9. August 2016
Kartellrecht Sport
Kartellrecht

Kartellrecht im professionellen Sport

Das Kartellrecht nimmt zunehmend Platz in der Bundesliga und insgesamt in der sportrechtlichen Praxis ein. Davon zeugen drei aktuelle Entscheidungen.

Die Vermarktung der Übertragungsrechte an den Spielen der Bundesliga und der zweiten Bundesliga für Fernsehen, Hörfunk und Internet obliegt bekanntlich zentral der DFL. Sie nimmt diese Aufgabe im Auftrag des Ligaverbandes wahr. Die Vermarktung der Rechte wird in Form eines Bieterverfahrens durchgeführt, dem jeweils Rechtepakete für mehrere Spielzeiten zugrunde liegen. Bei der letzten Rechtevergabe für die Spielzeiten 2013/2014 bis 2016/2017 erhielt Sky im Pay-Bereich den Zuschlag für sämtliche Verbreitungswege.

Das Vergabeverfahren wird eng mit dem Bundeskartellamt abgestimmt. Grund dafür sind die mit der gemeinsamen Vermarktung der Rechte verbundenen Beschränkungen des Wettbewerbs. Im Zuge des kürzlich für die Rechtevergabe der Spielzeiten bis 2020/2021 durchgeführten Verfahrens äußerte das Bundeskartellamt zu Beginn des Jahres erstmals Bedenken gegen das vom Ligaverband und der DFL geplante Vermarktungsmodell.

Zweiter Wettbewerber im Pay-Bereich notwendig

Vorgesehen war erneut einen Alleinerwerb eines Bieters für sämtliche Live-Rechte. Das Bundeskartellamt entschied, der Alleinerwerb bewirke eine Beschränkung des Innovationswettbewerbs, insbesondere in Bezug auf Internet-Angebote. Substantielle Pay-Rechte die zumindest auch dem Innovationspotential des Internets Rechnung tragen, müssten an einen zweiten Mitbewerber vergeben werden.

Neues Vermarktungsmodell

Ligaverband und DFL schlugen dem Bundeskartellamt daraufhin ein geändertes Vermarktungsmodell vor, welches das Bundeskartellamt mit Beschluss vom 11. April 2016 billigte.

Das neue Vermarktungsmodell sieht die sog. No-Single-Buyer-Rule (Alleinerwerbsverbot) für die wesentlichen Live-Rechte der Spiele der Bundesliga vor. Mindestens eines der Live-Pakete A – E oder das plattformexklusive OTT-Paket („over-the-top″, zur Verbreitung über Web-TV und Mobile-TV) mit 102 Bundesliga-Spielen musste deshalb in der Rechtevergabe für die Spielzeiten bis 2020/2021 an einen zweiten Anbieter vergeben werden.

Der alternative Erwerber dieser Pakete wäre damit in die Lage versetzt, ein wettbewerbsfähiges Bundesliga-Angebot zu entwickeln, von denen hinreichende Marktwirkungen ausgehen dürften, so das Bundeskartellamt.

Das Ergebnis der Auktion

Bereits vor der neuen Rechtevergabe legte Sky gegen die Entscheidung des Bundeskartellamts beim OLG Düsseldorf Beschwerde ein. Auf die Auktion der Bundesligarechte hatte dies keinen Einfluss. Sky erhielt den Zuschlag für die Live-Übertragung von 572 der insgesamt 612 Spiele der Bundesliga und der zweiten Bundesliga über alle Verbreitungswege (Satellit, Kabel, IP, DVD, Web und Mobile, Pakete B, C, D, E und F). Die restlichen Live-Spiele werden bei Eurosport (Discovery) zu sehen sein (Paket A). Das OTT-Paket wurde nicht vergeben.

Die Rechtevergabe für die Spielzeiten bis 2020/2021 war für die DFL die bislang finanzielle einträglichste: Für die nationalen TV-Rechte kassiert die DFL – und damit die 36 Profi-Clubs – pro Saison 1,59 Mrd. Euro.

Der Fall Claudia Pechstein

Im Fall Pechstein wurden eine von der International Skating Union (ISU) verwendete Schiedsvereinbarung und damit indirekt auch Verfahrensregeln des Court of Arbitration for Sports (CAS) einer kartellrechtlichen Kontrolle unterzogen. Im Ergebnis verneinte der Bundesgerichtshof einen Verstoß und wies die Klage von Claudia Pechstein ab.

Kartellrechtlicher Kernpunkt war die Frage, ob die von Frau Pechstein unterschriebene Schiedsvereinbarung, mit der sie sich der ausschließlichen Gerichtsbarkeit des CAS unterworfen hatte, auf einem Missbrauch von Marktmacht beruhte und damit unwirksam war.

