Eine grenzüberschreitende Verschmelzung von Unternehmen führt häufig auf verschiedenen Ebenen zu arbeitsrechtlichen Implikationen.
Geht es um die arbeitsrechtlichen Implikationen einer grenzüberschreitenden Verschmelzung von Unternehmen, stehen zumeist die (unternehmens-) mitbestimmungsrechtlichen Aspekte und die Beteiligung der Arbeitnehmer im Fokus. Die Planung einer solchen Transaktion darf sich in arbeitsrechtlicher Hinsicht aber nicht darauf beschränken. Da eine grenzüberschreitende Verschmelzung typischerweise nicht isoliert erfolgt, sondern Teil einer umfassenden Umstrukturierung ist, sind weitere arbeitsrechtliche Aspekte zu berücksichtigen.
Angaben in Verschmelzungsplan und Verschmelzungsbericht
Zunächst sind die „klassischen“ Informationspflichten in den Transaktionsdokumenten zu beachten und zu erfüllen. Sowohl im Verschmelzungsplan als auch im Verschmelzungsbericht – sofern ein solcher erstellt werden muss (§ 309 Abs. 6 S. 4 UmwG) – sind arbeitsrechtliche Angaben zu machen.
Teil des Verschmelzungsplans sind insbesondere Angaben über die voraussichtlichen Auswirkungen der Verschmelzung auf die Beschäftigung (§ 307 Abs. 2 Nr. 4 UmwG), gegebenenfalls Angaben zu dem Arbeitnehmerbeteiligungsverfahren, also dem Verfahren, nach dem die Einzelheiten über die Beteiligung der Arbeitnehmer an der Festlegung ihrer Mitbestimmungsrechte in der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft geregelt werden (§ 307 Abs. 2 Nr. 10 UmwG), sowie Informationen über die Auswirkungen der grenzüberschreitenden Verschmelzung auf Betriebsrenten und Betriebsrentenanwartschaften (§ 307 Abs. 2 Nr. 16 UmwG).
Im Verschmelzungsbericht sind die folgenden Gesichtspunkte zu erläutern und zu begründen (§ 309 Abs. 5 UmwG): die Auswirkungen der grenzüberschreitenden Verschmelzung auf die Arbeitsverhältnisse sowie gegebenenfalls die Maßnahmen, um diese Arbeitsverhältnisse zu sichern, die wesentlichen Änderungen der anwendbaren Beschäftigungsbedingungen oder der Standorte der Niederlassungen der Gesellschaft sowie die Auswirkungen auf etwaige Tochtergesellschaften der an der grenzüberschreitenden Verschmelzung beteiligten Gesellschaft.
Der Verschmelzungsbericht ist dem Betriebsrat bzw. den Arbeitnehmern (wenn es keinen Betriebsrat gibt) spätestens sechs Wochen vor der Versammlung der Anteilseigner elektronisch zugänglich zu machen. Für den Verschmelzungsplan gilt dies – anders als bei rein nationalen Verschmelzungen – nur dann, wenn er oder sein Entwurf zu diesem Zeitpunkt bereits vorliegt (vgl. § 310 Abs. 1 UmwG). In der Praxis ist dies typischerweise der Fall, so dass die gesetzliche Ausnahme in der Praxis die Regel ist.
Weitere arbeitsrechtliche Pflichten
Die Erfüllung der umwandlungsrechtlichen Pflichten ist allerdings nur eine Seite der Medaille. Die allgemeinen Informations- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats sowie des ihn beratenden Wirtschaftsausschusses werden hierdurch ebenso wenig beschränkt wie die Rechte der betroffenen Arbeitnehmer. Es ist also stets eigenständig zu prüfen, ob die jeweiligen Voraussetzungen vorliegen.
Anmerkung: Durch die Erfüllung der umwandlungsrechtlichen Angaben werden weder individuelle Rechte der Arbeitnehmer noch die Rechte des Betriebsrats sowie des Wirtschaftsausschusses eingeschränkt oder verdrängt.
Keine Besonderheiten bei der betrieblichen Mitbestimmung
Für die Beantwortung der Frage, welche Rechte des Betriebsrats bestehen, ist von entscheidender Bedeutung, ob es im Zusammenhang mit der grenzüberschreitenden Verschmelzung auch zu einer interessensausgleichs- und sozialplanpflichtigen Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG kommt oder nicht. Zwingend ist das nämlich nicht. Denn die Verschmelzung von Unternehmen ist ein (gesellschafts-) rechtlicher Vorgang, während eine Betriebsänderung eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse eines Betriebs voraussetzt. Änderungen auf der betrieblichen Ebene sind im Zusammenhang mit einer grenzüberschreitenden Verschmelzung aber häufig anzutreffen.
