Kurzfristige Änderungen in Sanktionsregimen und stetige Ausweitung staatlicher Kontrollen im Außenhandel erschweren das Compliance-Management.
In Zeiten geopolitischer Spannungen, Handelskriegen sowie dem Kampf um Technologievorherrschaft geraten immer mehr außenwirtschaftlicher Tätigkeiten in den Fokus staatlicher Kontrolle. Genehmigungserfordernisse, Verbote, Meldepflichten, verpflichtende Prüfungen von Geschäftspartnern sowie due diligence-Vertragsklauseln müssen beachtet werden. Für Unternehmen ist dies herausfordernd, zumal sich die zugrundeliegenden Regelungen oft kurzfristig ändern und nicht immer klar formuliert sind.
Zunehmend Ressourcen binden dabei auch die ständigen Anpassungen der unternehmensinternen Compliance-Programme an eine sich dynamisch entwickelnde Rechtslage und an Änderungen in der Bewertung länderspezifischer Risiken. Zu berücksichtigen sind hierbei potentiell illegale Beschaffungsbemühungen anderer Marktteilnehmer und das Bemühen nicht in Umgehungsstrategien Dritter verwickelt zu werden. Dies gilt besonders für multinationale Unternehmen mit komplexen, grenzüberschreitenden Lieferketten.
Unsere neue CMS Blog-Serie „Compliance Außenwirtschaft” widmet sich den immer neuen Compliance-Herausforderungen aus rechtlicher Perspektive.
Eine globale, strategische Risikoanalyse kann von Vorteil sein
Gerade große, multinationale Unternehmen mit komplexen, grenzüberschreitenden Lieferketten organisieren ihre Außenwirtschafts-Compliance auch global oder EU-weit, um die verschiedenen Rechtsrisiken richtig zu erfassen. Gerade in den Bereichen des Sanktionsrechts und dem Recht der Exportkontrolle kann es nämlich zu Überlagerungen und auch Konflikten verschiedener Rechtsordnungen kommen, die nicht immer vollständig aufgelöst werden können.
Wer sich nur an den Regelungen seiner Heimatjurisdiktion orientiert, droht inzwischen den Zugang zu bestimmten Endkunden oder -märkten zu verlieren, schlicht weil dort erforderliche Nachweise über Geschäftspartner oder Vorprodukte unproblematischen Ursprungs nicht erbracht werden können. Dies führt zu intensiveren Ermittlungen in Bezug auf die eigene Lieferkette, die einstweilen über das lokal erforderliche Maß hinausgehen. Auf der anderen Seite sind die Beschränkungen noch relativ fokussiert auf bestimmte Branchen und Technologien, was eine branchen- und länderbezogenen Risikoanalyse erlaubt. Jedenfalls wichtig ist, nicht nur die aktuellen Rechtsentwicklungen, sondern auch die globale außenpolitische Lage für die Compliance-Risikoanalyse im Blick zu behalten.
Bevorstehende Ausweitungen der Exportkontrolle
Die letzten Erweiterungen der Exportkontrolle im Dual-Use-Bereich wurden vor allem von der Kontrolle informationstechnischer Güter sowie dem Menschenrechtsschutz geprägt. Schon insoweit wurde die Kontrolle des inhärenten Missbrauchspotentials bestimmter neuer Technologien in Bezug auf menschenrechtswidrige Verwendungen insbesondere für die digitale Überwachung als exportkontrollrechtliche Zielsetzung aufgenommen.
Neben den Gefahren, die von sog. Emerging Technologies wie Künstlicher Intelligenz (AI) oder Biotechnologie ausgehen, gewinnen auch Fragen der Cyber- und Versorgungssicherheit in Bezug auf kritische Rohstoffe, Technologien und Infrastrukturen an Bedeutung in der rechts- und sicherheitspolitischen Diskussion. Insofern ist auch mit Erweiterungen der Exportkontrolle zu rechnen, unter Umständen – da Technologietransfers immer mehr in den Fokus rücken – sogar durch Ergänzung neuer Instrumente wie des sog. “outbound investment screening.”
Die bevorstehenden Ausweitungen werden wegen ihres Technologiebezugs mutmaßlich über eine erweitere Kontrolle des Warenverkehrs hinaus vielmehr auch den digitalen Handel und den Dienstleistungssektor sowie Forschungsabteilungen und -einrichtungen betreffen. Gerade für die Compliance-Abteilungen von Hochtechnologieunternehmen wird daher wichtiger denn je, auch die eigenen Forschungs- und Entwicklungsabteilungen sowie Kooperationen in die Risikoanalyse miteinzubeziehen.
Sanktionen und Embargos – nicht nur bei Russland- und Iranbezug relevant
Seit des russischen Angriffskrieges in der Ukraine haben außer der EU eine Vielzahl von anderen Rechtsordnungen einschließlich Australien, Japan, Kanada, UK, USA, die Schweiz und Singapur Sanktionen gegenüber Russland verhängt oder bestehende Sanktionen verschärft. Diese richten sich gegen bestimmte gelistete Personen, beschränken den Waren- und Dienstleistungsverkehr und betreffen, da sie oft auch „mittelbar” gelten, zunehmend auch den Geschäftsverkehr mit selbst nicht sanktionierten Staaten oder Personen.
Compliance-Abteilungen müssen also immer mehr Geschäftsvorgänge und -partner “screenen” und vertraglich Vorsorge treffen. Hierbei sind über die Sanktionen gegen Russland hinaus eine Vielzahl weiterer Sanktionsregime zu berücksichtigen, wobei allein die EU aktuell gegenüber 33 Staaten Sanktionen erlassen und zusätzlich mittels sog. „Thematischer Sanktionen” Finanzsanktionen gegenüber Individuen aufgrund von Menschenrechtsverletzungen oder Cyberangriffen verhängt hat. Herausfordernd ist hierbei, auch die nationalen Eigenheiten der Umsetzung im Blick zu behalten.
Regelmäßige Anpassungen der Internen Compliance sind erforderlich
Die teils sehr kurzfristigen Änderungen im Außenwirtschaftsrecht zwingen Unternehmen immer wieder zu Anpassungen der eigenen Compliance-Prozesse und -Organisation. Mit unseren neuen Blog-Serie widmen wir uns – beginnend mit diesem Beitrag – hierfür relevanten und aktuellen Themen.