Das Bundeskabinett hat einen Entwurf für ein neues Energieeffizienzgesetz vorgelegt. Dieser setzt die novellierte Energieeffizienzrichtlinie in nationales Recht um.
Die Europäische Kommission hatte im Juli 2021 einen Vorschlag für eine Novellierung der Energieeffizienzrichtlinie (COM[2021] 558 final) (Energy Efficiency Directive, EED) im Rahmen des „Fit for 55“-Pakets vorgelegt. Auf den Vorschlag haben sich der Europäische Rat und das Europäische Parlament nun Anfang März 2023 geeinigt; die novellierte EED ist aber noch nicht in Kraft getreten. Die Ampelkoalition ist dennoch bereits zur Tat geschritten und möchte die Vorgaben der Richtlinie durch den Entwurf eines Energieeffizienzgesetzes (EnEfG-E) vorzeitig in nationales Recht überführen. Grund hierfür ist ausweislich der Gesetzesbegründung, dass im Falle einer verzögerten Gesetzesinitiative die Erreichung der nationalen Energieeffizienzziele gefährdet wäre.
Der EnEfG-E ist am 19. April 2023 vom Bundeskabinett beschlossen worden und befindet sich derzeit im parlamentarischen Verfahren.
Energieeffizienzrichtlinie setzt auf Einzelmaßnahmen anstatt bindender nationaler Ziele
Dreh- und Angelpunkt der novellierten EED ist die Festlegung verbindlicher europäischer Energieeffizienzziele. Die Europäische Union verpflichtet sich hierdurch, ihren Primär- und Endenergieverbrauch bis 2030 gegenüber den Werten von 2007 um mehr als ein Drittel zu senken. Auf die Festlegung bindender nationaler Effizienzziele für die Mitgliedstaaten war jedoch bewusst verzichtet worden. Stattdessen setzt die Europäische Kommission auf eine Reihe von Einzelmaßnahmen, die in ihrer Gesamtheit in Kombination mit dem bindenden europäischen Effizienzziel für eine Steigerung der gesamteuropäischen Energieeffizienz sorgen sollten.
Zentraler Aspekt des Energieeffizienzgesetzes ist die Senkung des Primär- und Endenergieverbrauchs
Das Bundeskabinett möchte nunmehr durch Vorlage des EnEfG-E ein Rahmengesetz schaffen, das die Grundlage für einzelne effizienzsteigernde Maßnahmen auf Bundes- und Landesebene bilden soll. Im Mittelpunkt des EnEfG-E steht daher die Festlegung von Energieeffizienzzielen für den Primär- und Endenergieverbrauch in Deutschland. Der Endenergieverbrauch soll bis 2030 im Vergleich zum Jahr 2008 um mind. 26,5 % sinken (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 EnEfG-E). Beim Primärenergieverbrauch soll die Einsparung gegenüber demselben Vergleichsjahr bis 2030 39,3 % betragen, was das europäische Ziel sogar leicht übertrifft. Gleichzeitig gibt es konkrete jährliche Einsparverpflichtungen für den Bund und – abhängig von ihrer Einwohnerzahl – für die Länder (§ 5 Abs. 1, 2 i.V.m. Anlage 1 zum EnEfG-E).
Zudem hat die Bundesregierung die Chance genutzt, auch über den zeitlichen Anwendungsbereich der EED hinaus langfristige nationale Ziele für die Energieeffizienz zu formulieren. Der EnEfG-E sieht daher eine weitere Reduzierung des Primär- und Endenergieverbrauchs bis 2040 und 2045 vor; hierbei handelt es sich jedoch nur um eine Zielvorgabe, mit der (noch) keine verpflichtenden Maßnahmen für die öffentliche Hand oder für private Unternehmen verbunden sind. Mit dieser Zielvorgabe greift die Bundesregierung zukünftigen Rechtssetzungsakten auf europäischer Ebene vor, denn die Europäische Kommission wird das Prinzip „Energy Efficiency First“ auch weiterhin konsequent umsetzen. Es ist daher zu erwarten, dass die unionsseitigen Vorgaben für die Energieeffizienz auch über 2030 hinaus nicht nur aufrechterhalten, sondern verschärft werden.
