Hotelzimmer als Flüchtlingsunterkünfte sind eine vielversprechende und gute Idee. Doch ohne die Zustimmung des Eigentümers bestehen erhebliche Probleme.
Die anhaltende Flüchtlingswelle stellt für alle eine große Herausforderung dar. Besonders die zuständigen Behörden sind jedoch oftmals überfordert. Sie finden keine ausreichende Anzahl an geeigneten Unterkünften für die Vielzahl an Flüchtlingen.
Dies führt zu durchaus kreativen Lösungen. Zu viel Kreativität legte zuletzt jedoch der Berliner Senat an den Tag. Er verhandelte mit Hotelbetreibern über die Anmietung von Zimmerkontingenten – sollte jedoch die rechtlichen Hindernisse bedenken, wenn der Eigentümer nicht mit eingespannt wird.
Vielversprechende Idee für Behörde und Hotelbetreiber
Die Idee klingt zunächst vielversprechend. Eine Behörde kann auf einen Schlag eine Vielzahl an Flüchtlingen unterbringen, wenn sie bei einem großen Hotelbetreiber, der möglicherweise sogar mehrere Hotels in derselben Stadt betreibt, größere Zimmerkontingente anmietet. Auch für den Hotelbetreiber dürfte dies ein lohnendes Geschäft sein, da er statt der branchenüblichen 65 % – 70 % der Zimmerauslastung von der Behörde eine über 90 % hinausgehende Auslastung verlangen kann.
Außerdem wird die Behörde am Abschluss eines langfristigen Vertrages interessiert sein. Auch dies spielt dem an einer dauerhaft hohen Auslastung interessierten Betreiber in die Karten.
Hotelbetreiber und Grundstückseigentümer – gegenläufige Interessen
Der Hotelbetreiber ist häufig nicht gleichzeitig auch Eigentümer des Grundstücks. Vielmehr besteht zwischen Eigentümer und Betreiber in Deutschland oft lediglich ein Pachtvertrag.
Der Pachtvertrag berechtigt den Betreiber, das Grundstück zum Betrieb eines Hotels zu nutzen. Gleichzeitig verpflichtet er den Betreiber regelmäßig dazu, während der gesamten Laufzeit des Vertrages ein Hotel unter einer bestimmten Marke zu betreiben und diesen Betrieb aufrechtzuerhalten.
Der Betreiber hat vorranging ein Interesse an einer hohen Auslastung des Hotels. Er möchte die vereinbarte Pacht zahlen und zusätzlich Gewinne einfahren können. Der Grundstückseigentümer ist hingegen daran interessiert, dass der Betreiber sein Grundstück dauerhaft und pfleglich als Hotel nutzt. Nur auf diese Art und Weise kann er sicherstellen, dass das Hotelgrundstück auch nach Ablauf der Pachtzeit für andere Betreiber interessant bleibt und er es weiterhin als Hotel nutzen kann.
Die Interessen von Betreiber und Eigentümer gehen insoweit gänzlich auseinander.
Flüchtlingskrise und Mangel an Unterkünften
Die seit Mitte 2015 anhaltende Flüchtlingswelle hat dazu geführt, dass die Anzahl an verfügbaren Flüchtlingsunterkünften zunehmend knapp geworden ist. Den Behörden stehen für diese Ausnahmesituation nicht genügend Kapazitäten zur Verfügung.
Da die Lage in Berlin besonders prekär geworden war, begann die dortige Senatsverwaltung, nach kreativen Lösungen zu suchen. Eine dieser Lösungen sollte die Nutzung von Zwei- oder Drei-Sternehotels sein. Hierzu verhandelte der Senat mit Hotelbetreibern über die Anmietung größerer Zimmerkontingente.
Rechtliche Hindernisse
Die Nutzung von Hotelbetten für Flüchtlinge hat auf den ersten Blick einen gewissen Charme. Mit einem Schlag kann die zuständige Behörde auf relativ engem Raum eine Vielzahl an Flüchtlingen unterbringen.
Bei genauerem Hinsehen stößt man aber schnell auf rechtliche Hindernisse. Abgesehen von den Fragen – die hier nicht näher erörtert werden sollen –, ob Haushaltslage und Vergaberecht eine derart kostspielige Unterbringung hergeben, darf der Hotelbetreiber in aller Regel nicht in diesem Umfang über seine Zimmer verfügen.
Jedenfalls wenn der Hotelbetreiber Pächter des Grundstücks ist, dürfte die langfristige Überlassung einer Vielzahl an Zimmern an die Behörde die Begründung eines Unterpachtverhältnisses darstellen. Hierzu bedarf es aber in aller Regel der Zustimmung des Verpächters – also des Eigentümers.
Ferner dürfte es sich bei der Überlassung der Zimmer zur Unterbringung von Flüchtlingen um eine vertragswidrige Nutzung durch den Betreiber handeln. Üblicherweise vereinbaren Eigentümer und Betreiber insofern eine Pflicht des Betreibers, auf dem Grundstück ein Hotel zu betreiben und diesen Betrieb während der gesamten Vertragslaufzeit aufrecht zu erhalten.
Dass die Nutzung von Hotelzimmern als Flüchtlingsunterkünfte diesem Zweck widerspricht, sagt bereits das erste Gefühl. Dieses Gefühl trügt nicht. Es handelt sich um zwei strukturell völlig unterschiedliche Arten der Nutzung.
Die Nutzung eines Hotelzimmers ist auf Kurzfristigkeit angelegt, während Flüchtlinge langfristig untergebracht werden müssen. Der Hotelgast nutzt das Zimmer ferner freiwillig, während Flüchtlingen gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG von der Behörde eine (Gemeinschafts-) Unterkunft zugewiesen wird. Die einmal zugewiesene Nutzung dürfen Flüchtlinge nicht ohne weiteres wechseln. Um dies zu überwachen, müsste die Behörde aber das Hausrecht über die entsprechenden Zimmer erhalten. Dies wäre zweifellos wesentlich mehr, als der Hotelbetreiber seinen Gästen einräumt.
Fazit: Eigentümer kann ungewollte Nutzung des Hotels untersagen
Ohne den Eigentümer eines Hotelgrundstücks sollten Behörden keinen Deal zur dauerhaften Anmietung von Hotelbetten zur Unterbringung von Flüchtlingen schließen. Ist der Eigentümer nämlich nicht mit dieser Nutzung einverstanden, ist der nur mit dem Betreiber abgeschlossene Vertrag nichts wert.
Im Streitfall wird der Eigentümer im Wege einer einstweiligen Unterlassungsverfügung eine zweckfremde Nutzung des Hotels verhindern können. Im Einzelfall kann es natürlich im Interesse aller Beteiligten liegen, dass eine solche Umnutzung erfolgt. Allerdings dürfte dies nur der Fall sein, wenn das Hotel nicht rentabel geführt wird – und damit ein Ausnahmefall.
Eine andere Möglichkeit können leerstehende Immobilien sein. Sind Besitzer unkooperativ, bleibt die Möglichkeit der Beschlagnahme durch die Kommunen.