Online-Händler:innen nutzen Cookies, um bestimmte Werbung nicht mehrfach anzuzeigen. Diese schützen jedoch nicht stets vor Irreführung.
Satte Rabatte lauern im Internet an jeder Ecke. Verbraucher:innen werden durch Rabatte für Neukund:innen oder durch befristete Preisnachlässe angelockt, die aber nur beim erstmaligen Besuch des werbenden Online-Shops erscheinen.
Cookies helfen Online-Händler:innen grds. bei dieser Praxis. Damit den Verbraucher:innen die Werbung nicht mehrfach hintereinander beim Besuch der Website angezeigt wird, wird beim erstmaligen Aufruf der Seite ein Cookie im Endgerät der Nutzer:innen gespeichert, das diese von nun an als bereits „bekannte Besucher“ charakterisiert. Das Cookie erkennt die Nutzer:innen wieder, sodass ihnen diese Werbung nicht mehr ausgespielt wird.
Irreführung durch Cookie-basierte befristete Rabatt-Werbung
Allerdings verweigern zahlreiche Nutzer:innen ihre Einwilligung für den Einsatz von Cookies zu Werbezwecken, löschen ihre Cookies wieder oder nutzen schlicht ein anderes Endgerät oder den Inkognito-Modus, um dieselbe Website des Online-Shops wieder zu besuchen. Das führt dazu, dass ihnen dieselbe Werbung erneut angezeigt wird. Hingegen bekommen aber die die Cookies zulassenden Verbraucher:innen die noch laufenden Rabatt-Aktionen nicht mehr zu sehen.
Cookie-basierte Werbung für Rabatt-Aktionen kann deshalb irreführend sein, wie zwei Oberlandesgerichte nun entschieden haben.
OLG Köln: Irreführung bei Hintereinanderschaltung zweier individueller Rabatt-Aktionen
Das OLG Köln hat entschieden, dass es irreführend sei, wenn im Fall von mehrfachen, hintereinander geschalteten Rabatt-Aktionen auf der Website eines Online-Shops bei dem ersten Besuch von Kund:innen auf dieser Seite ein Cookie auf ihrem Endgerät gesetzt wird, aufgrund dessen sie beim zweiten Besuch der Seite keine weitere Rabatt-Aktion mehr angezeigt bekommen (OLG Köln, Urteil v. 3. Dezember 2021 – 6 U 62/21).
Dem Rechtsstreit zugrunde lagen verschiedene Werbeaktionen einer Herstellerin und Vertreiberin von Bettwaren, insb. Matratzen, gegen die sich ihre Konkurrentin wandte. Die Beklagte nutzte Cookies, um denjenigen, die zum ersten Mal die Website der Beklagten besuchten, zunächst eine befristete individuelle Rabatt-Aktion anzuzeigen (Neukundenrabatt). Ließen die Neukund:innen den Einsatz von Cookies zu, wurden sie wiedererkannt und ihnen wurde bei einem Folgebesuch auf der Website diese individuelle Rabatt-Aktion nach Ablauf der Frist nicht mehr angezeigt. Nicht als „neu“ gekennzeichneten bzw. nicht durch Cookies wiedererkannten Besucher:innen wurde hingegen die befristete individuelle Rabatt-Aktion erneut angezeigt.
Die streitgegenständliche Art der Hintereinanderschaltung zweier individueller Rabatt-Aktionen ist nach der Auffassung des OLG Köln irreführend i.S.d. § 5 UWG, weil Nutzer:innen erwarteten,
dass die Rabatt-Aktion nur innerhalb der angezeigten Frist angeboten und in Anspruch genommen werden kann. Tatsächlich handelt es sich jedoch nicht um eine allgemein befristete Rabatt-Aktion.
Denn Nutzer:innen, die den Einsatz von Cookies nicht zuließen, nach ihrer Einwilligung die Cookies wieder löschten, im Inkognito-Modus surften oder erstmals von einem anderen Endgerät erneut auf die Website zugriffen, bekämen die entsprechende Rabatt-Aktion wieder angezeigt und könnten den Rabatt in Anspruch nehmen.
Der durchschnittliche Nutzer, der von diesen technischen Hintergründen keine Kenntnis hat, versteht die Rabattwerbung aber dahingehend, dass es einen besonderen Preisnachlass nur in der angegebenen Frist gibt, und zwar generell. Er nimmt die Frist als allgemeingültig ernst und geht davon aus, dass es diesen Rabatt nach Ablauf der ihm angezeigten Frist nicht mehr gibt, wodurch ihm die Attraktivität des Rabatt-Angebots, aber auch die Dringlichkeit besonders hoch erscheint.