Anmerkung: Es ist daher stets zu klären, ob es im Zusammenhang mit der (grenzüberschreitenden) Verschmelzung auch zu einer Veränderung auf der betrieblichen Ebene kommen soll.
Unterrichtung des Wirtschaftsausschusses und des Europäischen Betriebsrates
Wenn etwa eine deutsche Gesellschaft mit einem Betrieb in Deutschland auf eine französische Gesellschaft verschmolzen wird, ohne dass sich in Bezug auf den deutschen Betrieb etwas ändert, und der Betrieb in Deutschland verbleibt, liegt keine Betriebsänderung vor. Dies bedeutet aber nicht, dass es keinerlei betriebsverfassungsrechtliche Pflichten gibt. Ist bei dem deutschen Unternehmen, das verschmolzen wird, ein Wirtschaftsausschuss gebildet, muss dieser über die bevorstehende Verschmelzung unterrichtet werden, da es sich bei einer Verschmelzung um einen Zusammenschluss von Unternehmen im Sinne von § 106 Abs. 3 Nr. 8 BetrVG handelt. Die Unterrichtung muss rechtzeitig erfolgen. Dies bedeutet, dass eine Unterrichtung des Wirtschaftsausschusses erfolgen muss, wenn sich die Planungen so konkretisiert haben, dass das Unternehmen im Prinzip zu der Verschmelzung entschlossen ist. Ist kein Wirtschaftsausschuss gebildet, „entfällt“ diese Unterrichtungspflicht. Insoweit gibt es keine „Ersatzzuständigkeit“ etwa des Betriebsrats.
Soweit vorhanden, ist in der Regel zudem der Europäische Betriebsrat zu unterrichten und anzuhören (vgl. § 29 Abs. 2 Nr. 8 EBRG zum Europäischen Betriebsrat kraft Gesetzes).
Interessenausgleich und Sozialplan bei Betriebsänderung
Betriebsänderungen sind unter verschiedenen Gesichtspunkten denkbar (vgl. § 111 S. 3 BetrVG). Eine Betriebsänderung liegt auch dann vor, wenn es im Zusammenhang mit der grenzüberschreitenden Verschmelzung zu einem Personalabbau in dem Betrieb in Deutschland kommt, dessen Umfang die Schwellenwerte des § 17 Abs. 1 KSchG erreicht. Dies wäre eine Betriebsänderung in der Form der Betriebseinschränkung (§ 111 S. 3 Nr. 1 BetrVG).
Nach den allgemeinen Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes ist der Betriebsrat bezüglich der geplanten Betriebsänderung rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplante Maßnahme mit dem Betriebsrat zu beraten (§ 111 S. 1 BetrVG). Zudem ist mit dem Betriebsrat über einen Interessenausgleich und Sozialplan zu verhandeln. Insoweit gelten keine Besonderheiten.
Anmerkung: Zu beachten ist aber, dass aufgrund des Territorialitätsprinzips die Regelungen der deutschen Betriebsverfassung nur gelten, wenn die Betriebsänderung (auch) in Deutschland durchgeführt wird. Die Beteiligung der Arbeitnehmer und ihrer Vertretungen im Ausland richtet sich hingegen nach dem jeweiligen ausländischen Recht.
Grenzüberschreitender Betriebsübergang
Eine Verschmelzung führt für die Arbeitnehmer des zu verschmelzenden Unternehmens grundsätzlich zu einem Arbeitgeberwechsel. Nicht notwendig kommt es aber auch zu einem grenzüberschreitenden Betriebsübergang im Sinne des § 613a BGB bzw. der zugrunde liegenden EU-Richtlinie und der sie umsetzenden Vorschriften anderer europäischer Länder. Die Frage, nach welcher Rechtsordnung sich die Anforderungen und Folgen eines solchen Betriebsübergangs richten, ist nach den Regeln des sog. internationalen Privatrechts zu beantworten.
Beispiel 1: Betriebsort und Arbeitsort bleiben in Deutschland
Wird ein deutsches Unternehmen mit einem Betrieb in Deutschland auf ein österreichisches Unternehmen verschmolzen und bleibt der Betrieb in Deutschland bestehen, gelten für den Betriebsübergang im Regelfall keine Besonderheiten. Denn hier ändert sich an dem Ort, an dem sich der Betrieb befindet, nichts. Der gewöhnliche Arbeitsort der Arbeitnehmer ist weiterhin in Deutschland. Aus arbeitsrechtlicher Sicht handelt es sich um einen „nationalen Betriebsübergang“, für den § 613a BGB gilt. Dies wird auch durch den Verweis in §§ 305 Abs. 2, 35a Abs. 2 UmwG bestätigt.
