4. November 2024
Wildplakatieren
Gewerblicher Rechtsschutz

Guerilla-Marketing: Haftung für Wildplakatieren

Das Landgericht Köln hat einen Anspruch auf Unterlassung wegen Wildplakatierens durch Dritte gegen die Herausgeberin von Werbeplakaten zuerkannt. 

Geklagt hatte das von der Stadt mit der Müllabfuhr und Straßenreinigung beauftragte Unternehmen, das zugleich die Eigentümerin der Papierkörbe bzw. Mülleimer im öffentlichen Raum war, gegen eine eigenständige Jugendorganisation, die zur Bewerbung einer von ihr organisierten Veranstaltung Plakate herstellen lies und diese auch in Umlauf brachte. Nach dem klägerischen Vortrag seien deren Mülleimer systematisch und jeweils räumlich beschränkt besonders dicht mit den Plakaten der Beklagten beklebt worden. Eine vorprozessuale Abmahnung der Beklagten auf Unterlassen blieb erfolglos.

Das Landgericht Köln stellte in seiner Entscheidung (Urteil v. 20. Juni 2024 – 14 O 275/23) zunächst fest, dass der Zuständigkeitsstreitwert bei EUR 7.000 und somit über EUR 5.000 liege. Dieser ergebe sich aus dem Aufwand zur Feststellung des „Wildplakatierens“ und dem Aufwand zur Beseitigung der Plakate, was wiederum seitens der Kammer geschätzt werden könne. 

Im Rahmen der Begründetheit erklärte die Kammer sodann, dass es den klägerischen Vortrag hinsichtlich der Plakatierung auch ohne Zeugenvernehmung im Wege des Indizienbeweises für zutreffend erachtet. Dass es sich bei den Fotos der plakatierten Mülleimer um solche der Klägerin im Stadtgebiet handele, sei gerichtsbekannt. 

Aus ebendiesen Fotos ergebe sich auch, dass sich die Plakate nicht rückstandslos entfernen ließen und sich weiter Kleber- bzw. Plakatreste am Abfalleimer zeigen würden. Insofern sei auch eine Sachbeschädigung im Sinne des § 303 Abs. 2 StGB tatbestandlich, womit eine Eigentumsverletzung nach § 823 Abs. 1 BGB einhergehe. 

Veranstalter, der Plakate in Umlauf bringt, haftet für nachfolgendes Wildplakatieren

Die Verantwortlichkeit der Beklagten hierfür ergebe sich wiederum aus Ihrer Rolle als mittelbare Handlungsstörerin, da sie das störende Verhalten zwar nicht selbst unmittelbar vorgenommen habe, es jedoch adäquat ursächlich veranlasst habe und in der Lage gewesen sei, die Störung zu verhindern. Denn ein Veranstalter bzw. Mitveranstalter, welcher selbst die Plakate in Umlauf gebracht hat, sei verantwortlich für nachfolgendes Wildplakatieren. Dies ergebe sich aus der bisherigen Rechtsprechung des Oberlandesgericht Köln, wonach derjenige, der Plakate in die Welt setzt, billigerweise damit rechnen könne, dass diese plakatiert werden. Dies gelte insbesondere für den vorliegenden Fall, da die Beklagte via E-Mail sogar direkt zur vermehrten Werbung für die Veranstaltung aufgefordert habe. Insofern wäre es ihr durch einen Werbestopp bzw. eine Aufforderung alle Plakate zur entfernen auch möglich gewesen, die Störungen zu beseitigen. 

Hinweis auf Verbot der Plakatierung an öffentlichen Orten reicht nicht aus

Die Beklagte habe jedenfalls nicht alles ihr Zumutbare unternommen, um die die „Wildplakatiererei“ zu verhindern. Einzig der Hinweis 

Wie immer gilt: hängt nur Plakate dort auf, wo ihr es abgesprochen habt bzw. eine Erlaubnis habt, in keinem Fall an öffentlichen Orten wie Litfaßsäulen, Bahnhöfen, Wänden, Mülleimern, Stromkästen etc. da diese Orte in der Regel privat sind.

in der vorgenannten E-Mail genüge dafür nach Ansicht des Gerichts nicht. Die Gefahr der Plakatierung auf „privaten Flächen“ sei ganz naheliegend gewesen, sodass die rein kommunikative Beschränkung nicht effektiv sei und vor allem keine Rückverfolgbarkeit der unmittelbaren Störer bzw. Täter ermögliche. Effektiv und zumutbar wäre es insoweit etwa gewesen, die Plakate zum Zwecke der Rückverfolgung zu nummerieren. Dann hätte sich die subsidiär haftende Beklagte als mittelbare Störerin durch Preisgabe der Information zu den potenziellen unmittelbaren Störern aus der Haftung befreien können und zugleich der Klägerin die Rechtsdurchsetzung zu den tatnäheren Beteiligten eröffnen können, bei denen ggf. auch Schadensersatzansprüche durchgesetzt werden hätten können. 

Da die Eigentumsverletzung mangels der Beklagten zustehender Rechtfertigungsgründe auch rechtswidrig gewesen sei, stünde der Klägerin somit ein Unterlassungsanspruch nach §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB zu.

Nummerierung von Plakaten ermöglicht Identifizierung von Störern

Das Landgericht Köln schließt sich mit dieser Entscheidung der vorausgegangenen Rechtsprechung zu „Wildplakatiererei“ für kommerzielle Events an. Veranstalter, die auf ein solches Guerilla-Marketing setzen, sollten sich den Risiken einer erfolgreichen Inanspruchnahme durch betroffene Eigentümer bewusst sein, selbst dann, wenn sie zuvor schriftlich dazu auffordern, kein fremdes Eigentum zu bekleben. Um dieses Risiko zu verringern, sollten sie vielmehr durch entsprechende Nummerierung der Plakate dafür Sorge tragen, dass eine Identifizierung der unmittelbaren Störer auch im Nachgang noch möglich ist.

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