2. Juli 2021
Markenrechtsschutz nicht eingetragene Klasse
Markenrecht

Bekannte Marken können auch in nicht eingetragenen Klassen Schutz genießen

Mit zunehmender Bekanntheit einer Marke steigt auch ihre Kennzeichnungskraft. Das BPatG hatte nun zu entscheiden, wie weit der Sonderschutz bekannter Marken reicht.

Die Ähnlichkeit von Marken beurteilt sich neben Faktoren, die das Zeichen selbst betreffen, auch nach den jeweiligen Waren und Dienstleistungen, für die sie eingetragen sind. Die Herkunftsfunktion einer Marke wird durch ein vergleichbares Zeichen nicht beeinträchtigt, wenn sich die von den Marken jeweils umfassten Waren und Dienstleistungen deutlich unterscheiden. 

Für sehr bekannte Marken könnte dies aber problematisch werden. Denn solche Marken besitzen einen ganz grundsätzlichen Wiedererkennungswert, der über die Verknüpfung mit konkreten Waren und Dienstleistungen hinausgeht. Daher bietet das Markenrecht auch einen sog. Bekanntheitsschutz. 

Chemiekonzern BASF wehrt sich gegen „DEGOBASF″

Dies zeigt die Auseinandersetzung um das Zeichen „DEGOBASF″, welches ein chinesisches Unternehmen angemeldet hatte. Bereits Ende 2015 wurden zwei entsprechende Marken einmal mit zusätzlichen chinesischen Schriftzeichen und einmal ohne beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) in den Klassen 1, 2 und 35 angemeldet. Der international bekannte deutsche Chemiekonzern BASF SE sah hierdurch seine Marke „BASF″ gefährdet und erhob Widerspruch.

Die zuständige Markenstelle beim DPMA hat daraufhin die Löschung der beiden Marken des chinesischen Unternehmens angeordnet – allerdings nur in den Klassen 1 und 2. Nach Auffassung der Markenstelle scheitere eine Löschung der Marken in der Dienstleistungsklasse 35 daran, dass die „BASF″-Marke mangels Eintragung keine Schutzwirkung für diese Klasse entfalte. Damit bestünde schon keine Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG. Auch eine Löschung aufgrund einer unlauteren Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG komme nicht in Betracht, da es zwischen den beiden Zeichen „DEGOBASF″ und „BASF″ nicht zu einer gedanklichen Verknüpfung komme. 

Gegen diese Entscheidung legte BASF Beschwerde beim Bundespatentgericht (BPatG) ein, das mit Beschlüssen vom 25. März 2021 (30 W (pat) 23/19 und 33/19) zugunsten von BASF entschied. Nach Auffassung des BPatG sind die beiden DEGOBASF-Marken vollständig und damit auch für die Dienstleistungsklasse 35 zu löschen. Bei der „BASF″-Marke handele es sich um eine weit über den gesetzlich erforderlichen Bekanntheitsgrad bekannt Marke. Die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG seien erfüllt.

Gedankliche Verknüpfung aufgrund der Kennzeichnungskraft der BASF-Marke auch bei nicht eingetragenen Klassen

Anders als die Markenstelle vertrat das BPatG die Auffassung, dass es sehr wohl zu einer gedanklichen Verknüpfung der beiden Marken komme. Hierfür seien alle relevanten Umstände des konkreten Falles zu beurteilen, darunter der Grad der Ähnlichkeit, die Art der fraglichen Waren und Dienstleistungen und das Ausmaß der Bekanntheit. Zur Bestimmung der Markenähnlichkeit könnten die Grundsätze des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG herangezogen werden. Dabei bedürfe es im Ergebnis jedoch keiner Verwechslungsgefahr oder Herkunftstäuschung, sondern lediglich eines gewissen Grades an Ähnlichkeit, aufgrund dessen die gedankliche Verknüpfung erfolgt.

Zwar sei das Zeichen „BASF″ hier nur Bestandteil eines einheitlichen Zeichens ohne besondere Hervorhebung. Gleichwohl stehe das Wort am Ende des Zeichens, womit es besser erfasst werden könne, als wenn es sich innerhalb des Zeichens befinden würde. Davon abgesehen stellt das BPatG fest, dass die Stärkung der Kennzeichnungskraft durch eine so umfangreiche Benutzung wie die der original BASF-Marke dazu führen könne, dass ein Zeichen auch als Bestandteil eines anderen Zeichens erkannt werde.

So wird das Zeichen selbst zunehmend unabhängig von den Waren und Dienstleistungen, für das es geschützt ist und benutzt wird, zu einem wertvollen, einer selbstständigen wirtschaftlichen Verwertung zugänglichen Besitzstand.

Folglich werde der Verkehr die BASF-Marke in der DEGOBASF-Marke wiedererkennen und eine gedankliche Verknüpfung herstellen. Die Bedeutung des Wortbestandteils „DEGO″ als Lautschrift für die chinesische Bezeichnung für „Deutschland″ hielt das BPatG hingegen für irrelevant. Nur ein überschaubarer Teil der Bevölkerung in Deutschland verfüge über die für das Verständnis dieser Wortbedeutung erforderlichen Chinesischkenntnisse.

BASF-Marke droht durch die chinesische Marke eine „Verwässerung″

Schließlich bejahte das BPatG auch eine unlautere Ausnutzung bzw. Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft der BASF-Marke. Auch diesem Tatbestandskriterium würde grundsätzlich der weite Abstand zwischen den fraglichen Waren und Dienstleistungen entgegenstehen.

Allerdings sei die „Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft″ als eine Minderung der Kennzeichnungskraft und damit als eine Verwässerung zu verstehen. Die Tatsache, dass gleich zwei DEGOBASF-Marken angemeldet wurden und das chinesische Unternehmen sich in China bereits mehrfach um ähnliche Markenanmeldungen bemüht hatte, wertete das BPatG als „systematische Übernahme″ der BASF-Marke

mit dem Ziel, sich die mit dieser Marke verbundenen Gütevorstellungen zunutze zu machen.

Damit könne die Einhaltung der besonderen Güte- und Qualitätsvorstellungen, die der Verkehr mit der BASF-Marke verbindet, nicht mehr gewährleistet werden. Die Folge wäre eine Auflösung der Identität der Marke und ihrer Bekanntheit beim Publikum.

Nachahmung bekannter Marken lohnt sich nicht

Die Entscheidung des BPatG kann auch als Zeichen an Nachahmer verstanden werden. Wer hofft, die Bekanntheit einer Marke durch die Anmeldung eines ähnlichen Zeichens ausnutzen zu können, dem schiebt das BPatG einen Riegel vor. Zwar ist zu berücksichtigen, dass die hier streitgegenständliche BASF-Marke weit überdurchschnittlich bekannt ist. Allerdings ist eine Nachahmung auch nur dann lohnenswert, wenn von einer gewissen Bekanntheit profitiert werden kann. Die Anwendungsfälle für Rufausnutzungen und Imagetransfers dürften damit jedenfalls deutlich eingeschränkt sein.

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