Beispiel 2: Betriebsort und Arbeitsort werden ins Ausland verlagert
Besondere Beachtung erfordert dagegen der Fall, dass mit der grenzüberschreitenden Verschmelzung auch eine Betriebsverlagerung ins Ausland einher geht. Wandelt man das obige Beispiel entsprechend ab, dass der deutsche Betrieb im Rahmen der Verschmelzung wenige Kilometer „über die Grenze“ nach Österreich verlagert wird, ist die Anwendbarkeit von § 613a BGB besonders zu prüfen. Das Bundesarbeitsgericht geht davon aus, dass § 613a BGB auch bei Betriebsübergängen mit örtlicher Verlagerung ins Ausland grundsätzlich anwendbar ist (vgl. Urteil vom 26.05.2011 − 8 AZR 37/10).
Die Frage des anzuwendenden Rechts ist bei grenzüberschreitenden Sachverhalten nach den Regelungen des internationalen Privatrechts zu beantworten. Sachgerechte Lösungen sind über das sog. Arbeitsvertragsstatut des Art. 8 der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates der Europäischen Union (Rom I-VO) zu erreichen. Verrichtet der Arbeitnehmer vor der Verschmelzung seine Arbeit gewöhnlich in dem Betrieb in Deutschland, gilt danach für das Arbeitsverhältnis bis zum Betriebsübergang auch deutsches Recht (was § 613a BGB einschließt). Nach einem Betriebsübergang in das Ausland kann sich das Vertragsstatut von Arbeitsverträgen, in denen keine Rechtswahl vereinbart worden ist, ändern, wenn die Arbeitsleistung künftig gewöhnlich im Ausland (bspw. in Österreich) erbracht wird. Die Änderung des Arbeitsvertragsstatuts tritt aber erst nach dem Übergang des Arbeitsverhältnisses auf den Erwerber ein.
Es ist in solchen Fällen daher stets nach den allgemeinen Voraussetzungen der Rechtsprechung zu prüfen, ob ein Betriebsübergang tatbestandlich gegeben ist.
Typischerweise stellt sich bei einer Verlagerung ins Ausland die Frage, ob nicht bereits aufgrund der Entfernung zwischen alter und neuer Betriebsstätte die „Identität“ des Betriebes bzw. der wirtschaftlichen Einheit entfällt mit der Folge, dass ein Betriebsübergang ausscheiden muss. Das BAG hat in der vorgenannten Entscheidung und weiteren Parallelentscheidungen ausgeführt, dass jedenfalls eine erhebliche räumliche Entfernung zwischen der alten und der neuen Betriebsstätte das Vorliegen eines Betriebsübergangs zweifelhaft erscheinen lasse.
Exakte Kilometergrenzen gibt es nicht. Der Einzelfall ist maßgeblich. Eine erhebliche räumliche Entfernung wird jedenfalls noch nicht vorliegen, wenn der Betrieb – wie im vorstehenden Beispiel – wenige Kilometer „über die Grenze“ verlagert wird und diese Strecke in kurzer Zeit zu absolvieren ist.
Liegt ein Betriebsübergang vor, müssen die betroffenen Arbeitnehmer – wie sonst auch – in Textform unterrichtet werden (§ 613a Abs. 5 BGB). Da der übertragende Rechtsträger im Fall der Verschmelzung erlischt, kommt den betroffenen Arbeitnehmern kein Widerspruchsrecht gemäß § 613a Abs. 6 BGB zu, sondern – wie bei rein nationalen Verschmelzungen auch – stattdessen das Recht zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Die Kündigung ist innerhalb von zwei Wochen ab Kenntnis des Erlöschens des übertragenden Rechtsträgers zu erklären (§ 626 Abs. 2 BGB).). Kommt es nicht zu einer solchen Kündigung, gehen die Arbeitsverhältnisse auf den ausländischen Betriebserwerber, also den übernehmenden Rechtsträger, über.
Auswirkungen auf Betriebsvereinbarungen und tarifliche Regelungen sorgfältig prüfen
Schwierige Fragen können sich bei einem grenzüberschreitenden Betriebsübergang bezüglich der kollektivrechtlichen Folgen ergeben. Eine kollektivrechtliche Fortgeltung von Betriebsvereinbarungen gibt es nach einer Betriebsverlagerung ins Ausland aufgrund des Territorialitätsprinzips des deutschen Betriebsverfassungsrechts nicht. Gleiches wird im Ergebnis für Tarifverträge gelten. Nach einer Verlagerung ins Ausland wird schon der räumliche Geltungsbereich der vormals geltenden Tarifverträge in der Regel nicht (mehr) eröffnet sein.
