Nicht werthaltige Gesellschafterdarlehen können mittels Cash Circles beseitigt werden. Dabei sind jedoch Fallstricke zu beachten.
Im Sanierungssituationen stellt sich regelmäßig die Frage, wie zuvor gewährte, jedoch nicht mehr werthaltige Gesellschafterdarlehen in der Bilanz der darlehensnehmenden Kapitalgesellschaft (Darlehensnehmerin) beseitigt werden können. Eine gängige Sanierungsmaßnahme ist dabei der Forderungsverzicht, durch den die darlehensgewährende Konzerngesellschaft (Darlehensgeberin) auf die Rückzahlung des gewährten Darlehens gemäß § 397 Abs. 1 BGB verzichtet; gleichermaßen kann die zugrundeliegende Darlehensforderung auch in die Gesellschaft eingebracht werden und erlischt hierdurch durch Konfusion (Zusammenfall von Forderung und Verbindlichkeit).
Der Forderungsverzicht führt jedoch regelmäßig zu Steuermehrbelastungen bei der Darlehensnehmerin, da ein durch den Verzicht ausgelöster „Buchgewinn″ nur insoweit als verdeckte Einlage außerbilanziell „neutralisiert“ werden kann, wie die Darlehensforderung tatsächlich noch werthaltig war. Auf Ebene der Darlehensgeberin kommt es in der Regel durch den Wegfall bzw. die Abwertung der Forderung zu keinen maßgeblichen steuerlichen Effekten. Ein Verlust aus dem Ausfall von Gesellschafterdarlehen bleibt in Konzernfällen steuerlich außer Ansatz. Zu den Besonderheiten des Forderungsverzichts haben zuletzt unsere Kollegen Stellung genommen.
Dass die oben skizzierten Rechtsfolgen sinnvolle Sanierungsmaßnahmen konterkarieren können, hat auch der Gesetzgeber erkannt und mit § 3a EStG und § 7b GewStG sogen. Sanierungserträge unter bestimmten Voraussetzungen von der Steuer freigestellt. Die Regelungen greifen jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen – insbesondere muss der Steuerpflichtige für den Zeitpunkt des Schuldenerlasses die Sanierungsbedürftigkeit und die Sanierungsfähigkeit des Unternehmens, die Sanierungseignung des betrieblich begründeten Schuldenerlasses und die Sanierungsabsicht der Gläubiger nachweisen. Da diese Voraussetzungen nicht immer erfüllt werden können, aber dennoch der Wunsch zu einer Schuldenglättung besteht, bedarf es alternativer Wege.
Möglichkeit einer steuerlich neutralen Entschuldung
Es kann sich in derartigen Fällen unter steuerlichen Gesichtspunkten anbieten, einen Forderungsverzicht durch ein Hin- und Herzahlen, (sog. Cash Circle) zu vermeiden und so eine steuerlich neutrale Ausbuchung der Darlehensforderung herbeizuführen.
Die Möglichkeiten eines Cash Circle sind dabei im jeweiligen Einzelfall stets mit besonderer Sorgfalt vor dem Hintergrund eines steuerlichen Gestaltungsmissbrauchs (§ 42 AO) zu prüfen. So hat die bisherige finanzgerichtliche Rechtsprechung zwar bestimmte Kriterien herausgearbeitet, die für eine steuerliche Anerkennung beachtlich sein sollen. Zugleich ist die Rechtsprechung vielfach geprägt von den Umständen des jeweiligen Einzelfalles, sodass sich eine pauschale Anwendung verbietet. Sofern die Kriterien jedoch abgestimmt auf den zu Grunde liegenden Fall herangezogen werden, kann der Cash Circle aus steuerlicher Sicht als Sanierungsinstrument erhebliche Vorteile mit sich bringen.
Steuerliche Wirkungsweise des Cash Circle
Die Funktionsweise des Cash Circle ist dabei verhältnismäßig einfach. So wird der für die Tilgung erforderliche Betrag (Nennwert) in einem ersten Schritt zunächst von der Darlehensgeberin in die Darlehensnehmerin eingelegt. Die eingelegten finanziellen Mittel werden dann von dieser in einem zweiten Schritt dazu verwendet, die Darlehensverbindlichkeit zurückzuzahlen.
Auf der Ebene der Darlehensgeberin führt die Einlage zunächst zu nachträglichen Anschaffungskosten der Beteiligung an der Tochtergesellschaft, und zwar regelmäßig in Höhe des Nennwerts der geleisteten Bareinlage. Die Anschaffungskosten können später, z.B. bei späteren Anteilsveräußerungen, Liquidation oder Insolvenz steuermindernd berücksichtigt werden.
