20. Oktober 2016
Urheberrecht Messebauten Messestand
Urheberrecht

Urheberrechtlicher Schutz für Messebauten

Das Geburtstagszug-Urteil des BGH ebnete den Weg, Messebauten urheberrechtlichen Schutz zuzusprechen. Gefordert wird eine ästhetische Gestaltungsleistung

In der Werbe-, Marketing- oder Designbranche werden Aufträge häufig nur nach einer entsprechenden Präsentation des Auftragnehmers vergeben. Dies gilt auch für den Messebau, der eine Art Schnittmenge der zuvor genannten Branchen bildet.

Von Messebauern werden nicht nur wirtschaftliche Eckdaten für ihr Angebot erwartet, sondern auch bereits die verkörperte Idee für ihren Bau, das heißt insbesondere die Visualisierung des entworfenen Messestandes in Plänen bzw. 3-D-Modellen. Das wiederum bedeutet einen erheblichen Arbeitsaufwand von mehreren Tagen und damit verbundene Kosten.

Bis vor kurzem bestand für Unternehmen, die architektonisch ansprechende Messebauten entwerfen, kaum eine Chance, wegen dieses „Ideenklaus“, oder korrekter wegen dieser unberechtigten Leistungsübernahme, Ansprüche geltend zu machen.

Geänderte Rechtsprechung für Werke der angewandten Kunst

In seiner Entscheidung „Geburtstagszug“ hat der BGH die bisherige Rechtsprechung zu einer erhöhten Schöpfungshöhe für Werke der angewandten Kunst – über die „kleine Münze“ hinaus – aufgegeben und festgestellt, dass auch bei Werken der angewandten Kunst keine höheren Anforderungen an die Schutzfähigkeit zu stellen sind als bei anderen geistigen Werken (BGH, Urteil vom 13.11.2013 – I ZR 143/12).

Damit wurde der Weg geebnet, dass Messebauten urheberrechtlich geschützt sein können. Denn auch bei solchen Werken reicht es für einen urheberrechtlichen Schutz aus, wenn in Bezug auf das zu beurteilende Werk die für Kunst empfänglichen und mit der Kunstanschauung einigermaßen vertrauten Verkehrskreise – und hierzu zählen auch die Richter, die solche Fälle zu beurteilen haben – von einer künstlerischen Leistung ausgehen.

So sah das OLG Nürnberg für eine Bundesliga-Stecktabelle die Anordnung der Tabellenplätze, die Farbgebung und die Hintergrundabbildung bereits als ausreichend für einen urheberrechtlichen Schutz an (OLG Nürnberg, Urteil vom 20.05.2014 – 3 U 1874/13). Das OLG Köln bejahte einen urheberrechtlichen Schutz für eine Urne, die mit einem speziellen Motiv bedruckt war (OLG Köln, 20.02.2015 – I-6 U 131/14). Das OLG Frankfurt am Main gewährte einem nach einem bestimmten Prinzip gestalteten Tapetenmuster einen urheberrechtlichen Schutz (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 30.06.2015 – 11 U 56/15).

Ästhetische Gestaltungsleistung als Voraussetzung für urheberrechtlichen Schutz

Diese gesetzten Anforderungen für den Schutz geistiger Leistungen übernahm jüngst das OLG München explizit für Bauwerke, konkret für die Innengestaltung einer Restaurant-Kette.

Die Innengestaltung zeichnete sich durch einen dunklen Farbton der Möblierung in Kontrast zu hellen, deckenhohen Birkenstämmen, die im gesamt Raum verteilt waren, aus. Es ist davon auszugehen, dass dieses Design unter der alten Rechtslage – vor dem Geburtstagszug – keinen urheberrechtlichen Schutz genossen hätte.

Nachdem das LG München I die Klage der Designerin auf Zahlung einer Nachvergütung folglich noch abgewiesen hatte (LG München I, Urteil vom 23.09.2015 – 37 O 23550/14), kam es in der zweiten Instanz zu einem Vergleich, der der Designerin für die Nutzung dieses Designs eine erhebliche Nachvergütung gewährte. Dass die von der Designerin entworfene Innengestaltung urheberrechtlichen Schutz genießt, war die Grundlage für den Vergleich.

Zusammenfassend kommt es für den Schutz von Messebauten deshalb ebenfalls darauf an, ob die Gestaltungsleistung über eine reine technische Umsetzung hinausgeht und gewisse ästhetische Momente beinhaltet.

LG München I spricht Messestand „schöpferische Qualität“ zu

Genau eine solche – ästhetische – Gestaltungsleistung reklamierte ein Messebauer jüngst vor dem LG München I für sich. Es handelte sich um die Entwurfspläne eines Messestandes für eine Uhrenmesse. Die wesentlichen Gestaltungselemente waren dabei eine vertikale Teilung der Außenansicht des Standes in einen oberen und einen unteren Bereich, wobei der obere Bereich für eine großflächige Fotowerbung verwendet wurde und der untere Bereich weiß war. Die untere Fläche war zudem durch mehrere gläserne Vitrinen, in die nach außen dreidimensional wirkende Stelen eingebaut waren, unterbrochen.

Für diesen präsentierten Entwurf bekam der Messebauer vom Aussteller keinen Zuschlag. Der Aussteller gab einem anderen Unternehmen den Auftrag. Dabei wurden die wesentlichen Gestaltungselemente des Entwurfs des Messebauers jedoch übernommen. Der Messebauer klagte daher unter Bezugnahme auf die „Geburtstagszug“-Entscheidung des BGH auf Unterlassung und Schadenersatz.

Im Ergebnis mit Erfolg. Das LG München I (Az.: 7 O 9597/16) erteilte den Parteien des Rechtsstreits einen schriftlichen Hinweis, in dem es den vorgetragenen Gestaltungselementen des Messestandes „schöpferische Qualität“ zusprach und einen Vergleich dahin gehend vorschlug, dass der Aussteller dem Messebauer für die unberechtigte Übernahme dieser Gestaltungselemente Schadenersatz leisten muss und sich zudem verpflichtet, diese Gestaltungselemente künftig nicht mehr zu verwenden. Der Aussteller stimmte diesem Vergleich letztendlich zu.

Fazit: „Ideenklau“ im Messebau wird Riegel vorgeschoben

Dieser Hinweis des LG München I und der daraufhin auf Vorschlag des Gerichts abgeschlossene Vergleich stärken weiter die Rechtsposition einer ganzen Branche und helfen, der Unsitte des „Ideenklaus“ im Messebau einen Riegel vorzuschieben. Kreative Leistungen im Messebau verdienen den gleichen urheberrechtlichen Schutz wie ein Werbejingle, eine Plakatwerbung oder ein Spielzeugzug aus Holz.

Hinweis in eigener Sache: CMS Deutschland hat die FAIRNET GmbH in dem genannten Verfahren vor dem LG München I (Az.: 7 O 9597/16) vertreten.

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