Digitale Produkte, z.B. digitale Mode, können im Metaverse durch Non-Fungible Token repräsentiert sowie als Wirtschaftsgut veräußert und übertragen werden.
Für digitale Avatare, Auftritte und Events gibt es eine zunehmende Nachfrage nach digitaler Mode und sonstigen digitalen Accessoires. Mehr und mehr Anbieter* kommen dem nach und bieten digitale Mode für Interessenten an.
Dabei steht das Phänomen „Digital Fashion“ nicht isoliert und losgelöst von der analogen Welt für sich. Wie sehr sich physische Mode und die digitale Welt vielmehr gegenseitig beeinflussen, zeigt etwa der letzte strategische Coup eines weltweit führenden Herstellers für Premiummode: Dieser hat nicht nur inspiriert von einem der erfolgreichsten Online-Spiele aller Zeiten eine (analoge) Modekollektion in dem Stil des Spiels entworfen. Parallel hierzu wurde auch eine digitale Kollektion mit digitalen Kleidungsstücken, sog. „Skins“, für eben dieses Spiel kreiert. Begleitet wird dies alles von einer groß angelegten Werbekampagne und spektakulären (physisch stattfindenden) Events.
Das Angebot an digitaler Mode ist insbesondere für neue virtuelle Welten (Metaverse) von Interesse. Je bedeutender das Metaverse wird, umso interessanter wird dieses auch als Absatzmarkt für Digital Fashion. Denn auch im Metaverse möchten Nutzer ihre Individualität und ihren Status mit digitaler Mode ausdrücken und sich auf diese Weise von den übrigen Nutzern abheben.
Im Gegensatz zu physischen Produkten, deren Anzahl durch das Abzählen der Produkte ermöglicht wird, war bis dato die Darstellung von Einzigartigkeit und Rarität bei digitalen Produkten – jedenfalls bei einer vom Anbieter losgelösten Nutzung – nicht möglich. Blockchain-basierte Non-Fungible Token (NFTs) bieten hierfür eine Lösung. Gerade vor dem Hintergrund des einem Erwerb von Digital Fashion oft zugrunde liegenden Wunschs nach Distinktion der Nutzer durch einzigartige digitale Produkte, erscheint der Einsatz von NFTs besonders geeignet.
Digitale Mode im Metaverse ist der nächstlogische Schritt des technologischen Wandels
Digital Fashion ist ein Sammelbegriff verschiedener Phänomene, deren gemeinsamer Nenner digitale Kleidung und Accessoires sind. Dabei finden sich unterschiedlichste Erscheinungsformen von Digital Fashion. So gibt es bereits eine gefestigte, weiterhin stark wachsende Branche, die sich mit dem Design und dem Handel rein digital existierender Modeartikel einen Namen gemacht hat. Diese Form von Digital Fashion kann von einem Erwerber nur virtuell, etwa durch einen eigenen Avatar, getragen werden.
Nicht weniger Bedeutung hat digitale Mode gegenwärtig im Entstehungsprozess von Modekollektion, da (physische) Mode immer öfter virtuell entworfen wird und die digitalen Entwürfe die Grundlage für die spätere Produktion von physischen Produkten sind.
Physisch stattfindende Fashionshows werden zudem oft von digitalen Elementen begleitet und auf digitalem Wege übertragen, sei es durch aufsehenerregende digitale Animationen bei den einzelnen Shows (etwa auf dem Laufsteg, auf dem die Models sich bewegen) oder durch die Live-Übertragung und Online-Berichterstattung der Shows auf Webseiten der einzelnen Modehäuser und in den sozialen Netzwerken.
Immer relevanter ist auch die Möglichkeit einer Verknüpfung analoger Produkte (etwa Modeartikel) mit einer digitalen „Identität“, so bei den sog. „phygitalen“ Produkten. Auf diese Weise ist es möglich, ein digitales Gegenstück zu einem real existierenden Produkt zu schaffen.
Rarität digitaler Produkte kann durch NFTs dargestellt werden
Token sind die digitale Darstellung von Werten oder Rechten, die elektronisch übertragen und gespeichert werden können sowie auf einer Distributed-Ledger-Technologie (z.B. einer Blockchain) basieren. NFTs sind einzigartige Token, die Werte außerhalb der Blockchain repräsentieren können, etwa die hier im Fokus stehende Digital Fashion. Um die Einzigartigkeit und Rarität digitaler Produkte wie digitaler Mode bestimmen zu können, werden diese mit NFTs verknüpft.
