Der BGH hat Schriftformheilungsklauseln in Mietverträgen für unwirksam erklärt. Der Beitrag klärt auf, was die Immobilienwirtschaft nun beachten sollte.
Das Urteil des BGH vom 27. September 2017 (Az.: XII ZR 114/16) wurde bereits in einem vorangegangenen Beitrag ausführlich besprochen. Danach sind Schriftformheilungsklauseln generell unwirksam und können eine ordentliche Kündigung eines Mietvertrages unter Berufung auf einen Schriftformmangel (§ 550 BGB) nicht verhindern. Dies gilt unabhängig davon, ob sie als Allgemeine Geschäftsbedingungen oder individuell vereinbart wurden.
Die Einhaltung der vertraglich vereinbarten Laufzeit eines Mietvertrages ist in der Immobilienwirtschaft jedoch von größter Bedeutung. Für diesen Zeitraum kann ein Investor, der kraft Gesetzes in den Mietvertrag eintritt (§ 566 BGB), grundsätzlich mit sicheren Mieteinnahmen planen.
Ist ein Mietvertrag indes vorzeitig kündbar, wirkt sich dies negativ auf die Renditeerwartung und damit auch auf den Marktwert der Immobilie aus. Bei einer nicht allein eigenkapitalfinanzierten Transaktion ist ein Investor zudem häufig auf den erwarteten Cash-Flow angewiesen, um die eigenen Finanzierungskosten zu decken. Zu beachten ist außerdem, dass eine im Mietvertrag vereinbarte Wertsicherungsklausel durch einen Schriftformmangel unwirksam werden kann. Grund dafür ist, dass die nach § 3 Abs. 1 Preisklauselgesetz nötige Mindestvertragsbindung von zehn Jahren nicht mehr gesichert ist. Eine automatische Mietanpassung findet dann nicht mehr statt.
Natürlich ist grundsätzlich auch der Mieter an der Einhaltung der vereinbarten Laufzeit interessiert. Dies gilt umso mehr, wenn er erhebliche Investitionen in die Mieträume getätigt hat. In der Immobilienwirtschaft herrscht verständlicherweise Unsicherheit, wie das Thema Schriftform nun zu behandeln ist.
Schriftformheilungsklauseln in bestehenden Mietverträgen
Es stellt sich zunächst die Frage, wie mit bestehenden Mietverträgen umzugehen ist, die eine unwirksame Schriftformheilungsklausel enthalten. In der Regel ergibt sich hier jedoch kein Handlungsbedarf. Eine Schriftformheilungsklausel ist im Mietvertrag zumeist räumlich und sprachlich klar von weiteren Regelungen getrennt, so dass diese von der Unwirksamkeit einer solchen Klausel nicht berührt werden (sog. blue-pencil-test).
Etwas anderes folgt auch nicht aus § 139 BGB. Danach ist ein Vertrag insgesamt nichtig, wenn anzunehmen ist, dass er ohne die nichtige Regelung nicht geschlossen worden wäre. Man wird aber grundsätzlich davon ausgehen können, dass die Geltung einer Schriftformheilungsklausel für die Parteien eines Mietvertrages nicht von derart entscheidender Bedeutung ist. Dies wäre zudem meist von der Partei zu beweisen, die sich auf die Nichtigkeit des Vertrages beruft, da die von § 139 BGB vorgesehene Beweislastverteilung durch eine im Mietvertrag regelmäßig enthaltene salvatorische Klausel umgekehrt wird.
Vorsicht beim Abschluss neuer Mietverträge
Beim Abschluss neuer Mietverträge und auch bei Nachträgen ist nun noch sorgfältiger auf die Einhaltung der Schriftform zu achten. Besondere Aufmerksamkeit sollte dabei auf die genaue Bezeichnung des Mietgegenstandes, die korrekte Unterzeichnung der Verträge und die ausreichende Bezugnahme auf vorangegangene Verträge gelegt werden. Hier werden besonders häufig Schriftformverstöße begründet.
Ob künftig auf Schriftformheilungsklauseln in neuen Mietverträgen verzichtet werden sollte, ist eine Frage des Einzelfalles. Wir raten eher dazu, diese nicht mehr zu verwenden, da kein Zweifel an deren Unwirksamkeit besteht. Andererseits sind sie auch nicht schädlich, wenn sie im Vertrag so gefasst werden, dass andere Klauseln von deren Unwirksamkeit nicht infiziert werden.
Schriftformmangel im laufenden Mietverhältnis kann durch Nachtrag geheilt werden
Wurde im laufenden Mietverhältnis ein Schriftformverstoß bekannt, konnte bislang die Heilung durch einen schriftformkonformen Nachtrag gemäß der Schriftformheilungsklausel verlangt werden. Diese Verpflichtung ist nach der jüngsten Rechtsprechung aber ebenfalls unwirksam. Es besteht damit zunächst auch kein Grund, den Vertragspartner von dem entdeckten Schriftformmangel in Kenntnis zu setzen. Dies sollte auch dann vermieden werden, wenn man sicher ist, dass der Vertragspartner den Schriftformverstoß nicht für eine vorzeitige Vertragsbeendigung nutzen würde.
Die Praxis zeigt, dass sich vor allem Mieter im Gegenzug für ihre Mitwirkung an der Heilung eines Schriftformverstoßes gerne vertragliche Vorteile gewähren lassen. Die durch den Schriftformverstoß eröffnete Möglichkeit der ordentlichen Kündigung wird dabei selbst dann als Druckmittel genutzt, wenn tatsächlich kein Interesse an einer vorzeitigen Vertragsbeendigung besteht.
Im Idealfall sollte ein Schriftformverstoß daher beiläufig in einem abzuschließenden Nachtrag geheilt werden. Es empfiehlt sich folglich, einen anderen Grund als den Schriftformverstoß zum Anlass eines Nachtrages zu nehmen. In Betracht kommt zum Beispiel eine ohnehin anstehende Mietanpassung oder Optionsausübung. Auch wenn dies einen schriftlichen Nachtrag nicht zwingend erfordert, ist der Vertragspartner häufig bereit, sicherheitshalber oder zur bloßen Klarstellung eine schriftformkonforme Vereinbarung zu treffen.
Denkbar ist auch ein ohnehin bekannter Wunsch des Mieters, wie zum Beispiel nach Anmietung weiterer Stellplätze oder Lagerflächen. Hat der Vermieter die entsprechenden Möglichkeiten, lässt sich auch ein solcher Umstand nutzen, um mit dem Wunsch eines Nachtrags an den Mieter heranzutreten.
Zurückweisung einer ordentlichen Kündigung wegen Treuwidrigkeit
Sollte es tatsächlich zu einer ordentlichen Kündigung unter Berufung auf einen Schriftformverstoß kommen, bleibt als rettender Anker nur deren Zurückweisung wegen Treuwidrigkeit. Dies kommt nach der Rechtsprechung des BGH aber nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen in Betracht: zum Beispiel, wenn der kündigende Vertragspartner den anderen schuldhaft von der Einhaltung der Schriftform abgehalten hat oder wenn bei Formnichtigkeit die Existenz einer Vertragspartei bedroht wäre (BGH, Urteil v. 30. April 2014 – XII ZR 146/12). Die größte praktische Bedeutung erlangt wohl der Fall, dass eine Partei eine nachträglich getroffene Abrede – die lediglich dieser Partei vorteilhaft ist – zur Kündigung nutzt, weil sie der Schriftform nicht genügt. Auch in diesem Fall ist die Kündigung wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben unwirksam, wie der BGH in dem eingangs zitierten Urteil erneut entschieden hat.