Die neue Koalition will Datennutzung fördern und Datenteilen zur Norm machen – wir zeigen, was geplant ist.
Der Ton ist schon durch die Umbenennung der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) gesetzt: Der neue Titel der BfDI soll alsbald lauten „Bundesbeauftragte für Datennutzung, Datenschutz und Informationsfreiheit″. Nicht nur Datenschutz, sondern auch Datennutzung steht also ganz oben auf der Agenda. Entsprechend der Vorgaben aus der EU, die einen europäischen Binnenmarkt für Daten schaffen und diese einer umfassenden Nutzung zugänglich machen möchte, plant die schwarz-rote Koalition in Deutschland für die 21. Legislaturperiode Maßnahmen zur Erleichterung der Datennutzung. Insbesondere auch durch die Privatwirtschaft, Forschung und Start-ups, möchte die Koalition Datenschätze heben und Deutschland u.a. damit auf die „digitale Überholspur″ bringen.

Zwischen Datenschutz und Datenwirtschaftsrecht
Der Koalitionsvertrag nennt die Schlüsseltechnologie Künstliche Intelligenz (KI) und Daten als wesentliche Faktoren für das Wirtschaftswachstum von morgen. Ziel ist, Deutschland als Digitalstandort zu stärken, das digitale Ökosystem weiterzuentwickeln und den Zugang zu Daten zu verbessern. Die neue Regierung möchte erreichen, dass eine „Kultur der Datennutzung und des Datenteilens″ unter gleichzeitiger Wahrung von Innovation und Grundrechten entsteht. Dabei kündigt der Koalitionsvertrag an, unter Erhaltung der Datensouveränität Datenschätze zu heben und -ökosysteme zu fördern.
Im Wesentlichen zielen diese Maßnahmen damit auf die Schaffung eines Datenwirtschaftsrechts ab, das den Rechtsnahmen für die bessere Nutzung von Daten schafft. Durch die Schaffung des neuen Bundesministeriums für Digitalisierung und Staatsmodernisierung, sowie die Benennung des Themas „Digitale Wirtschaft″ als zentrales Handlungsfeld wird erneut deutlich, dass die Bundesregierung gezielt den Aufbau und die Förderung einer datengetriebenen Wirtschaft vorantreibt. Die auf der Website des Ministeriums dargelegte strategische Ausrichtung unterstreicht, dass Daten nicht nur als technologische Ressource, sondern als wesentlicher Wirtschaftsfaktor betrachtet werden (Digitale Wirtschaft – Ministerium für Digitales und Staatsmodernisierung). Die gezielte Ansprache der digitalen Wirtschaft verdeutlicht dabei, dass der Fokus auf der Nutzung und Wertschöpfung von Daten liegt – sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor.
Auch auf europäischer Ebene wird der gesetzliche Rahmen neu gesetzt: Mit dem EU Data Act, ab dem 12. September 2025 anwendbar ist, will die Europäische Union den Zugang zu nicht-personenbezogenen Daten neu strukturieren und den fairen Datenaustausch zwischen Unternehmen, Nutzern und öffentlichen Einrichtungen gewährleisten. Der Data Act ist Teil der europäischen Datenstrategie und wird maßgeblich mitbestimmen, wie Datennutzung künftig rechtlich ausgestaltet ist – auch in Deutschland. Nationale Initiativen, wie sie der Koalitionsvertrag vorsieht, werden sich an diesem neuen Ordnungsrahmen orientieren müssen.
Dazu werden auch gesetzgeberische Maßnahmen in Aussicht gestellt: Für Regelwerke, bei denen es sachgemäß erscheint, diese in einem Datengesetzbuch zusammenzufassen, soll für diese Ziele eine Grundlage geschaffen werden. Zudem möchte die neue Regierung eine interessengerechte und moderne Regelung für Mobilitäts-, Gesundheits- und Forschungsdaten schaffen. Die neue Regierung verpflichtet sich dem Grundsatz „public money, public data″ und zudem dazu, durch Datentreuhänder Vertrauen in das Management von Daten sowie eine hohe Datenqualität zu gewährleisten.
Zwischen Datenschutz und innovativen Datennutzungskonzepten gilt es, eine Balance zu finden. Für den Datenschutz sind insb. Maßnahmen zur Entbürokratisierung im Koalitionsvertrag vorgesehen.
Weitere Maßnahmen zur Datennutzung im Koalitionsvertrag
Neben den bereits skizzierten Leitprojekten zur Stärkung einer datenbasierten Innovationskultur nennt der Koalitionsvertrag eine Reihe weiterer Maßnahmen, die auf eine umfassendere Nutzung und bessere Verfügbarkeit von Daten in verschiedenen Sektoren abzielen. Dabei wird deutlich: Die Koalition sieht Datennutzung nicht länger nur als technisches oder juristisches Thema, sondern als struktur- und standortpolitisches Instrument. Die folgenden Vorhaben konkretisieren diesen Anspruch in verschiedenen Feldern:
- Forschungsdatengesetz: Die Koalition plant die Vorlage eines Forschungsdatengesetzes noch im Jahr 2025, um die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Zugang zu und die Nachnutzung von Forschungsdaten zu verbessern. Diese Maßnahme ist Teil des geplanten Innovationsfreiheitsgesetzes, das unter anderem auf die Erleichterung der Datennutzung im Bereich der Forschung abzielt.
