3. Juli 2020
WarnWetter-App
Wettbewerbsrecht (UWG)

BGH verbietet DWD kostenlose Wetterinformationen

Der BGH urteilte, dass der DWD gegen Wettbewerbsvorschriften verstoße, wenn er der Allgemeinheit kostenlose und werbefreie Wetterinformationen anbiete.

Der Deutsche Wetterdienst (DWD), eine Bundesbehörde mit Sitz in Offenbach, bot seit Juni 2015 über die bekannten App-Stores eine kostenlose und werbefreie Wetter-App an, welche die Allgemeinheit nicht nur über Unwetterlagen informierte, sondern auch Wettervorhersagen traf, Radarbilder zur Verfügung stellte und Wetterprognosen sowie Rückblicke bereithielt. Binnen kurzer Zeit erlangte die DWD WarnWetter-App eine erhebliche Marktverbreitung.

Die Anbieterin einer kostenpflichtigen und in der kostenlosen Version werbefinanzierten Wetter-App klagte daher Anfang 2016 gegen das unentgeltliche und werbefreie Konkurrenzangebot und machte Unterlassungsansprüche geltend, die sie sowohl auf das Wettbewerbsrecht als auch auf Verwaltungsrecht stützte.

Sie argumentierte, der DWD dürfe laut dem Gesetz über den Deutschen Wetterdienst (DWDG) Wetterdienstleistungen grundsätzlich nur gegen eine Vergütung anbieten. Für amtliche Warnungen gelte diese Vorgabe zwar nicht. Jedoch gehe die WarnWetter-App weit über das Bereithalten von Informationen zu amtlichen Warnungen hinaus. Der DWD verstoße damit gegen die ihm durch das DWDG verliehenen Kompetenzen und benachteilige dadurch die Anbietenden privater Wetter-Apps.

Uneinigkeit in den Vorinstanzen zum Vorliegen einer geschäftlichen Handlung des DWD

Für die Frage nach einem wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch der privaten Konkurrentin aufgrund der Kompetenzüberschreitung des DWD kam es für die Gerichte zunächst darauf an, ob der DWD mit dem Anbieten der App eine geschäftliche Handlung vornehme, da nur geschäftliche Handlungen durch das Wettbewerbsrecht reguliert werden.

Diese Frage beantworteten die Vorinstanzen geradezu gegensätzlich. Das LG Bonn bejahte in erster Instanz (Urteil v. 15. November 2017 – 16 O 21/16), das Vorliegen einer geschäftlichen Handlung im Sinne des Wettbewerbsrechts und begründete dies damit, dass der DWD mit dem Angebot der WarnWetter-App ausschließlich zu erwerbswirtschaftlichen Zwecken und mit den Mitteln des Privatrechts im Geschäftsverkehr auftrete. Dass der DWD keine Gewinnerzielung anstrebe und mit der App gleichzeitig seiner gesetzlichen Verpflichtung zur Erbringung meteorologischer Dienstleistungen nachkomme, sei irrelevant, da der DWD mit der WarnWetter-App jedenfalls als wirtschaftliches Unternehmen tätig werde und in Konkurrenz zu privaten Anbietern und Anbieterinnen von Wetter-Apps trete. Da es dem DWD durch das DWDG untersagt wird, allgemeine Wetterinformationen der Allgemeinheit kostenlos zur Verfügung zu stellen, sprach das LG Bonn der privaten Konkurrentin einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch zu.

Das OLG Köln verneinte demgegenüber in zweiter Instanz (Urteil v. 13. Juli 2018 – 6 U 180/17) das Vorliegen einer geschäftlichen Handlung im Sinne des Wettbewerbsrechts und lehnte den Unterlassungsanspruch der Wettbewerberin ab. Wegen der öffentlich-rechtlichen Anspruchsgrundlagen verwies das OLG Köln den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht und entschied durch Teilurteil. Dabei stellte das OLG Köln maßgeblich darauf ab, dass der DWD nicht darauf abziele, sich am Wettbewerb zu beteiligen, sondern mit der WarnWetter-App primär das Ziel verfolge seinen gesetzlich bestimmten Aufgaben nachzukommen. Nach Ansicht des OLG Köln genügt demnach das Tätigwerden des DWD aufgrund seiner gesetzlich normierten Aufgaben für die Annahme einer hoheitlichen Tätigkeit in Abgrenzung zu einer geschäftlichen Handlung. Dies gelte unabhängig davon, ob der DWD womöglich die Grenzen seiner gesetzlichen Kompetenz überschreite, indem er auch andere Informationen als amtliche Wetterwarnungen unentgeltlich zur Verfügung stelle.