Wesentlich für NFTs sind sog. Smart Contracts. Smart Contracts als solche sind zunächst selbstausführende Computerprogramme, die automatisch Befehle ausführen, sobald vorgegebene Bedingungen erfüllt sind.
Mit einem Smart Contract wird bestimmt, wie viele Token durch den Smart Contract erstellt (gemintet) und mit einem digitalen Produkt verlinkt werden. Sollen z.B. von einer Fashion-Kollektion nur 100 Stück pro Produktart herausgegeben– also limitiert – werden, dann kann dies mit einem Smart Contract programmiert werden. Dabei kann jeder NFT wie die Artikelnummer (Global Trade Item Number – GTIN) eines physischen Produkts über eine einzigartige „digitale Artikelnummer“ verfügen.
Für das Programmieren von NFTs gibt es Standards, die sich etabliert haben, damit die Token etwa von verschiedenen Verkaufsplattformen für NFTs und sog. Wallets erkannt werden. Bei den Wallets ist maßgeblich zwischen Software- und Hardware-Wallets zu unterscheiden. Software-Wallets können etwa über den Browser auf einem Computer oder über eine gesonderte App auf dem Handy genutzt werden. Eine Software-Wallet ist gewissermaßen das User Interface zum jeweiligen Blockchain-Protokoll. Hierdurch kann der Nutzer mit der Wallet kompatible NFTs verwalten und an Dritte übertragen.
Blockchain-basierte Transaktionen mit NFTs
Um einen NFT zu erwerben und andere Transaktionen zu tätigen, kann man sich bspw. über eine NFT-Plattform anmelden. Die eigene Wallet kann mit der NFT-Plattform verbunden werden, um dort etwa durch Token repräsentierte Produkte zu erwerben und zu bezahlen. Es ist auch möglich, dass ein Unternehmen für eine Plattform oder eine Wallet auf eine Whitelabel-Lösung eines hierauf spezialisierten Unternehmens zurückgreift.
Sofern Vertragsbedingungen eines Modeunternehmens mit einem Smart Contract programmiert werden, kann ein Vertrag automatisch vollzogen werden. Im Einzelfall können der Vertrag und dessen Vollzug mit einem Smart Contract zusammenfallen.
Markenschutz von durch NFTs repräsentierten digitalen Produkten
Unternehmen, die digitale Produkte mit NFTs anbieten wollen, haben diese Produkte ihrer technologischen Verwendung entsprechend zu schützen.
Bei einem gewünschten Markenschutz kommt überwiegend ein Schutz in Klasse 09 sowie – abhängig vom konkreten Token-Projekt – in weiteren Klassen wie etwa 35, 36 und 42 in Betracht. Ein Schutz von virtueller Mode in der Klasse 25 für (physische) Kleidung wird bei Marken – im Gegensatz zu der derzeitigen Praxis bei Designs – allerdings nicht anerkannt.
Auch wenn das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) erst im Juli die offizielle Einführung von NFTs und virtuellen Waren mit einer Spezifizierung in seiner Richtlinie angekündigt hat, akzeptieren die Ämter für geistiges Eigentum (z.B. EUIPO und DPMA) in der Praxis bereits seit mehreren Jahren entsprechende Markenanmeldungen.
Designschutz von durch NFTs repräsentierten digitalen Produkten
Das EUIPO gewährt grds. etwa auch einen Schutz für digitale Gemeinschaftsgeschmacksmuster (Designs), auch wenn sich gewisse Friktionen mit dem bisherigen gesetzgeberischen Begriffsverständnis ergeben, wonach ein Design das Erzeugnis jedes industriellen oder handwerklichen Gegenstands ist (§ 1 DesignG). So sind etwa nach der Richtlinie des EUIPO Designs von Bildschirmanzeigegeräten und Bildschirmsymbolen, grafischen Benutzeroberflächen und anderen Arten sichtbarer Elemente eines Computerprogramms eintragungsfähig (siehe Klasse 14, Unterklasse 04 der Locarno-Klassifikation).
