5. November 2024
ESG M&A-Transaktion
Corporate Governance & Risk Compliance (ESG)

ESG als rechtlicher Treiber von M&A-Transaktionen: Chancen und Herausforderungen

ESG-Faktoren beeinflussen immer mehr M&A-Transaktionen. Das bietet Chancen, birgt aber auch Risiken für die Beteiligten.

In den letzten Jahren hat sich ESG zu einem zentralen rechtlichen Aspekt von Fusionen und Übernahmen (M&A) entwickelt. Dabei steht „ESG“ für „Environmental, Social and Governance“ und bezieht sich auf die drei anerkannten zentralen Faktoren bei der Messung der Nachhaltigkeit der Unternehmensführung:

  • Environment: Klima, Ressourcenknappheit, Artenvielfalt, CO2 Reduktion etc. 
  • Social: Einhaltung zentraler Arbeitsrechte, Standards bei der Arbeitssicherheit, Kontrolle der Liefer- und Wertschöpfungskette etc. 
  • Governance: Verankerung des Nachhaltigkeitsmanagements auf Geschäftsführungsebene, Compliance, Anti-Korruptionsmaßnahmen etc.

Die rechtliche Relevanz von ESG zeigt sich vor allem in regulatorischen Vorgaben, die Unternehmen zunehmend zwingen, ESG-Kriterien in ihre Geschäftsstrategien zu integrieren.

ESG-Themen werden auf EU-Ebene und in Deutschland zunehmend als „hard law“ geregelt. Ein Beispiel ist die EU-Taxonomie-Verordnung, die Anforderungen an nachhaltige Investitionen definiert und Unternehmen zwingt, ihre ESG-Leistungen offenzulegen. Auch das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) legt klare Verpflichtungen für Unternehmen zur Einhaltung von ESG-Standards fest, insbesondere in Bezug auf Menschenrechte und Umweltbelange in globalen Lieferketten. Unternehmen, die diese Vorschriften nicht einhalten, haben mit erheblichen rechtlichen Konsequenzen, darunter Geldstrafen und Reputationsverlust, rechnen.

Daraus folgt, dass die Integration von ESG-Faktoren auch in die M&A-Strategie von Unternehmen und in den M&A-Prozess nicht nur eine strategische Entscheidung, sondern zunehmend eine rechtliche Notwendigkeit darstellt. Käufer* und Verkäufer müssen sicherstellen, dass ESG-Aspekte im Rahmen der Due Diligence vollständig geprüft und in die Transaktionsverträge aufgenommen werden, um rechtliche Risiken zu minimieren. 

Die 16. CMS M&A Study aus dem Jahr 2024, in der CMS 559 Share und Asset Deals, die CMS 2023 beraten hat, hinsichtlich von Markttrends auswertet und zusammenfasst, zeigt, dass ESG-Aspekte kontinuierlich in der M&A-Praxis berücksichtigt werden. 

Käuferperspektive: ESG als Wertsteigerung und Risikomanagement

Für Käufer hat die Bedeutung von ESG bei der Bewertung potenzieller Übernahmeziele enorm zugenommen. Unternehmen, die hohe ESG-Standards erfüllen, werden heute als weniger risikobehaftet angesehen und bieten gleichzeitig bessere Chancen auf langfristiges Wachstum.

Nachhaltigkeitsfaktoren, wie etwa der verantwortungsvolle Umgang mit Ressourcen, die Reduktion von CO2-Emissionen oder die Einhaltung von Arbeitsstandards, sind zentrale Elemente, die Käufer bei M&A-Entscheidungen berücksichtigen.

Insbesondere der Zugang zu günstigen Finanzierungsbedingungen ist für ESG-orientierte Unternehmen ein entscheidender Vorteil. Unternehmen, die sich durch starke ESG-Leistungen auszeichnen, erhalten häufig bessere Konditionen und können von niedrigeren Kapitalkosten profitieren. Dies macht ESG nicht nur zu einem Instrument zur Wertsteigerung, sondern auch zur Senkung von Kosten sowie finanzieller Risiken.