BGH bejaht Unterlassungsanspruch: Angebot der WarnWetter-App eine geschäftliche Handlung des DWD

Dem widersprach der BGH nun in der Revisionsinstanz (Urteil v. 12. März 2020 – I ZR 126/18) und hob das Berufungsurteil auf. Der BGH stellte dabei zunächst klar, dass das OLG Köln schon nicht durch Teilurteil hätte entscheiden dürfen, da sowohl die wettbewerbsrechtlichen als auch die öffentlich-rechtlichen Argumente der Klägerin einen einheitlichen Streitgegenstand betreffen und das OLG Köln den Rechtsstreit daher, unabhängig davon, ob die Anspruchsgrundlagen verschiedenen Rechtsgebieten entstammen, insgesamt hätte entscheiden müssen.

Statt den Rechtsstreit aus diesem Grund an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, urteilte der BGH auf der Grundlage der vorinstanzlichen Feststellungen zum Sachverhalt selbst. Er sprach der privaten Konkurrentin einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch zu. Der DWD nehme mit dem Angebot der WarnWetter-App eine geschäftliche Handlung vor und verstoße gegen sogenannte Marktverhaltensregelungen, wodurch ein Wettbewerbsverstoß begründet werde.

Für das Vorliegen einer geschäftlichen Handlung stellte der BGH nicht allein darauf ab, ob der DWD auf der Grundlage einer Ermächtigungsgrundlage tätig werde, die der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe diene. Das Gericht prüfte weiter, ob sich das Handeln des DWD auch in den Grenzen dieser Ermächtigungsgrundlage halte. Zu den Beweggründen äußerte sich der BGH unter Berufung auf seine bisherige Entscheidungspraxis (Urteil v. 20. Dezember 2018 – I ZR 112/17) wie folgt:

Nimmt die öffentliche Hand öffentliche Aufgaben wahr, bewegt sie sich dabei jedoch außerhalb des ihr durch eine Ermächtigungsgrundlage zugewiesenen öffentlich-rechtlichen Aufgabenbereichs, ist ihr Handeln als geschäftliche Handlung anzusehen mit der Folge, dass sie sich an den Regeln des Wettbewerbsrechts messen lassen muss […] und – wenn die weiteren Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 UWG vorliegen – zur Unterlassung verpflichtet ist.

Da der DWD nur Wetterwarnungen unentgeltlich verbreiten dürfe, die App aber darüberhinausgehende Informationen entgeltfrei für die Allgemeinheit bereitstelle, verlasse der DWD seine Kompetenzgrenzen und nehme daher eine geschäftliche Handlung vor. Da die Kompetenznormen im DWDG den DWD verpflichten, seine Dienstleistungen unter Marktbedingungen zu erbringen und für allgemeine Wetterinformationen ein Entgelt zu verlangen oder sein Angebot durch Werbeeinnahmen zu finanzieren, handele es sich bei den Regelungen zum Aufgabenbereich des DWD um Marktverhaltensregelungen, weshalb der Verstoß des DWD gegen die Vorschriften den Unterlassungsanspruch der Klägerin begründe.

Kostenfreie WarnWetter-App des DWD nur noch mit eingeschränkten Funktionen

Bereits vor der Entscheidung des BGH hatte der DWD mit einer Veränderung seines App-Angebots reagiert und die WarnWetter-App lediglich für Informationen zu amtlichen Wetterwarnungen kostenfrei angeboten. Weitergehende Wetterinformationen waren nur noch in der kostenpflichtigen Vollversionen zu erhalten.

Der DWD äußerte sich nach der Urteilsverkündung dahingehend, dass er auch zukünftig eine Gratis-Version der WarnWetter-App mit amtlichen Warnungen einerseits und eine Vollversion zum Preis von EUR 1,99 andererseits anbieten werde. Demnach scheint es zumindest aktuell nicht so, als würde der DWD die vom BGH aufgeworfene Möglichkeit einer unentgeltlichen aber werbefinanzierten Vollversion seiner App aufgreifen wollen.

Tags: DWD entgeltlich WarnWetter-App
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Annina Barbara Männig