Bei virtuellen Produkten wie bei solchen, die durch einen NFT repräsentiert werden, wird dabei vom EUIPO empfohlen, sowohl für den digitalen Designschutz als auch für das physische Äquivalent eine Warenklasse zu wählen.
Ein Design- und Markenschutz für NFTs und digitale Produkte kann mithin durch ein entsprechend ausgestaltetes Waren- und Dienstleistungsverzeichnis erzielt werden.
Urheberrechtsschutz von durch NFTs repräsentierten digitalen Produkten
Für einen NFT als solchen besteht, wenn der NFT unter Verwendung eines gängigen Smart-Contract-Standards (z.B. ERC-721) gemintet wird, regelmäßig eine Open-Source-Lizenz, etwa MIT. Dies bedeutet, dass der Smart Contract zum Erstellen eines NFT unter Berücksichtigung der Lizenzbedingungen von jedermann verwendet werden kann.
Im Allgemeinen wird der urheberrechtliche Schutz des mit dem NFT verbundenen Produkts relevant sein, wobei auch andere IP-Rechte betroffen sein können. Dies ist etwa der Fall, wenn mit einem NFT verlinkte digitale Mode Marken oder Designs Dritter abbilden. Der urheberrechtliche Schutz eines digitalen Modeprodukts setzt voraus, dass dieses die sog. Schöpfungshöhe erreicht hat, also einen hinreichenden Grad an Individualität aufweist, um als persönliche geistige Schöpfung i.S.v. § 2 Abs. 2 UrhG gelten zu können.
Grds. benötigt der Erwerber eines NFT auch die Nutzungsrechte an dem durch den NFT repräsentierten Produkt, will er dieses etwa im Metaverse nutzen und ggf. andere von der Nutzung ausschließen. Welche Rechte konkret eingeräumt werden, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab. Treffen die Parteien zu der Einräumung von Nutzungsrechten keine Vereinbarung, dürfte im Zweifel davon auszugehen sein, dass dem Erwerber keine urheberrechtlichen Nutzungsrechte an dem durch einen NFT repräsentierten Produkt eingeräumt wurden. Um dies zu vermeiden, sollten die Parteien eine klare Vereinbarung treffen.
Die Übertragung von Nutzungsrechten an dem digitalen Produkt ist allerdings nur dann zulässig, wenn der Erstnutzer hierzu überhaupt berechtigt ist. Wichtig ist, dass jeder Nutzer des digitalen Produkts letztlich eine lückenlose Rechtekette (sog. „Chain of Title“) vorweisen kann. Dabei ist zu berücksichtigen, dass NFTs und die mit ihnen verbundenen Rechte oder Werte auseinanderfallen können. Als vertragliche Lösung kann das sog. Auslobungsmodell (Reward Model) gewählt werden, um NFTs mit Rechten oder Werten, wie z.B. Kleidungsstücken, zu verknüpfen.
Wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz von durch NFTs repräsentierten digitalen Produkten
Zur Produktverteidigung kann des Weiteren argumentiert werden, dass auch digitale Produkte einen wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz genießen. Ein solcher Leistungsschutz kann aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) gefolgert werden. Das Gesetz schützt dabei etwa vor Nachahmungen von Waren und Herkunftsfälschungen.
Bei Berichterstattung über digitale Mode und Werbung dafür sind allgemeine Grundsätze zu beachten
Bei Werbung für (durch NFTs repräsentierte) digitale Mode muss zudem auf die Einhaltung allgemeiner werbe- und wettbewerbsrechtlicher Anforderungen geachtet werden. Dies kann, je nach Art der geplanten Kampagne, insbesondere die Einholung von diversen Nutzungsrechten von Urhebern (z.B. Fotografen, Musikern, Influencern) und Einwilligungen verschiedener Personen (die auf Fotos oder Videos gezeigt werden oder deren Stimmen zu hören sind) bedeuten. Oftmals wird eine solche Werbemaßnahme urheberrechtlich relevant sein, da bereits die Werbung für einen Verkauf eines durch einen NFT repräsentierten Produkts i.d.R. mit einer Vorschau dieses Produkts verbunden wird (z.B. mittels kleiner Abbildungen des Produkts).
