Due Diligence Management: Ist das Management im Rahmen einer Unternehmenstransaktion zur Durchführung einer Due Diligence verpflichtet?
Die Durchführung einer Due Diligence, also einer sorgfältigen Prüfung und Analyse eines Zielunternehmens durch einen potentiellen Erwerber, ist im Rahmen einer Unternehmenstransaktion durchaus üblich. Letztlich bestehen auch kaum Zweifel an der Nützlichkeit einer Due Diligence. Gleichwohl überlegen sich Investoren oftmals im Hinblick auf den manchmal begrenzten Umfang ihres Investments, ob und inwieweit sie insbesondere aus Kostengründen eine Due Diligence durchführen wollen.
Handelt es sich bei den Investoren nicht um Privatpersonen, sondern um eine GmbH oder eine AG, so stellt sich in diesem Zusammenhang das interessante Thema, inwieweit das Management, also die Geschäftsführer einer GmbH oder die Vorstände einer Aktiengesellschaft, im Rahmen einer Unternehmenstransaktion rechtlich dazu verpflichtet ist, eine Due Diligence durchzuführen. Dies gilt insbesondere auch für eine Privat Equity (PE)-Transaktion.
Uneinheitliche Stimmen in der Literatur
Die Stimmen in der juristischen Literatur sind wie so oft uneinheitlich. Zum Teil wird vertreten, dass eine generelle Pflicht zur Durchführung einer Due Diligence bestehe; zum Teil wird vertreten, dass eine Pflicht zur Durchführung einer Due Diligence für das Management nur dann bestehe, wenn konkrete Anhaltspunkte für Risiken bestehen, die eine genauere Prüfung erfordern.
Rechtsprechung bejaht Pflicht zur Durchführung einer Due Diligence im Einzelfall
Schaut man auf die Rechtsprechung, so wird oftmals auf ein Urteil des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 22.06.2006 (1 U 34/03) verwiesen. In diesem Urteil hatte das OLG Oldenburg eine Pflicht des Managements zur Durchführung einer Due Diligence Prüfung bei einem Unternehmenserwerb aus einer Insolvenz bejaht. In dem zugrundeliegenden Fall hatte eine Wirtschaftlichkeitsberechnung durch den Verwaltungsleiter der Zielgesellschaft vorgelegen, deren Objektivität und Zuverlässigkeit Zweifel unterlag. Das OLG Oldenburg hatte hier festgestellt, dass vor der abschließenden Kaufentscheidung vom Management eine umfassende Due Diligence Prüfung hätte durchgeführt werden müssen.
Auch wenn dieser Entscheidung der spezielle Fall zugrunde lag, dass das Zielunternehmen aus der Insolvenz heraus erworben wurde, kann aus der Entscheidung doch der allgemeine Grundsatz abgeleitet werden, dass von der Durchführung einer Due Diligence dann nicht abgesehen werden darf, wenn unklar ist, ob ausreichende oder gesicherte Erkenntnisse über das Zielunternehmen vorliegen.
Haftung des Managements: Absehen von Due Diligence kann Sorgfaltspflichtverletzung darstellen
Die bestehende Rechtsunsicherheit in der Frage, ob und inwieweit eine Due Diligence durchgeführt werden muss, ist für das Management eines PE-Investors durchaus misslich. Denn nach § 93 Aktiengesetz und § 43 GmbH-Gesetz haftet das Management eines Erwerbers diesem gegenüber dafür, dass es vor und während der Transaktion die erforderliche Sorgfalt angewandt hat. Sieht das Management nun von einer Due Diligence ab oder führt diese nur in einem unzureichenden Umfang durch und erweisen sich die Erwartungen und Prognosen des Managements nach Abschluss der Transaktion als falsch, kann dem PE-Investor ein erheblicher Schaden entstehen. Handelt es sich bei dem PE-Investor um eine Aktiengesellschaft, so ist der Aufsichtsrat grundsätzlich dazu verpflichtet, etwaige Schadenersatzansprüche gegenüber dem Vorstand durchzusetzen. Hinzu kommt, dass die Schadenersatzansprüche einer langen Verjährungsfrist unterliegen.
Management sollte alle verfügbaren Informationsquellen tatsächlicher und rechtlicher Art ausschöpfen
Grundsätzlich gilt für den Manager eines PE-Investors der umfassende Sorgfaltsmaßstab eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters. Hiervon wird allerdings dann eine Ausnahme gemacht, wenn er eine unternehmerische Entscheidung getroffen hat, bei der er vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Informationen zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Im Zusammenhang mit diesem eingeschränkten Sorgfaltsmaßstab wird oftmals von der „Business Judgement Rule″ oder dem „Safe Harbor″ gesprochen. Voraussetzung ist dabei insbesondere, dass der Manager „auf der Grundlage angemessener Informationen″ gehandelt hat.
Eine beachtliche Meinung in der Literatur verlangt dabei, dass der Manager in der konkreten Entscheidungssituation alle verfügbaren Informationsquellen tatsächlicher und rechtlicher Art ausschöpfen muss und damit eine umfassende Due Diligence durchzuführen hat; in diese Richtung weist auch die jüngere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur allgemeinen Haftung der Manager. Andere Stimmen in der Literatur dagegen betonen, dass dieses Erfordernis nicht so interpretiert werden darf, dass alle nur erdenklichen Informationen beschafft werden müssen; der Umfang der Informationsbeschaffung soll sich vielmehr am konkreten Einzelfall, am Vorliegen von Anhaltspunkten für bestimmte Risiken oder an angemessenen Kosten-/Nutzenerwägungen orientieren. Der Gesetzgeber habe nicht gewollt, dass in allen Fällen routinemäßig eine Due Diligence Prüfung durchgeführt werden müsse.
Management eines PE-Investors kommt um Due Diligence Prüfung grundsätzlich nicht umher
Aus der juristischen Literatur und Rechtsprechung wird man per Stand heute den Schluss ziehen können, dass das Management eines PE-Investors im Vorfeld einer PE-Transaktion grundsätzlich einmal eine Due Diligence durchführen muss, um in die Haftungsprivilegierung des „Safe Harbor″ zu kommen. Im Hinblick auf den konkreten Umfang einer solchen Due Diligence besteht allerdings Rechtsunsicherheit, die für den betroffenen Manager sehr misslich ist. Konkrete Handlungsanweisungen können weder der Literatur noch der Rechtsprechung entnommen werden. Letztlich trifft der Manager mit der Entscheidung über den Umfang der Due Diligence zugleich auch eine Entscheidung darüber, inwieweit er sich selbst in Haftungsrisiken begibt.