Aber auch für die Darlehensnehmerin ist die Einlage grundsätzlich steuerlich neutral und führt damit nicht zu einer Mehrbelastung. Die Bareinlage erfolgt zudem in die Kapitalrücklage und hat daher keine Auswirkungen auf das Nennkapital. Die Rückzahlung des Darlehens ist als reiner Aktiv- /Passivtausch erfolgsneutral.
Vorgaben der Rechtsprechung sind zu beachten
Bei der Implementierung eines Cash Circle sind die von der Rechtsprechung ausgearbeiteten Kriterien sorgfältig und bezogen auf den individuellen Fall zu prüfen, um eine Einordnung als missbräuchliche Gestaltung im Sinne des § 42 AO zu vermeiden. Eine solche liegt nach der Gesetzeslage immer dann vor, wenn eine unangemessene rechtliche Gestaltung gewählt wird, die im Vergleich zu einer angemessenen Gestaltung zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil führt. Andererseits ist eine unangemessene Gestaltung zu verneinen, wenn der Steuerpflichtige außersteuerliche Gründe nachweisen kann, die nach dem Gesamtbild der Verhältnisse für die Gestaltung beachtlich sind. Entscheidend ist damit eine Gesamtbetrachtung der Verhältnisse im jeweiligen Einzelfall:
Als das wohl ausschlaggebende Kriterium wird es seitens der Rechtsprechung angesehen, dass ein tatsächlicher Liquiditätsfluss zugunsten der Darlehensnehmerin erfolgt. Schädlich sind daher reine Buchungen über konzerninterne Verrechnungskonten, wie diese beispielsweise im Kontext eines Intercompany Accounting Systems (IAC) erfolgen. Um einen Liquiditätsfluss zu gewährleisten, sollte auch eine rein zivilrechtliche Aufrechnung von Bareinlage und offener Darlehensforderung vermieden werden.
Erforderlich soll überdies sein, dass die Darlehensnehmerin zumindest zeitweise über die Mittel aus der Einlage verfügen kann. Zwischen Bareinlage und Darlehenstilgung sollte daher ein gewisser Zeitraum liegen, sodass zumindest potenziell ein Vollstreckungszugriff von Drittgläubigern gegeben ist. Hilfreich wird es außerdem stets sein, wenn weitere wirtschaftliche Gründe für die Nutzung des Cash Circle vorgetragen werden können.
Vor diesem Hintergrund zeigt sich, dass hier eine simple Lösungsmöglichkeit an die Hand gegeben wird. In der Praxis scheitert diese jedoch häufig an fehlender vorhandener Liquidität oder der Bereitschaft diese zu stellen. Zudem wird natürlich die Notwendigkeit eines zeitweisen Gläubigerzugriffs auf die Mittel kritisch gesehen.
Insolvenzrechtliche Hürden bei Implementierung
Es sollten bereits vor Umsetzung eines Cash Circle die insolvenzrechtlichen Risiken für den Fall antizipiert werden, sollte die Darlehensnehmerin während oder nach der Umsetzung des Cash Circle insolvent werden.
Befindet sich etwa die Einlage im Zeitpunkt der Insolvenz der Darlehensnehmerin noch in der Insolvenzmasse, so ist angesichts der Nachrangigkeit von Gesellschafterdarlehen (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO) eine Rückzahlung der Darlehensforderung an die Darlehensgeberin unwahrscheinlich und die Einlage damit „verloren″.
Wird die Darlehensnehmerin hingegen nach Rückzahlung des Darlehens insolvent, so kann der Insolvenzverwalter die Rückzahlung unter bestimmten Voraussetzungen anfechten und den gezahlten Betrag zur Insolvenzmasse zurückfordern.
Sinn und Zweck des Insolvenzanfechtungsrechts (§§ 129ff. InsO) ist es, die Gläubigergleichbehandlung im Insolvenzverfahren sicherzustellen. Daher gewährt das Insolvenzanfechtungsrecht dem Insolvenzverwalter das Recht, Rechtshandlungen aus dem Zeitraum vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens unter gewissen Voraussetzungen durch Anfechtung rückgängig zu machen. Der Anfechtungsgegner hat dann das infolge der Rechtshandlung Erlangte an die Insolvenzmasse herauszugeben und erhält seinerseits in der Regel nur eine Insolvenzforderung, die zur Tabelle angemeldet werden kann. Sie wird – wenn überhaupt – nur quotal befriedigt.