Dementsprechend kann es zu einer Transformation der Regelungen aus Betriebsvereinbarungen und Tarifverträgen in die Arbeitsverträge der übergehenden Arbeitnehmer kommen, wo sie als Bestandteil der Arbeitsverträge fortgelten (§ 613a Abs. 1 S. 2 BGB). Das ist der Fall, soweit die Rechte und Pflichten bei dem Erwerber nicht durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden, die die beim übertragenden Rechtsträger geltenden Regelungen ablösen (§ 613a Abs. 1 S. 3 BGB). Ob es dazu kommt, kann im Einzelfall schwierig zu beurteilen sein.
Bei einem grenzüberschreitenden Betriebsübergang hängt die Ablösung auch davon ab, ob die ausländische Kollektivvereinbarung auf Betriebsebene funktionell einer Betriebsvereinbarung nach § 77 BetrVG oder einem Tarifvertrag nach § 4 Abs. 1 TVG vergleichbar ist. Insofern dürften z. B. Betriebsvereinbarungen nach österreichischem Recht ablösend wirken, weil sie – als Kollektivverträge einer betrieblichen Arbeitnehmervertretung – ebenfalls unmittelbar und zwingend auf die Arbeitsverhältnisse einwirken.
Darüber hinaus ist auf tarifliche Bezugnahmeklauseln in den Arbeitsverträgen der Arbeitnehmer besonderes Augenmerk zu legen.
Versetzung ins Ausland
Auch mit Blick auf das örtliche Weisungsrecht des Arbeitgebers gibt es bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen einiges zu beachten.
Wird etwa ein deutsches Unternehmen mit einem Betrieb in Deutschland auf ein österreichisches Unternehmen verschmolzen und bleibt der Betrieb in Deutschland bestehen, stellt sich die Frage, ob der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer nach Österreich versetzen könnte, wenn er deren Arbeitskraft dort benötigt.
Nach der Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 30.11.2022, 5 AZR 336/21) ist eine Versetzung ins Ausland grundsätzlich möglich, sofern nicht im Arbeitsvertrag ausdrücklich oder den Umständen nach konkludent etwas anderes vereinbart worden ist.
Anmerkung: Das allgemeine Weisungsrecht des Arbeitgebers ist nicht per se auf das Territorium der Bundesrepublik Deutschland beschränkt, sondern kann sich auch auf ausländische Standorte erstrecken.
Die Ausübung des Weisungsrechts muss sich jedoch stets – wie in § 106 S. 1 GewO vorgesehen – in den Grenzen billigen Ermessens halten, wobei insoweit vor allem die Auswirkungen der Versetzung auf die private Lebensführung des Arbeitnehmers zu berücksichtigen sind. So dürfte eine Versetzung in einen im nahen Ausland gelegenen Betrieb (z.B. von Berchtesgaden ins 20 km entfernte Salzburg) deutlich weniger einschneidend für Arbeitnehmer und demnach eher vom Weisungsrecht gedeckt sein als etwa eine inländische Versetzung von München nach Hamburg.
Versetzung ins Homeoffice
Geht mit der grenzüberschreitenden Verschmelzung eine Betriebsverlagerung ins Ausland einher, stellt sich darüber hinaus die Frage, ob Arbeitgeber aufgrund ihres Weisungsrechts dazu berechtigt sind, die in Deutschland verbleibenden Arbeitnehmer dauerhaft ins Homeoffice zu versetzen. Wie im Falle rein nationaler Sachverhalte auch ist eine Versetzung ins Homeoffice jedenfalls dann zulässig, wenn dem Arbeitgeber vertraglich ein entsprechendes Recht eingeräumt ist. Besteht eine solche vertragliche Grundlage jedoch – wie so oft – nicht, ist die Wirksamkeit einer einseitigen Versetzung ins Homeoffice am Maßstab des § 106 S. 1 GewO zu prüfen. Um wirksam zu sein, muss die Versetzung daher insbesondere billigem Ermessen entsprechen.