- Nationale Forschungsdateninfrastruktur: Die Aktivitäten zur Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) sollen laut Koalitionsvertrag verstetigt werden. Ziel ist es, eine dauerhafte, disziplinspezifische Infrastruktur zur Bereitstellung qualitativ hochwertiger Forschungsdaten bereitzustellen.
- Gesundheitsdatennutzungsgesetz: Die Nutzung von Gesundheitsdaten für Forschung und Versorgung soll durch ein bereits initiiertes Gesetz – das Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) – ausgebaut werden. Dabei wird eine dezentrale Infrastruktur geschaffen, ergänzt durch eine zentrale Datenzugangs- und Koordinierungsstelle. Ziel ist die Erleichterung der Nutzung unter Wahrung des Schutzes sensibler Gesundheitsdaten.
- Modernes Registergesetz: Mit dem Ziel, die sektorübergreifende Nutzung öffentlicher Daten zu verbessern, kündigt die Koalition ein Registergesetz an. Es soll die Grundlage für interoperable, verknüpfbare Registerdaten schaffen, insbesondere in Gesundheits- und Forschungsbereichen.
- Forschungsdatenzentrum Gesundheit: Das Forschungsdatenzentrum Gesundheit (FDZ) wird weiterentwickelt. Der Vertrag betont die Bedeutung einer verbesserten Datennutzung durch das FDZ bei gleichzeitigem Schutz sensibler Informationen. Es handelt sich dabei um eine Maßnahme zur Stärkung des Forschungsstandorts Deutschland im Bereich Gesundheit.
- Interoperabilität im Gesundheitswesen bis 2027: Die Koalition verpflichtet alle Anbieter von Software- und IT-Lösungen im Bereich Gesundheit und Pflege, bis spätestens 2027 einen verlustfreien, unkomplizierten digitalen Datenaustausch auf Basis einheitlicher Standards sicherzustellen. Dies ist ein zentraler Baustein für die sektorenübergreifende Versorgung und Digitalisierung im Gesundheitswesen.
- Datentreuhänder und Datenökosysteme: Zur Förderung sicherer und fairer Datennutzung kündigt der Vertrag die Etablierung von Datentreuhändern sowie die Unterstützung sektorübergreifender Datenökosysteme an. Ziel ist es, Vertrauen zu schaffen und den Zugang zu wirtschaftlich und gesellschaftlich relevanten Daten zu verbessern – etwa durch interoperable Plattformen und Standardisierungsvorgaben.
Fazit: Kurs auf Datengetriebene Zukunft
Die neue Bundesregierung setzt ein deutliches Zeichen: Das Datenwirtschaftsrecht soll kein Nebenschauplatz mehr sein, sondern zum strategischen Hebel für Innovation, Wettbewerbsfähigkeit und Standortentwicklung werden. Der Koalitionsvertrag zeigt mit einer Vielzahl konkreter Maßnahmen – vom Forschungsdatengesetz bis hin zu Datentreuhändern – den Willen, eine leistungsfähige Dateninfrastruktur zu schaffen und zugleich das Vertrauen in einen verantwortungsvollen Umgang mit Daten zu stärken. Unternehmen, insbesondere in forschungsintensiven und datengetriebenen Branchen, sollten diese Entwicklungen aufmerksam verfolgen – denn die geplanten Reformen könnten ihnen schon bald neue Möglichkeiten zur Datenverwertung und -kooperation eröffnen.
Dabei wird auch der EU Data Act, der ab dem 12. September 2025 anwendbar ist, eine zentrale Rolle spielen. Er schafft erstmals ein umfassendes, unionsweites Regelwerk für den Zugang zu und die Nutzung von nicht-personenbezogenen Daten – und dürfte auch auf nationaler Ebene wichtige Impulse setzen. Deutschland steht damit vor der Aufgabe, seine Ambitionen zur Datennutzung im Gleichklang mit den neuen europäischen Leitplanken umzusetzen.
Wir informieren Sie in unserer Blog-Serie zum Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD fortlaufend mit aktuellen Beiträgen zu diesem Thema. Sie können diese Blog-Serie über den RSS-Feed abonnieren und werden von uns über neue Beiträge informiert.
Konkret zum Thema Datenschutz im Koalitionsvertrag finden Sie hier in unserem Blog: Neues zum Datenschutz: Ein Blick in den Koalitionsvertrag. Einen Überblick zum Thema Kartellrecht im Koalitionsvertrag finden Sie hier: Wettbewerbs- und Kartellrecht im Koalitionsvertrag.