Anfechtungsrisiko bei Rückzahlungen von Gesellschafterdarlehen
Grundvoraussetzung einer erfolgreichen Insolvenzanfechtung ist eine gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung im Zeitraum vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Je nach Anfechtungstatbestand kommen noch weitere Voraussetzungen hinzu, wobei die Faustregel gilt, dass die Voraussetzungen umso höher sind, je länger die Rechtshandlung zurückliegt. Der maximale Anfechtungszeitraum (§ 133 InsO) beträgt zehn Jahre.
Besonders relevant im Rahmen des Cash Circle ist der Anfechtungstatbestand des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO. Er regelt, dass Rückzahlungen auf Gesellschafterdarlehen im letzten Jahr vor der Insolvenzantragstellung (oder danach) ohne weitere Voraussetzungen anfechtbar sind. Erfolgt im Rahmen eines Cash Circle eine Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens, so sind die Voraussetzungen dieses Anfechtungstatbestands erfüllt, wenn die Darlehensnehmerin innerhalb eines Jahres nach Rückzahlung einen Insolvenzantrag stellt. Der Insolvenzverwalter kann die Rückzahlung des Betrags an die Insolvenzmasse verlangen, während der auflebende Darlehensrückzahlungsanspruch der Darlehensgeberin als nachrangige Insolvenzforderung in der Regel nicht mehr bedient werden wird.
Dieses Anfechtungsrisiko gilt sowohl bei der Umsetzung des Cash Circle durch Zahlung in Bar- oder Buchgeld, als auch bei der (aus steuerlichen Gründen ohnehin nicht zu empfehlenden) Abwicklung über Verrechnungskonten. Dies liegt darin begründet, dass der Begriff der „Rechtshandlung″ weit auszulegen ist. Die Befriedigung des Gesellschafters im Sinne des § 135 InsO kann nicht nur durch Zahlung, sondern auch durch Aufrechnung oder in anderer Weise erfolgen.
Da die Hürden für die Geltendmachung eines Anfechtungsanspruchs gem. § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO gering sind, hat die Vorschrift hohe praktische Bedeutung. Das bestehende Anfechtungsrisiko kann nur dadurch reduziert werden, dass die Insolvenz der Darlehensnehmerin für mindestens ein Jahr nach Rückzahlung des Gesellschafterdarlehens verhindert wird.
Dies kann die Darlehensgeberin insbesondere dann vor Herausforderungen stellen, wenn die Darlehensnehmerin verkauft werden soll und im Zuge des Verkaufs die Bereinigung des Gesellschafterdarlehens über den Cash Circle erfolgt. Nach dem Verkauf hat die Darlehensgeberin kaum Einflussmöglichkeiten auf die Darlehensnehmerin, um deren Durchfinanzierung sicherzustellen. Im Rahmen der Transaktion sollte daher die finanzielle Absicherung der Darlehensnehmerin vertraglich vereinbart werden. Sofern dies beispielsweise über eine Patronatserklärung erfolgt, muss sichergestellt werden, dass der Patron zahlungsfähig und auch -willig ist. SPVs müssen beispielsweise mit ausreichend finanziellen Mitteln ausgestaltet werden, die bloße Aussage des Erwerbers, ausreichend finanzieren zu wollen, reicht nicht. Eine Expert Opinion eines Wirtschaftsprüfers zur Zahlungsfähigkeit und -willigkeit des Patrons kann hier zusätzliche Sicherheit bieten.
Enge interdisziplinäre Abstimmung zwischen Insolvenz- und Steuerrecht erforderlich
Der Cash Circle kann vor dem Hintergrund der steuerlichen Nachteile des Forderungsverzichts in Fällen eines Gesellschafterdarlehens eine sinnvolle Entschuldungsalternative darstellen. Eine höchstrichterliche Stellungnahme zu den an eine steuerliche Anerkennung zu stellenden Kriterien steht bislang trotz der hohen praktischen Relevanz aus. Allerdings hat der BFH im Rahmen des derzeit anhängigen Revisionsverfahren (Az. I R 11/22) schon in Kürze die Möglichkeit, sich zu den Voraussetzungen eines steuerlich anzuerkennenden Cash Circle weiter zu positionieren.
Unter welchen Anforderungen ein Cash Circle auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung aber bereits jetzt in der konkreten Sanierungslage rechtssicher umzusetzen ist, sollte anhand einer Risikoevaluierung vorab geklärt werden. Dabei sind stets auch die insolvenzrechtlichen Besonderheiten in den Blick zu nehmen, sodass im Falle einer Insolvenz eine Anfechtbarkeit der Darlehensrückzahlung vermieden und rechtzeitig entsprechende Absicherungen vorgenommen werden können.