23. März 2018
Verwechslungsgefahr Website
Gewerblicher Rechtsschutz Markenrecht Wettbewerbsrecht (UWG)

Streit um Websitenamen: Billiger ist nicht gleich billiger

OLG FF a. M.: Tour de Force durch das Marken- und Lauterkeitsrecht zur Verwechslungsgefahr der Seiten notebooksbilliger“ und „softwarebilliger“.

Das OLG Frankfurt am Main hatte den Streit zwischen zwei Online-Händlern im Computer- bzw. Software-Geschäft zu entscheiden. Es ging dabei um die Websites „notebooksbilliger.de“ und „softwarebilliger.de“.

Der prioritätsältere Anbieter „notebooksbilliger.de“ störte sich an dem Online-Auftritt der Konkurrentin und wollte diesen untersagen, soweit möglich. Das OLG Frankfurt am Main nutzte diesen Sachverhalt, um einen durchaus lesenswerten „Ritt“ durch das Marken- und Wettbewerbsrecht vorzunehmen.

Vorgehen gegen die Websitegestaltung

Die Klägerin hatte zunächst die Feststellung beantragt, dass die gesamte unter der URL www.softwarebilliger.de betriebene Website in ihrer konkreten Gestaltung (einschließlich Schriftart, Hintergrund- und Hauptfarbe sowie Favicon) der Website der Klägerin ähneln und dementsprechend eine Verwechslungsgefahr bestehen würde.

Das Gericht betonte diesbezüglich, dass aus den erhobenen markenrechtlichen Ansprüchen ein Vorgehen aufgrund der Verletzung dieses „look and feel“ einer Website nicht möglich wäre. Es sei keine Benutzung eines kollidierenden Kennzeichens. Die Website werde von den angesprochenen Verkehrskreisen nicht als Kennzeichen wahrgenommen.

Vorgehen gegen die Bezeichnung

Auch die Bezeichnung „softwarebilliger.de“ allein verletzt nicht die Kennzeichnung „notebooksbilliger.de“; selbst bei einer festgestellten Identität der geschützten Waren- und Dienstleistungen.

Dabei thematisierte das OLG Frankfurt a. M. in diesem Zusammenhang auch die Frage der markenmäßigen Benutzung. Das Gericht zog in Zweifel, ob die Bezeichnung „softwarebilliger.de“ überhaupt als Kennzeichen wahrgenommen werden kann oder ob diese vielmehr rein beschreibend ist. Dabei stellte das Gericht jedoch fest, dass selbst bei einer rein beschreibenden Bezeichnung die konkrete Benutzung gleichwohl eine markenmäßige Verwendung begründen könnte. Die Verwendung im Rahmen einer zweifarbigen Gestaltung, einer schriftbildlichen Hervorhebung und einer blickfangmäßigen Herausstellung, wie sie von dem Anbieter betrieben wurden, würde auf eine markenmäßige Benutzung hindeuten. Im Ergebnis ließ das Gericht diese Frage jedoch offen, da es jedenfalls eine Verwechslungsgefahr zwischen den Bezeichnungen „softwarebilliger.de“ und „notebooksbilliger.de“ ablehnte.

In diesem Zusammenhang war für das Gericht insbesondere auch relevant, dass die Marke „notebooksbilliger.de“ zwar eingetragen und damit einer Überprüfung des Gerichts hinsichtlich ihrer Unterscheidungskraft grundsätzlich unterzogen war. Jedoch könne aufgrund der stark beschreibenden Begriffe gleichwohl nur eine geringe Kennzeichnungskraft angenommen werden. Das Gericht ging insbesondere davon aus dass die Marke nur aufgrund der grafischen Gestaltung und nicht aufgrund der Bezeichnung an sich eingetragen worden sei. Diese Herangehensweise zeigt deutlich, wie weit das OLG Frankfurt am Main seinen Prüfungsauftrag verstand.

Ausgehend von dieser schwachen Kennzeichnungskraft nahm das Gericht selbst bei einer Identität der geschätzten Waren und Dienstleistungen einen ausreichenden Abstand der Kennzeichen an. Auch eine teilweise Übereinstimmung innerhalb der Farbgebung der Gestaltung war für das Gericht nicht ausreichend, um die Verwechslungsgefahr zu bejahen.

Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne

Hier wollte das Gericht jedoch nach wie vor nicht stoppen und äußerte sich noch weitergehend zu der Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne im Rahmen eines gedanklichen Inverkehrbringens. Auch dies wurde im Ergebnis abgelehnt und insbesondere auch in Anschauung aufgrund des übereinstimmenden Bestandteils „billiger.de“ eine Verwechslungsgefahr abgelehnt. Das Gericht sah die markenrechtlich durchaus begründete Gefahr eines unzulässigen Elementenschutzes, so dass auch diesbezüglich keine Ansprüche bestanden.

