24. April 2025
Koalitionsvertrag 2025 TMC – Technology, Media & Communications

Plattformregulierung in der 21. Legislaturperiode

Der Koalitionsvertrag widmet dem Digitalen ein eigenes Kapitel. Relevante Vorhaben plant die Koalition auch mit Blick auf die Plattformregulierung.

Der Koalitionsvertrag widmet der Digitalpolitik in Kapitel 2.3 einen knapp fünfseitigen eigenen Abschnitt und stellt sie unter die Leitmotive „Souveränität“, „Innovation“ und „gesellschaftlichen Fortschritt“. Auch eine Steigerung der Resilienz der Demokratie soll im digitalen Raum erreicht werden. Im Bereich der Datenwirtschaft ist eine „Kultur der Datennutzung und des Datenteilens“ gewollt, die die Datenökonomie etabliert und auf Innovationen setzt, dabei aber auch Grund- und Freiheitsrechte schützt. 

Plattformen im Fokus der Digitalpolitik der Koalition

Die Koalition setzt sich zudem zum Ziel, digitale Teilhabe und Barrierefreiheit zu stärken, digitale Grundrechte zu schützen und Diskriminierung im digitalen Raum zu bekämpfen. Dass dies Einfluss auf digitale Plattformen haben wird, liegt auf der Hand. Diese im Kern gesellschaftspolitische Stoßrichtung wird Konsequenzen für den Betrieb digitaler Plattformen haben, die oftmals den Kern des digitalen Raums darstellen.

Auch für die öffentliche Hand selbst soll es Neuerungen geben: Insbesondere sollen neue öffentliche Plattformen für die Verwaltung eingeführt werden, woraus sich vor allem für Entwickler und Anbieter digitaler Plattformen Chancen ergeben dürften.

Schaffung eines eigenständigen Digitalministeriums

Auch auf organisatorischer Ebene wird die Digitalisierung prioritär behandelt: Für die 21. Legislaturperiode soll ein neues und eigenständiges Ministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung geschaffen werden. Dieses wird im Koalitionsvertrag nur im Rahmen der Ressortverteilung erwähnt, unklar bleibt damit bis auf Weiteres, welche Zuständigkeiten und Befugnisse dem neuen Ministerium zufallen. Es ist aber davon auszugehen, dass die in diesem Beitrag angesprochenen Themen an vielen Stellen Berührungspunkte zu dem neuen Ministerium aufweisen werden.

Digitalisierte Verwaltung und verstärkte Plattformregulierung

Der Koalitionsvertrag bleibt mit Blick auf die Digitalpolitik recht allgemein und nennt wenige konkrete Maßnahmen. Bereits die Ziele, die sich die Koalition setzt, lassen jedoch darauf schließen, dass auf Unternehmen, insbesondere die Betreiber von Online-Plattformen, neue Chancen und Herausforderungen zukommen. 

Insbesondere ein prioritär umzusetzender sog. „souveräner Deutschland-Stack“, der den Ländern und Kommunen eine Integration von Künstlicher Intelligenz (KI), Cloud-Diensten und Basiskomponenten bieten soll, sowie die sog. „Deutsche Verwaltungscloud (DVC)“ stechen dabei heraus. Die Koalition möchte demnach den Ausbau von Plattformen für die öffentliche Hand weiter vorantreiben. Dabei soll vor allem auf europäische Anbieter gesetzt werden, sodass sich für diese in besonderem Maße Chancen ergeben dürften. Bemerkenswert ist die Absicht, den Staat zum „Ankerkunden“ für die digitale Wirtschaft machen zu wollen und „vorrangig private IT-Dienstleister“ nutzen zu wollen.

Bestehende Rechtsunsicherheiten im Zusammenhang mit der Datenökonomie sollen beseitigt werden, wobei zunächst offenbleibt, worauf die Koalition sich hier konkret bezieht. Zudem soll die Grundlage geschaffen werden, um Regelwerke in einem Datengesetzbuch zusammenzufassen. Ausdrücklich genannt ist der Plan, neue Regeln speziell für Mobilitäts-, Gesundheits- und Forschungsdaten zu schaffen, aber auch allgemein soll der Zugang zu Daten verbessert werden. Zu erwarten sind also jedenfalls für die explizit genannten Punkte konkrete Rechtssetzungsakte, was zwangsläufig einen entsprechenden Aufwand für Unternehmen mit sich bringt, die sich daraus ergebenden neuen Vorgaben zu erfüllen.

