorische Kern des FFP war die sog. „Break-even-Regelung“ in Art. 58 bis 63. Danach durften die Klubs in den letzten drei aufeinanderfolgenden Berichtsperioden („Monitoring-Periode“) nicht oder nur geringfügig mehr Geld ausgeben, als sie in der vorhergehenden Monitoring-Periode erwirtschaftet haben. Welche Einnahmen (sowie Ausgaben) der Klubs bei der Ermittlung des Break-even-Ergebnisses Berücksichtigung finden durften, wurde abschließend durch das FFP festgelegt. Relevante Einnahmen waren danach bspw. Eintrittsgelder, Einnahmen aus Sponsoring, Werbung, Übertragungsrechten und Transfererlösen, nicht jedoch Erträge u.a. aus „nicht fußballerischen Tätigkeiten ohne Bezug zum Klub“.

Seit Einführung des FFP wurden bereits mehrere Vereine aufgrund eines Verstoßes gegen oder im Zusammenhang mit der Break-even-Regelung sanktioniert, gleichwohl wurde das FFP-Regelungswerk immer wieder als zahnloser Tiger bezeichnet. Darüber hinaus wurde dem FFP in der Vergangenheit wiederholt die Vereinbarkeit mit europarechtlichen Grundfreiheiten (Art. 4556, 63 AEUV) und dem EU-Kartellrecht (Art. 101, 102 AEUV) abgesprochen.

Das UEFA-Reglement zu Klublizenzierung und finanzieller Nachhaltigkeit („Financial Sustainability“ – kurz: FS)

Auch die UEFA sah Handlungsbedarf, was sich am 7. April 2022 in einem Beschluss des Exekutivkomitees der UEFA manifestierte und eine umfassende Reform des FFP zum Gegenstand hatte, die im Juni 2022 in Kraft getreten ist.

Das FFP wurde durch das neue System der „Financial Sustainability“ abgelöst, das im Kern zwei grundlegende Änderungen vorsieht:

  • Art. 93 FS („Kaderkosten-Regel“): Das Kaderkostenverhältnis darf für die lizenzierte Spielzeit die festgelegte Obergrenze von 70 % der Einnahmen nicht überschreiten. Die feste Grenze von 70 % soll im Rahmen einer Übergangsregelung (Art. 104.2 FS) über einen Zeitraum von drei Jahren bis zur lizenzierten Spielzeit 2025/2026 schrittweise (90, 80, 70 %) in Kraft treten. Unter Geltung des FFP war in der Theorie ein Kaderkostenverhältnis von 100 % der Einnahmen zulässig.
  • Art. 87 FS („Annehmbare Abweichung“): Die annehmbare Abweichung ist das maximal mögliche aggregierte Fußballeinnahmen-Defizit für einen Lizenznehmer, mit dem die Fußballeinnahmen-Regel noch als erfüllt gilt. Die annehmbare Abweichung beträgt EUR 5 Mio. Das Defizit kann diesen Beitrag jedoch [über drei Kalenderjahre (eine Monitoring-Periode) hinweg insgesamt] bis zu maximal EUR 60 Mio. überschreiten, wenn eine solche Überschreitung vollständig (…) am Ende der Berichtsperiode [T] gedeckt ist. Nach dem FFP war in dem identischen Zeitraum eine Überschreitung in Höhe von „lediglich“ EUR 30 Mio. zulässig. Darüber hinaus sieht das FS weitere Ausnahmeregelungen vor, wonach das Defizit sogar auf bis zu EUR 90 Mio. ansteigen darf.

Die etablierte Break-even-Regelung bleibt auch unter dem FS-Reglement weiterhin bestehen. Gem. Art. 90.02 FS („Fußballeinnahmen-Regel“) erfüllt ein Lizenznehmer die Fußballeinnahmen-Regel nicht, wenn er ein aggregiertes Fußballeinnahmen-Defizit aufweist, das die annehmbare Abweichung übersteigt. Zwar sieht auch das FS keine echte Salary Cap für Spieler vor – wie es insbesondere in Deutschland z.T. befürwortet wird (vgl. „Nachfolge des Financial Fairplays der UEFA: Gangbarer Weg für die Bundesliga“, sportschau.de) –, allerdings wird durch die Kaderkostenkontrolle erstmals die sich immer schneller drehende Gehaltsspirale unmittelbar adressiert. Dieser Regulierungsansatz ist in jedem Fall zu begrüßen, da die Überschuldung der Klubs maßgeblich auf das bisher unregulierte Gehaltswettbieten zurückzuführen ist.

Das neue Reglement hat nur dann eine Chance, sich von dem schlechten Ruf des Vorgänger-Reglements zu lösen, wenn auch die kreativen Umgehungsversuche der Klubs konsequent und nachhaltig sanktioniert werden (können).

Insoweit bleibt abzuwarten, ob die von der UEFA mit dem neuen Reglement verfolgten Ziele, 

dass alle Vereine finanziell stabil und solvent sind sowie ihre Kosten unter Kontrolle halten[,]

tatsächlich erreicht werden.

Tags: Financial Fairplay Fußball Gewerblicher Rechtsschutz Sportrecht