Des Weiteren muss z.B. bei der Berichterstattung über digitale Mode das Trennungsgebot, d.h. die Pflicht, Werbung von redaktionellen Inhalten zu trennen, eingehalten werden. Dieses wird in der deutschen Rechtsordnung an verschiedenen Stellen gesetzlich angeordnet (etwa im Medienstaatsvertrag [vor allem §§ 8, 22 und 74 MStV] und im Telemediengesetz [§ 6 TMG]). Aus dem Trennungsgebot folgt insbesondere die Pflicht, Werbung als solche zu kennzeichnen. Vor allem bei Werbung, die sich an eine digitalaffine Zielgruppe richtet – wie es die Erwerber von digitaler Mode bzw. von mit digitaler Mode verknüpften NFTs sind –, erfolgen Werbemaßnahmen oftmals auf Social-Media-Kanälen unter Mitwirkung von Influencern.
Bei Rechtverletzungen im Metaverse ist die Rechtsdurchsetzung abhängig von vielen Faktoren
Welche Rechtsordnung für Produkte im Metaverse einschlägig ist, kann sich sowohl aus tatsächlichen Umständen, z.B. den Maßnahmen, mit denen Verbraucher adressiert werden, als auch aus dem Vertrag, mit dem ein Unternehmen seine digitalen Produkte veräußert, ergeben. Zu beachten ist, dass Klauseln, die die Anwendbarkeit einer bestimmten Rechtsordnung auferlegen, bei Rechtsgeschäften mit Verbrauchern ggf. unwirksam sein können.
Bei einem Vertrieb von digitalen Produkten wie digitaler Mode über NFT-Plattformen kann bei einer Rechtsverletzung zunächst die Möglichkeit eines plattformeigenen Löschungsverfahrens in Betracht gezogen werden. Entsprechende Plattformen sollten regelmäßig auf Rechtsverletzungen überwacht werden, um hier entsprechend reagieren zu können.
Darüber hinaus stehen Rechteinhabern im Falle der Verletzung ihrer Rechte weitere rechtliche Schritte zur Verfügung (als erste Schritte insbesondere die Abmahnung und einstweilige Verfügung, wobei für eine einstweilige Verfügung eine rechtzeitige Geltendmachung der Rechtsverletzung [sog. Wahrung der Dringlichkeitsfrist] erforderlich ist).
Digitale Mode – Empfehlungen für einen Produktschutz im Metaverse
Ein Produktschutz erfordert für physische Produkte andere Schutzmaßnahmen als für digitale Produkte. Ein spezifischer Produktschutz für das Metaverse bietet sich allgemein bei Produkten an, die zur Nutzung im Metaverse angeboten werden sollen.
Ein entsprechender Produktschutz ist allerdings auch für möglicherweise in der Zukunft im Metaverse nutzbare Produkte zu empfehlen, ebenso wie solche, die von Dritten im Metaverse kopiert werden könnten. Dies wird bereits durch erste Gerichtsverfahren deutlich, bei denen sich Markeninhaber gegen digitale Kopien und Imitationen verteidigen und es entscheidend auf den Schutz ankommt, der für die jeweiligen Produkte und Marken besteht.
In unserem CMS-Blog informieren wir Sie im Rahmen unserer Blog-Serie „Metaverse“ fortlaufend mit aktuellen Beiträgen zum Metaversum. Nach einer Einführung in das „Metaverse“ sind wir bereits eingegangen auf Arbeit im Metaverse, auf Rechtsberatung im Metaverse und geben einen Überblick über Steuern im Metaverse sowie über die Umsatzsteuer bei der Vermietung von virtuellem Land im Metaverse. Darüber hinaus haben wir uns mit dem Markenschutz für Blockchain- und andere Krypto-Projekte, dem Markenschutz vs. Kunstfreiheit bei mit NFTs verlinkten Medien sowie mit dem Markenschutz für digitale Produkte im „Metaverse“ und den EUIPO-Leitlinien zur Eintragung virtueller Waren und NFTs beschäftigt. Außerdem prüfen wir, ob das Markenrecht bereit für das Metaverse ist.
Darüber hinaus halten wir Sie auf unserer Insight-Seite zum Metaverse auf dem Laufenden!
*Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.