Die Pläne beschränken sich aber nicht auf nationale Gesetze: Die Koalition strebt auch und insbesondere angesichts der dynamischen Entwicklungen im Bereich der „digitalen Zukunftstechnologien“ und „Schlüsseltechnologien“ Anpassungen der europäischen Digitalrechtsakte an. Die Koalition möchte sich insbesondere für ein Verbot von als „unlauter“ bezeichneten Geschäftspraktiken wie Dark Patterns und „süchtig machenden Designs“ einsetzen. Geprüft werden soll zudem die Einführung einer verpflichtenden Identifizierung von Bot-Accounts. 

Herausforderungen für Plattformanbieter

Die Koalition setzt beim geplanten Aufbau von Plattformen für die öffentliche Hand wohl in erster Linie auf private IT-Dienstleister. Auch wenn Details noch nicht bekannt sind, ist an dieser Stelle mit rechtlichen Herausforderungen im Zusammenhang mit der Vergabe dieser Leistungen und der anschließenden Leistungserbringung zu rechnen. Entscheidend wird hier für die Unternehmen eine enge vergaberechtliche Begleitung im Rahmen der Beteiligung an komplexen Ausschreibungsverfahren, wie auch eine frühzeitige Einbindung von Spezialisten aus dem IT-Recht sein. Letztere insbesondere zur rechtssicheren Gestaltung der vertraglichen Beziehungen diverser Projektbeteiligter auf Auftragnehmerseite.

Ein Schwerpunkt soll auf die Durchsetzung der geltenden Normen der (insbesondere europäischen) Plattformregulierung gelegt werden. Der Koalitionsvertrag spricht dabei ausdrücklich von der Entfernung strafbarer Inhalte und davon, dass systemische Risiken wie Desinformationen aktiv angegangen werden sollen. Im Fokus stehen dürften daher vor allem Anbieter, die vom Anwendungsbereich des Digital Services Act (DSA) erfasst werden, also vom Anbieter von Social Media Plattformen über den Betreiber von Online-Markplätzen mit Kommentarfunktion oder den Hosting-Provider bis hin zum Anbieter reiner Vermittlungsdienste. Aber auch die vom Anwendungsbereich des Digital Markets Act (DMA) erfassten Anbietern werden sich mit neuen Anforderungen konfrontiert sehen.

Die Pläne der Koalition zum Erlass nationaler Rechtsakte wie auch zur Anpassung europäischer Normen werden nicht unerheblichen Handlungsbedarf für die Plattformbetreiber nach sich ziehen. Zu erwarten ist insbesondere eine weitere Verschärfung der Maßstäbe, die an die Prüfung von gemeldeten Inhalten anzulegen sind, sowie eine Verschärfung des Sanktionsregimes bei Verstößen gegen Normen der Plattformregulierung (ausdrücklich genannt wird etwa die Verschärfung von Sanktionen bei systemischen Mängeln bei der Entfernung strafbarer Inhalte). Auch der Umgang mit Desinformationen wird im Koalitionsvertrag mehrfach thematisiert. Nicht auszuschließen ist, dass konkrete Vorgaben zur Gestaltung der Plattform gemacht werden. Angedacht wird etwa ein Verbot bestimmter Designs, die Kennzeichnung bestimmter Nutzer und Inhalte oder die Verpflichtung zur Einrichtung von Schnittstellen zum automatisierten Datenabruf durch Strafverfolgungsbehörden.

Unternehmen sollten Umsetzung aufmerksam verfolgen

Um die sich bei Umsetzung der im Koalitionsvertrag niedergelegten Vorhaben bietenden Chancen zielführend nutzen zu können, sollten sich Unternehmen frühzeitig auf anstehende Vergabeverfahren vorbereiten und sicherstellen, dass die erforderlichen (insbesondere personellen) Ressourcen im Bedarfsfall kurzfristig zur Verfügung stehen.

Mit Blick auf potenzielle Gesetzesänderungen sind aktuell noch keine konkreten Maßnahmen veranlasst. Angestoßene Gesetzgebungsverfahren sollten jedoch aufmerksam beobachtet werden, um notwendige Maßnahmen frühzeitig antizipieren und rechtzeitig mit der Umsetzung beginnen zu können. Insbesondere hinsichtlich der bereits abzusehenden Verschärfung von Sanktionen bei Verstößen gegen die Plattformgesetze sollten Unternehmen sicherstellen, dass die bereits unter den aktuellen Plattformgesetzen gesetzten Rahmenbedingungen eingehalten werden. Insbesondere die Meldewege für die Meldung rechtswidriger Inhalte sollten ordnungsgemäß implementiert und ausreichend dimensioniert werden. Für den Fall von Änderungen der Vorgaben auf nationaler wie europäischer Ebene sollten sie die notwendigen Vorbereitungen treffen, um im Bedarfsfall flexibel reagieren zu können.

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Tags: Koalitionsvertrag 2025 Plattformregulierung