Rolle des öffentlichen Sektors bei der Steigerung der Energieeffizienz ist ausbaufähig
Die novellierte EED legt einen besonderen Schwerpunkt auf Energieeffizienzmaßnahmen im öffentlichen Sektor, da dieser eine Vorbildfunktion für andere Sektoren erfüllt. Dies hat die Bundesregierung akzeptiert und erhöht das durch die Kommission vorgegebene sektorspezifische Ziel für öffentliche Stellen auf nationaler Ebene von 1,7 % Energieeinsparung pro Jahr auf 2 % (§ 6 Abs. 1 S. 1 EnEfG-E). Wie in der EED ist der Begriff der „öffentlichen Stelle“ dabei weit zu verstehen (§ 3 Nr. 22 EnEfG-E). Bemerkenswert ist insofern, dass öffentliche Wohnungs(bau)unternehmen von den Energieeinsparungsverpflichtungen ausgenommen sind (§ 6 Abs. 4 EnEfG-E). Dies wird damit begründet, die Schaffung von Wohnraum sei besonders schützenswert und müsse daher – wie bei privaten Wohnungsunternehmen – hinter der Zielvorgabe des Umweltschutzes durch Einsparung von Energie zurückstehen. Die Bundesregierung sieht also im (Wohn-)Immobiliensektor augenscheinlich keinen entscheidenden Hebel für die Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen, was angesichts der Einsparung von Energiekosten auf Seiten der Verbraucher* kritisch zu hinterfragen ist.
Die EED gibt neben allgemeinen Energieeinsparzielen auch detailliert vor, inwiefern die Energieeffizienz im öffentlichen Sektor stärker in die Entscheidungsfindung eingebunden werden sollte. Hierzu zählt bspw. die Normierung der Energieeffizienz als Entscheidungskriterium im Rahmen des mitgliedstaatlichen Vergaberechts. Der EnEfG-E hat dies bisher nicht übernommen. Stattdessen schreibt er für den öffentlichen Sektor vor, sog. Energie- und/oder Umweltmanagementsysteme einzurichten (§ 6 Abs. 4 EnEfG-E). Diese Systeme dienen dazu, nach den Vorgaben der DIN EN ISO 500001:2018 (vgl. § 3 Nr. 16 EnEfG-E) bzw. der Verordnung (EG) Nr. 1221/2009 (vgl. § 3 Nr. 29 EnEfG-E) die Energienutzung bzw. die Umweltschutzmaßnahmen in einer bestimmten (Unternehmens-)Einheit zu überwachen, zu analysieren und zu optimieren. Es handelt sich also um ein Monitoring-Instrument, innerhalb dessen öffentliche Einrichtungen des Bundes und der Länder selbst darüber entscheiden können, welche Maßnahmen sie ergreifen, um das genannte Ziel von 2 % Energieeinsparung zu erreichen (vgl. § 6 Abs. 2 S. 1 EnEfG-E). Es ist zweifelhaft, ob allein dies ausreicht, um dem öffentlichen Sektor den nötigen Schub in Sachen effizienten Energieverbrauchs zu geben. Womöglich wird die Bundesregierung an dieser Stelle nachbessern müssen oder es bedarf jedenfalls weiterer konkretisierender Rechtsakte auf Bundes- und Landesebene.
Auch private Unternehmen sind zur Überprüfung ihrer Energieeffizienz verpflichtet
Die EED schreibt vor, dass auch energieintensive Unternehmen dazu verpflichtet sind, Energie- bzw. Umweltmanagementsysteme einzurichten (Art. 11 EED). Diese Verpflichtung wird im EnEfG-E für Unternehmen mit einem jährlichen durchschnittlichen Gesamtendenergieverbrauch von > 15 GWh entsprechend in nationales Recht überführt (§ 8 Abs. 1, 2 EnEfG-E). Für die Umsetzung dieser Verpflichtung bleibt den betroffenen Unternehmen ein Zeithorizont von 20 Monaten nach Inkrafttreten des EnEfG-E (§ 8 Abs. 2 S. 1 EnEfG-E). Zudem gibt es spezifische, insbesondere für die Industrie relevante Vorgaben zur Erfassung von Potenzialen zur Nutzung von Abwärme und sonstigen Energieeinsparmaßnahmen (§ 8 Abs. 3 EnEfG-E).