Dass die Frist individuell auf Nutzer:innen zugeschnitten war, wüssten diese im konkreten Fall nicht und könnten dies weder am Ankündigungstext noch anhand der Verwendung der Rabatt-Code-Buchstabenkombinationen erkennen, zumal in vielen Fällen Gutschriften oder Vergünstigungen im Internet durch Eingabe eines Codes einzulösen seien.
Wüssten die Verbraucher:innen, dass sie durch die Vermeidung des Setzens von Cookies einen letztendlich unbefristeten Rabatt erhalten könnten, würden sie keinem zeitlichen Entscheidungsdruck ausgesetzt und würden das Angebot als weniger günstig einschätzen. So würden sie aber aus ihrer Sicht über die Ernsthaftigkeit der Befristung getäuscht.
Auf Basis der vorstehenden Erwägungen verurteilte das OLG Köln die Beklagte zur Unterlassung gem. §§ 3, 5 Abs. 1, 8 Abs. 1, 3 Nr. 1 UWG.
OLG Hamburg: Hintereinanderschalten von befristeten Rabatt-Aktionen innerhalb von nur kurzen Abständen irreführend
Auch das OLG Hamburg hat entschieden, dass durch den Einsatz von Cookies im Rahmen einer Internetwerbung nicht zuverlässig verhindert werden könne, dass ein befristetes Rabatt-Angebot dem angesprochenen Verkehr wiederholt unterbreitet wird (OLG Hamburg, Urteil v. 2. September 2021 – 3 U 99/20). Das Hintereinanderschalten von befristeten Rabatt-Aktionen innerhalb von nur kurzen Abständen sei irreführend i.S.d. §§ 3, 5 Abs. 1 UWG
Parteien des Rechtsstreits vor dem OLG Hamburg waren ebenfalls Wettbewerber im Vertriebsmarkt von Matratzen. Die Beklagte spielte auf der Website ihres Online-Shops befristete Online-Rabatte aus und wiederholte diese Rabatt-Aktion nach nur 2–3 Tagen. Das Gericht ließ die Verteidigung der Beklagten, dass sie mittels Cookies sichergestellt habe, dass die Preisreduzierungen nur neuen Besucher:innen der Website angezeigt würden, nicht ausreichen. Denn die Verbraucher:innen würden – ohne ihnen die Bedingungen des Rabatt-Angebotes (z.B. eines sog. Neukundenrabatts) offenzulegen – dahingehend in die Irre geführt, dass der Rabatt nur für kurze Zeit bzw. bis zum Ende des in der Werbung angegebenen Zeitraums verfügbar sei.
Daran ändert sich auch durch den Einsatz sogenannter Cookies nichts. Unabhängig davon, ob einem Verbraucher der Rabatt später – etwa, weil er Cookies nicht zulässt oder ein anderes Endgerät benutzt – noch einmal angezeigt wird, wird nämlich gerade der nämliche Rabatt, insbesondere der für sogenannte Neukunden oder Neubesucher der Website der Antragsgegnerin angebotene Rabatt unstreitig wiederholt ausgelobt.
Cookies stellen keine hinreichende Absicherung befristeter Rabatt-Werbung dar
Die Entscheidungen des OLG Köln und des OLG Hamburg sind wenig überraschend, setzen sie doch bekannte BGH-Rechtsprechung um. Danach kann es irreführend sein, wenn Rabatt-Aktionen über die angegebene fixe Zeit fortgeführt werden (BGH, Urteil v. 7. Juli 2011 – I ZR 173/09 und I ZR 181/10).
Sie zeigen aber vor allem, dass Online-Händler:innen durch den Einsatz von Cookies beim Schalten von befristeten Rabatt-Aktionen nicht auf der sicheren Seite sind. Verbraucher:innen müssen sich nicht einmal den Vorwurf der bewussten Umgehung der Vorkehrung durch Cookies zum erneuten Anzeigen der betreffenden Aktion gefallen lassen, für sie kann auch einfach der Schutz ihrer eigenen personenbezogenen Daten im Vordergrund stehen (unter welchen datenschutzrechtlichen Voraussetzungen nach dem neuen TTDSG der Einsatz von Cookies zulässig ist, können Sie hier lesen). Online-Händler:innen müssen sich also etwas anderes einfallen lassen, um technisch sicherzustellen, dass befristete Rabatt-Aktionen Verbraucher:innen nur im Rahmen der angegebenen Zeit angezeigt werden und ihnen die Werbung nicht erneut ausgespielt wird.
In jedem Fall müssen sie aber die Cookie-gesteuerte Werbeaktion – um sich nicht dem Vorwurf der Irreführung ausgesetzt zu sehen – so transparent wie möglich gestalten, sodass Verbraucher:innen unschwer erkennen können, dass sie sich die Rabatt-Aktionen auf verschiedene Weise erneut anzeigen lassen können. Ob eine derart transparent gestaltete Werbung allerdings noch ihren Zweck erfüllt, ist fraglich.