BGH: Kein Verstoß feststellbar

Die Prüfung des BGH lief auf eine umfassende Abwägung der Interessen der ISU einerseits und von Claudia Pechstein andererseits hinaus. Der BGH konnte keinen Verstoß feststellen und wies insbesondere auf folgende Punkte hin:

  1. Eine funktionierende weltweite Sportschiedsgerichtsbarkeit liege nicht nur im Interesse der Sportverbände, sondern auch der sich fair verhaltenden Sportler.
  1. Die CAS-Statuten und die CAS-Verfahrensordnung seien mit Blick auf die Bestellung von Schiedsrichtern für Schiedsverfahren „noch“ hinnehmbar.

Schiedsrichterliste auf dem Prüfstand

Mit Blick auf den zweiten Punkt prüfte der BGH eingehend, ob das Verfahren zur Auswahl der CAS-Schiedsrichter in hinreichendem Maße den Grundsätzen der Unabhängigkeit und Neutralität entspreche. Dabei merkte der BGH an, dass die CAS-Schiedsrichterliste eine ausreichende Anzahl unabhängiger und neutraler Personen enthalte.

Die ISU habe als einzelner Verband auch kein institutionalisiertes Übergewicht bei der Zusammenstellung der Schiedsrichterliste und der Besetzung des Schiedsgerichts. Die hinreichende Neutralität sei zum einen durch die Möglichkeit der Ablehnung eines Schiedsrichters aus Gründen der Befangenheit gewahrt, zum anderen auch durch die Möglichkeit, Schiedssprüche in gewissem Umfang den schweizerischen Gerichten zur Überprüfung vorzulegen.

Mit dem Urteil des BGH ist das Verfahren noch nicht beendet, da Claudia Pechstein mittlerweile Verfassungsbeschwerde eingereicht hat.

Euroleague / FIBA

Auch die aktuelle juristische Auseinandersetzung zwischen der Euroleague und der FIBA basiert im Wesentlichen auf Fragen des Kartellrechts. Hintergrund des Verfahrens ist der seit Monaten schwelende Streit zwischen beiden Parteien um die Zukunft des europäischen Club-Basketballs. Bisher organisiert die Euroleague die beiden höchsten europäischen Wettbewerbe. Nach dem Willen der FIBA sollen diese durch die FIBA-Wettbewerbe „Champions League“ und „FIBA Europe Cup“ abgelöst werden.

Zivilklage vor dem LG München

Beide Seiten haben im Frühjahr Kartellrechtsbeschwerden bei der Europäischen Kommission eingereicht. Sie werfen sich gegenseitig Marktmachtmissbrauch vor.

Zivilrechtlich befindet sich der Fall momentan vor dem Landgericht München. Dieses erließ am 2. Juni 2016 eine einstweilige Verfügung. Diese untersagte der FIBA und FIBA Europe, Basketball-Nationalmannschaften von den FIBA-Wettbewerben (Eurobasket 2017, Olympische Spiele 2016) auszuschließen, wenn die jeweiligen nationalen Basketball-Verbände eine Teilnahme ihrer Vereinsmannschaften an den Euroleague-Wettbewerben zulassen.

„Asymmetrische Kriegsführung“ der Monopolisten

Das Landgericht München begründete die einstweilige Verfügung damit, dass FIBA und FIBA Europe durch die angedrohten Sanktionen ihre marktbeherrschenden Stellungen missbraucht hätten. Beide Organisationen seien aufgrund des für Wettbewerbe von Nationalmannschaften geltenden „Ein-Platz-Prinzips“ Monopolisten.

Bei dem Vorgehen der beiden Verbände handele es sich um eine „asymmetrische Kriegsführung″. Es werde Druck auf die Nationalverbände bzw. deren Nationalmannschaften ausgeübt, um eine Auseinandersetzung im Bereich der Vereinsmeisterschaften zu klären. Beide Bereiche (Nationalmannschaften einerseits, Vereinsmannschaften andererseits) stehen nach Ansicht des Gerichts unabhängig nebeneinander und dürfen nicht miteinander verknüpft werden.

Verfügung wieder aufgehoben

Auf Antrag von FIBA und FIBA Europe hat das LG München am 23. Juni 2016 die einstweilige Verfügung nach mündlicher Verhandlung wieder aufgehoben. Die Entscheidungsgründe liegen noch nicht vor. Diese sind – genauso wie das wahrscheinliche Hauptsacheverfahren – mit Spannung zu erwarten.

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