7. März 2011
Pillenblister weißen, blauen und roten Pillen
Markenrecht

KfJuN – Kamelle für Jecken und Narren

Karneval ist Brauchtum – aber auch Kommerz. Davon zeugen zahlreiche Markeneintragungen rund um Karneval, Fasching & Co. Kamelle für Rosenmontagszüge? Ein findiges markenrechtliches Dreigestirn könnte auf die Idee kommen, dafür das Wortzeichen „KfJuN – Kamelle für Jecken und Narren″ für „Bonbons″ in Klasse 30 als Marke anzumelden.

Doch die Freude über die Markenanmeldung könnte bereits am Aschermittwoch aufgrund eines Zurückweisungsbeschlusses des zuständigen Markenamtes wieder vorbei sein.

„KJN – Kamelle für Jecken und Narren″ als Marke für „Bonbons″ – absolute Schutzhindernisse (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG und § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) scheinen nahe zu liegen. Zwar ist der Bestandteil „KJN″ für „Bonbons″ keinesfalls beschreibend. „Kamelle für Jecken und Narren″ aber schon.

Das Bundespatentgericht (BPatG)  beschäftigt sich in seinem Beschluss vom 11.01.2011 (33 W (pat) 77/08) mit Wortmarken, die nach diesem Muster „gestrickt″ sind: Kann ein Wortzeichen, das aus der Kombination einer schutzunfähigen Wortfolge und einer diese Wortfolge abkürzenden, an sich schutzfähigen)Buchstabenfolge besteht, insgesamt als Wortmarke geschützt werden?

Anlass für die Beschäftigung des BPatG mit dieser Frage war die Anmeldung des Wortzeichens „NAI – der Natur-Aktien-Index″. Das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) hatte die Markenanmeldung aufgrund absoluter Schutzhindernisse für Dienstleistungen u.a. aus dem Bereich „Finanzwesen″ zurückgewiesen. Denn nach Auffassung des DPMA sei die Abkürzung „NAI″ (isoliert betrachtet) zwar für Dienstleistungen aus dem Bereich „Finanzwesen″ unterscheidungskräftig und auch nicht freihaltebedürftig. Allerdings stehe „NAI″ bei einer Gesamtbetrachtung des Wortzeichens erkennbar als Abkürzung für „Natur-Aktien-Index″. Dieser Bestandteil der Markenanmeldung sei aber für Dienstleistungen aus dem Bereich „Finanzwesen″ aufgrund absoluter Schutzhindernisse aber nicht eintragungsfähig.

Ob solche Wortzeichen markenrechtlich geschützt werden können, ist innerhalb der Europäischen Union umstritten. Das HABM ging bei solchen Marken bislang eher von der Schutzfähigkeit aus. Begründet wurde die Auffassung des HABM damit, dass ein Markeninhaber nicht gehindert sei, einem unterscheidungskräftigen Bestandteil (in unserem Beispiel „KfJuN″) einen nicht unterscheidungskräftigen Bestandteil („Kamelle für Jecken und Narren″) hinzuzufügen. Das DPMA und das BPatG waren in der Vergangenheit eher zurückhaltend und wiesen solche Markenanmeldungen zurück. Begründet wurde dies damit, dass bei einer Gesamtbetrachtung solcher Wortzeichen klar werde, wofür die (an sich schutzfähige) Buchstabenfolge als Abkürzung stehe und somit auch die Abkürzung nicht mehr unterscheidungskräftig sei.

Vor diesem Hintergrund beschloss das BPatG, zur Rechtsvereinheitlichung ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zu richten. Es bleibt abzuwarten, wie sich der EuGH zu diesem Thema positionieren wird. Markeninhaber von Marken nach dem geschilderten „Strickmuster″ sollten die Entwicklungen in diesem Bereich auf jeden Fall im Auge behalten und möglicherweise auch frühzeitig über ein alternatives Branding nachdenken. Aber auch über die Karnevalszeit hinaus gilt das Rheinische Grundgesetz:  ″Et kütt wie et kütt″ und – abhängig von der Entscheidung des EuGH – vielleicht auch „Et hätt noch immer jot jejange″.

Tags: 33 W (pat) 77/08 absolutes Schutzhindernis Art. 267 AEUV BPatG Bundespatentgericht Vorabentscheidungsersuchen Wortmarke