Insofern waren sämtliche markenrechtlichen Ansprüche für die Inhaberin der Domain notebooksbilliger.de ohne Erfolg. Der „Ritt“ ging jedoch weiter.

Wettbewerbsrechtliche ergänzende Ansprüche

Unabhängig von den nicht bestehenden markenrechtlichen Ansprüchen thematisierte das Gericht jedoch in seiner Entscheidung auch mögliche wettbewerbsrechtliche Ansprüche gemäß § 5 Abs. 2 UWG und § 4 Nr. 3 UWG – also einerseits aus dem lauterkeitsrechtlichen Nachahmungsschutz als auch nach dem wettbewerbsrechtlichen Kennzeichenschutz, der in § 5 Abs. 2 UWG aufgenommen wurde.

Hinsichtlich der möglichen wettbewerbsrechtlichen Ansprüche aus Nachahmungsschutz gemäß § 4 Nr. 3 UWG stellt das OLG Frankfurt a. M. zunächst fest, dass auch jegliche Art von Werbemitteln grundsätzlich schutzfähig ist und damit auch eine bestimmte Website-Gestaltung unter diesem Tatbestand subsumiert werden könne. Jedoch fehlte es in dem Verfahren an jeglichem Vortrag zur wettbewerblichen Eigenart, zur Nachahmung und zu dem besonderen Unlauterkeitstatbestand. Dass das Gericht an dieser Stelle die Ansprüche anhand eines nicht substantiierten Vortrages scheitern lässt, zeigt wiederum deutlich, dass die Vorrangthese des BGH auch für den Bereich des wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes nicht mehr zu halten ist und die kennzeichen- und wettbewerbsrechtlichen Ansprüche in diesem Zusammenhang alternativ zur Anwendung gelangen können.

Spannend sind die Ausführungen des Gerichts hinsichtlich des Tatbestands des § 5 Abs. 2 UWG. So hält das Gericht zunächst fest, dass die

lauterkeitsrechtliche Verwechslungsgefahr […] im Sinne eine Irreführungsgefahr zu verstehen

sei. Es muss also konkret bemessen werden, ob tatsächlich Verwechslungen vorliegen, wobei auch die Begleitumstände, wie z. B. das Präsentationsumfeld, mit einbezogen werden. Es läuft im Ergebnis nicht nur auf einen bloßen Zeichenvergleich hinaus. Vielmehr sind auch alle weiteren Elemente auf der Website sowohl der Klägerin als auch der Beklagten für die Bemessung eines Verstoßes gegen § 5 Abs. 2 UWG relevant.

Auch wenn ein wettbewerbsrechtlicher Anspruch seitens des Gerichts verneint wurde, zeigen die Subsumtion und die Analyse des Gerichts die grundsätzliche Möglichkeit eines solchen Anspruchs auf, auch wenn ein markenrechtlicher Anspruch zu verneinen ist. Die inhaltlichen Anforderungen eines Anspruches gemäß § 5 Abs. 2 UWG weichen von den kennzeichenrechtlichen Ansprüchen, insbesondere des § 14 MarkenG, ab und im Ergebnis eine lauterkeitsrechtliche Verwechslungsgefahr von Zeichen aufgrund ihrer Gesamtpräsentation kann im Einzelfall angenommen werden.

Konsequenzen für Markeninhaber: Dokumentation

Markeninhaber sollten zukünftig Verletzungshandlungen ausführlicher, mehr noch als in der Vergangenheit, dokumentieren. Denn selbst, wenn einem bloßen kennzeichenrechtlichen Anspruch die Begründetheit fehlt, ist es unter Umständen möglich, über den Umweg von § 5 Abs. 2 UWG eine konkrete Präsentation der eigenen Marke bzw. des verwechslungsfähigen Zeichens rechtlich zu untersagen.

Neben der abstrakten kennzeichenrechtlichen Beurteilung tritt in solchen Konstellationen nunmehr die lauterkeitsrechtliche Möglichkeit, Ansprüche gemäß § 5 Abs. 2 UWG alternativ und ergänzend, also im „Graubereich“ des Markenrechts, geltend zu machen. Mit diesen Ansprüchen kann der Besonderheit einer Handlung, vorliegend der Übernahme der Gestaltung bzw. der Anlehnung der Gestaltung an eine Website, Rechnung getragen werden, um tatsächlich Konstellationen zu erfassen, die aus markenrechtlicher Sicht nicht allein bestehen können.

Tags: Verwechslungsgefahr Website
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Hans-Christian Woger