In einem zweiten Schritt müssen die Unternehmen sodann konkrete Umsetzungspläne zur Verbesserung ihrer Energieeffizienz erstellen. Diese Pflicht entsteht bereits ab einem durchschnittlichen jährlichen Gesamtendenergieverbrauch von > 2,5 GWh (§ 9 Abs. 1 EnEfG-E), auch wenn in diesem Fall lediglich Energieaudits nach Maßgabe des Gesetzes über Energiedienstleistungen und andere Energieeffizienzmaßnahmen (EDL-G) durchgeführt werden müssen (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 3 EnEfG-E i.V.m. § 8 Abs. 1 S. 1 EDL-G).
Ob die genannten Maßnahmen vollständig und fristgerecht umgesetzt wurden, soll künftig das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle in Stichproben überprüfen (§ 10 EnEfG-E). Ein Verstoß ist bußgeldbewehrt und daher nicht trivial (§ 19 Abs. 1 Nr. 1–3 EnEfG-E).
Abwärme soll in Zukunft besser genutzt werden, um Energieeffizienz zu steigern
Der EnEfG-E legt einen zusätzlichen Fokus auf die Bedeutung der Abwärme. Momentan wird Abwärme, die bspw. in der Industrie oder beim Betrieb von Rechenzentren entsteht, meist noch nicht effizient wiederverwendet. Das dahinterliegende Potenzial wird sich zusehends vergrößern, wenn industrielle (Produktions-)Verfahren zugunsten einer Reduktion von Emissionen elektrifiziert werden. Ein wichtiges Anliegen des EnEfG-E ist es daher, entstehende Abwärme auf das technisch Unvermeidbare zu reduzieren (§ 16 Abs. 1 EnEfG‑E). Die technisch unvermeidbare Abwärme soll sodann besser genutzt werden, indem sie entweder in räumlicher Nähe zu ihrer Entstehung (bspw. auf dem Betriebsgelände) oder durch Lieferung an Dritte verbraucht wird (§ 16 Abs. 2 EnEfG-E).
Aus diesem Grund sind alle Unternehmen ab einem durchschnittlichen jährlichen Gesamtendenergieverbrauch von > 2,5 GWh verpflichtet, ihre internen Abwärmeprozesse kritisch zu hinterfragen. Soweit Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zur Vermeidung und Nutzung von Abwärme einschlägig sind, gehen diese allerdings vor (§ 16 Abs. 3 EnEfG-E). Die Bundesregierung nimmt zudem die gesamte Wärme-Wertschöpfungskette in den Blick, indem sie die Abwärme produzierenden Unternehmen verpflichtet, Betreibern von Wärmenetzen oder Fernwärmeversorgungsunternehmen Auskunft über das mögliche Potenzial zur Nutzung von Abwärme zu geben (§ 17 EnEfG-E).
Weitere Diskussionen um Rechenzentren und die Energieeffizienz im Gebäudesektor zu erwarten
Strengere gesetzliche Energieeffizienzanforderungen für Rechenzentren werden innerhalb der Branche bereits seit Herbst des vergangenen Jahres intensiv diskutiert. Änderungen der entsprechenden detaillierten Vorgaben des EnEfG-E im Gesetzgebungsverfahren sind daher nicht unwahrscheinlich. Auch im Bereich der Energieeffizienz im Gebäudesektor bleibt es spannend. Der Vorschlag zur Änderung der EU-Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD) befindet sich im Rahmen der Trilogverhandlung in den letzten Zügen. Auf nationaler Ebene wurde neben dem EnEfG-E am 19. April auch die GEG-Novelle im Bundeskabinett verabschiedet, die einige Vorgaben für die Erhöhung der Energieeffizienz im Gebäudebereich vorsieht.
*Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.