Das spanische Patentrecht macht einen wichtigen Schritt in Richtung der europäischen Patentsysteme: Eine Reform zum Schutz der eigenen Wettbewerbsfähigkeit.
Spanien hat sein Patentrecht zum 1. April 2017 grundlegend geändert. Mit der Reform erhöht Spanien seine Wettbewerbsfähigkeit im Kampf um Innovationen und Industrien von morgen.
Zwingende materielle Prüfung
Wegweisende Neuerung ist die verpflichtende materielle Prüfung von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit im Vergleich zum Stand der Technik. Weil das spanische Patentamt dies jetzt vor der Patenterteilung prüft, wird sich sowohl die Qualität der Patente erhöhen als auch deren Vergleichbarkeit über die Landesgrenzen hinweg. Dies ist ein entscheidender Aspekt für die Planung einer erfolgreichen internationalen Expansion mit innovativen spanischen Produkten.
Die nach dem alten Recht bestehende Möglichkeit, auf die materielle Prüfung vor Patenterteilung zu verzichten, hatten die Anmelder bis zuletzt noch zahlreich genutzt. Ein Grund hierfür mag in den höheren Kosten liegen, welche bei einer materiellen Prüfung anfallen. Diese Kosten werden zukünftig über Gebühren an den Patentanmelder weitergegeben.
Neugestaltung des Einspruchsverfahrens
Neu gestaltet wurde auch das Einspruchsverfahren nach Patenterteilung. Diese ermöglicht Dritten ihre Einwände gegen das Patent vorzubringen. Damit werden die neuen Patente – wie auch in Deutschland – einem „doppelten″ Test unterworfen. Die dadurch erhöhte und langfristig wirkende Stärke der neuen Patente kann so eventuell erhöhte Kosten zu Beginn der Laufzeit eines Patents ausgleichen.
Verbesserter Schutz für Medizin- und Pflanzenschutzprodukte
Über die jetzt erstmals ausdrücklich vorgesehenen ergänzenden Schutzzertifikate kann der Patentschutz für Medizin- und Pflanzenschutzprodukte sogar noch verlängert werden. Durch die Patentrechtsreform wurde zudem die Möglichkeit, weitere medizinische Anwendungen für einen bereits bekannten Wirkstoff zum Patent anzumelden, an die Praxis des Europäischen Patentamts angepasst. Beides macht die Entwicklung und die Patentanmeldung von Arzneimitteln in Spanien attraktiver.
Geändertes Gebrauchsmusterrecht
Die zweite wesentliche Neuerung betrifft das spanische Gebrauchsmusterrecht. Die Prüfung der Neuheit erfolgt zukünftig, wie bei der Patentprüfung auch, gegenüber dem Stand der Technik in Spanien und im Ausland. Im Vergleich zur alten Prüfung, die nur gegenüber dem spanischen Stand der Technik erfolgte, bedeutet dies eine Verschärfung.
Die Anforderungen an die Erfindungshöhe sind jedoch, anders als bei den Patenten, weiterhin deutlich gesenkt. Die Erfindungshöhe fehlt nur, wenn sich die Erfindung für den Fachmann sehr offensichtlich („muy evidente“) aus dem Stand der Technik ergibt. Diese somit insgesamt weniger strengen Eintragungsvoraussetzungen werden freilich mit der geringen Schutzdauer der Gebrauchsmuster von nur 10 Jahren erkauft. Nicht schutzfähig durch Gebrauchsmuster sind u.a. biologische Materialien und pharmazeutische Zusammensetzungen.
Inwieweit darüber hinaus chemische Produkte geschützt werden können, lässt sich dem Gesetzeswortlaut nicht eindeutig entnehmen und bleibt wohl der Rechtspraxis zur Entscheidung überlassen.
Spanien passt sich europäischen Patentsystemen an
Mit diesen Änderungen geht das neue spanische Patentrecht einen großen Schritt in die Richtung der anderen europäischen Patentsysteme. Die Vorbehalte gegen das europäische Patent mit einheitlicher Wirkung sind in Spanien dagegen weiterhin groß. Vielleicht wird der Erfolg oder Misserfolg des neuen Patentrechts auch insoweit richtungsweisend sein.
Nur eines ist sicher: Anders wird es im Patentrecht nun in jedem Fall.