Grundsätzlich liegt die einseitige Versetzung ins Homeoffice nicht mehr innerhalb der Grenzen billigen Ermessens und ist damit nicht vom Weisungsrecht des Arbeitgebers gedeckt. Das gilt für Versetzungen innerhalb und außerhalb Deutschlands gleichermaßen. Denn es steht dem Arbeitgeber nicht zu, über den grundgesetzlich geschützten Wohnbereich seiner Arbeitnehmer zu verfügen und dessen Nutzung für betriebliche Zwecke einseitig anzuordnen. Im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung ist zudem zu berücksichtigen, dass eine Homeoffice-Tätigkeit üblicherweise nicht mit einer Tätigkeit in einer Betriebsstätte vergleichbar ist. So verlieren Arbeitnehmer etwa den unmittelbaren Kontakt zu ihren Kollegen und die Möglichkeit des persönlichen Austausches wird erschwert. Zudem führt die Tätigkeit im Homeoffice zu einer von vielen Arbeitnehmern gerade nicht gewünschten Aufweichung der Grenzen zwischen Beruflichem und Privatem. Vor diesem Hintergrund kann die Arbeit im Homeoffice gegen den Willen des Arbeitnehmers – selbst im Falle einer Betriebsschließung – also grundsätzlich nicht angeordnet werden (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14.11.2018, Az. 17 Sa 562/18).
Allenfalls in besonderen Ausnahmefällen wie etwa bei einer ernsthaften Gefahrensituation für die Belegschaft könnte die einseitige – jedoch nur vorübergehende – Anordnung von Homeoffice gerechtfertigt sein. Dies allerdings auch nur, wenn die Tätigkeit im Homeoffice für den Arbeitnehmer im Einzelfall aufgrund seiner persönlichen und familiären Verhältnisse, insbesondere der Wohnsituation, zumutbar ist.
Aus denselben Gründen ist die einseitige Anordnung von Homeoffice im Wege einer Betriebsvereinbarung – aus rechtlicher Sicht – in der Regel ebenfalls unzulässig. Denn die Betriebsparteien sind beim Abschluss von Betriebsvereinbarungen an Recht und Billigkeit gebunden. Hiermit dürfte der mit der einseitigen Anordnung einhergehende Eingriff in die Privatsphäre der Arbeitnehmer – aus den dargestellten Erwägungen – regelmäßig nicht vereinbar sein. Nichtsdestotrotz erhöht eine Betriebsvereinbarung die Akzeptanz in der Belegschaft und führt damit letztlich häufig zum gewünschten Ergebnis.
Sozialversicherungs – und steuerrechtliche Aspekte
In sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht gilt innerhalb der Europäischen Union das Territorialitätsprinzip. Danach sind Beschäftigte grundsätzlich in dem Staat versichert, in dem sie ihre Beschäftigung ausüben (Art. 11 Abs. 3 lit. a der VO (EG) 883/2004). Für in Deutschland tätige Arbeitnehmer hat es somit keine sozialversicherungsrechtlichen Auswirkungen, wenn eine grenzüberschreitende Verschmelzung stattfindet, sofern sie ihre Arbeitsleistung weiterhin in Deutschland erbringen.
Entschließen sich Arbeitnehmer hingegen dazu, ihre Arbeitsleistung aus dem Ausland zu erbringen, werden diese grundsätzlich auch im Ausland sozialversicherungspflichtig. Ein Verbleib im deutschen Sozialversicherungssystem ist nur in begrenzten Ausnahmefällen – etwa im Falle einer Mitarbeiterentsendung – möglich.
Neben sozialversicherungsrechtlichen Aspekten gilt es auch die steuerliche Situation im Blick zu behalten. Denn eine grenzüberschreitende Tätigkeit kann – je nach Einzelfall – dazu führen, dass Lohnsteuer im Ausland abzuführen ist. Um steuerliche Nachteile zu vermeiden, sollten Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich somit frühzeitig über etwaige steuerrechtliche Auswirkungen informieren. Das gilt auch für die Unternehmensbesteuerung. Hier kann es bspw. durch die Tätigkeit von Führungskräften oder Vertriebsmitarbeitern zu einer unerwünschten Steuerpflicht in einem anderen Land als dem des Sitzes der Gesellschaft kommen.
Zahlreiche arbeitsrechtliche Aspekte auch jenseits der Unternehmensmitbestimmung relevant
Für das Gelingen einer grenzüberschreitenden Verschmelzung sind auch zahlreiche arbeitsrechtliche Aspekte im Blick zu behalten. Neben Fragen der Unternehmensmitbestimmung und diesbezüglichen Beteiligung der Arbeitnehmer sind dies vor allem Fragen der betrieblichen Mitbestimmung und des grenzüberschreitenden Betriebsübergangs, der Versetzung ins Ausland oder Homeoffice und steuer- und sozialversicherungsrechtliche Aspekte. Die frühzeitige Einbindung von arbeitsrechtlicher Expertise – sei es intern oder auf Beraterseite – ist daher entscheidend für den Erfolg.
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