Darüber hinaus minimieren Unternehmen, die ESG-Richtlinien konsequent umsetzen, regulatorische Risiken. Angesichts der zunehmenden gesetzlichen Anforderungen im Bereich Umwelt- und Sozialstandards wird erwartet, dass Unternehmen, die bereits auf diese Veränderungen vorbereitet sind, weniger anfällig für Bußgelder, rechtliche Auseinandersetzungen mit Stakeholdern und Reputationsschäden sind. Käufer, die ESG-Kriterien in ihre Due-Diligence-Prozesse integrieren, sichern sich daher besser gegen potenzielle Risiken ab und können langfristig stabilere Übernahmen realisieren.

Verkäuferperspektive: ESG als Wertsteigerung

Auch auf der Verkäuferseite spielt ESG eine immer größere Rolle. Unternehmen, die nachweislich hohe ESG-Standards einhalten, werden für strategische Käufer deutlich attraktiver und können potenziell höhere Verkaufspreise erzielen. Ein starkes Engagement in ESG-Themen signalisiert nicht nur operative Effizienz, sondern auch ein zukunftssicheres Geschäftsmodell mit nachhaltigem Wachstumspotenzial.

Insbesondere in Branchen, in denen Umwelt- und Sozialthemen eine zentrale Rolle spielen, wie im Energiesektor, in der Lebensmittelindustrie oder im Finanzwesen, kann ein starkes ESG-Profil den Unternehmenswert erheblich steigern. Verkäufer, die ESG als Differenzierungsmerkmal nutzen, können sich von Wettbewerbern abheben und ihre Marktposition stärken. Dies ist besonders relevant in Zeiten, in denen Stakeholder verstärkt auf die Nachhaltigkeitsstrategien von Unternehmen achten.

Darüber hinaus stärkt ein klarer ESG-Fokus das Vertrauen der Stakeholder, sei es bei Investoren, Mitarbeitern oder Geschäftspartnern. Ein solider ESG-Track-Record kann die Verhandlungsposition eines Unternehmens im Rahmen von M&A-Transaktionen erheblich verbessern, indem er die Bereitschaft potenzieller Käufer erhöht, höhere Preise zu zahlen und flexiblere Bedingungen anzubieten.

Herausforderungen bei der Integration von ESG in M&A-Transaktionen

Trotz der offensichtlichen Vorteile, die ESG in M&A-Transaktionen bieten kann, gibt es auch erhebliche Herausforderungen, die nicht unterschätzt werden sollten. Die Bewertung von ESG-Faktoren erweist sich oft als komplexer Prozess, der weit über traditionelle Finanzkennzahlen hinausgeht. Die Integration von ESG in den Due-Diligence-Prozess erfordert eine sorgfältige Analyse sowohl qualitativer als auch quantitativer Daten.

Daneben können etwaige ESG-Faktoren bzw. identifizierte Risiken auch die Vertragsgestaltung beeinflussen und beispielsweise ausführliche ESG-Garantien oder Freistellungen erforderlich machen.

Fazit: ESG als unverzichtbarer Faktor in M&A-Transaktionen

ESG hat sich als unverzichtbarer Faktor für zahlreiche M&A-Transaktionen etabliert. Sowohl Käufer als auch Verkäufer erkennen zunehmend, dass ESG nicht nur regulatorische Anforderungen erfüllt, sondern auch erhebliche Vorteile in Bezug auf Risikominimierung und Wertsteigerung bietet. Unternehmen, die ESG frühzeitig in ihre Transaktionsstrategie integrieren, können sich einen deutlichen Wettbewerbsvorteil verschaffen.

Für Käufer bietet ESG die Möglichkeit, Risiken zu minimieren, den Zugang zu günstigen Finanzierungen zu sichern und langfristigen Geschäftserfolg zu gewährleisten. Verkäufer hingegen können durch starke ESG-Leistungen ihren Unternehmenswert steigern und höhere Verkaufspreise erzielen.

*Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Lediglich der leichteren Lesbarkeit halber wird künftig bei allen Bezeichnungen nur noch die grammatikalisch männliche Form verwendet.

Tags: ESG: Corporate Governance & Disputes M&A-Transaktion