3. Mai 2024
Berichtspflicht Rechenzentrumbetreiber
Energy goes digital

Konkretisierung der Europäischen Veröffentlichungspflichten für Rechenzentren

Die Europäische Kommission konkretisiert die Veröffentlichungspflichten für Rechenzentrumsbetreiber – was Betreiber nun und in Zukunft erwarten könnte.

Bereits im letzten Jahr haben wir über das neue deutsche Energieeffizienzgesetz berichtet. Dieses Gesetz verpflichtet Betreiber von Rechenzentren, u.a. jährlich bestimmte Informationen zum Energieverbrauch, zum Anteil erneuerbarer Energien am Stromverbrauch, zur Energieverbraucheffektivität etc. zu veröffentlichen und an eine nationale Datenbank zu melden.

EU-Kommission hat die Berichtspflichten in Energieeffizienzrichtlinie erweitert

Nun hat die EU-Kommission die Berichtspflichten nochmals erweitert und konkretisiert:

Im Rahmen der Neufassung der EU-Energieeffizienzrichtlinie (EU) 2023/1791 haben EU-Parlament und Rat in Art. 12 sowie Anhang VII der Richtlinie festgelegt, dass die Mitgliedsstaaten die Eigentümer und Betreiber von Rechenzentren mit einem Strombedarf der installierten Informationstechnologie von mindestens 500 kW zur Veröffentlichung verschiedener Informationen mit Nachhaltigkeitsbezug verpflichten müssen. 

Die dort gemachten Vorgaben und der Inhalt der Veröffentlichungspflichten waren bisher relativ abstrakt formuliert. Zugleich haben sie der EU-Kommission die Befugnis übertragen, delegierte Rechtsakte zu erlassen, um ein gemeinsames Unionssystem für die Bewertung der Nachhaltigkeit von Rechenzentren und dabei auch die Nachhaltigkeitsindikatoren sowie die zu ihrer Berechnung heranzuziehenden Leistungsindikatoren und die Methode zu ihrer Messung festzulegen. Die EU-Kommission hat von dieser Befugnis mit der Annahme der delegierten Verordnung C/2024/1639 vom 14. März 2024 Gebrauch gemacht. Die delegierte Verordnung ist bisher noch nicht im Amtsblatt verkündet und damit noch nicht in Kraft getreten. Derzeit läuft eine zweimonatige Prüfphase, innerhalb der das Parlament und der Rat noch Einwände gegen die delegierte Verordnung erheben können. Die nachfolgenden Ausführungen stehen entsprechend unter dem Vorbehalt, dass die delegierte Verordnung C/2024/1639 bisher nur von der Kommission angenommen, aber noch nicht in Kraft getreten ist.

Welche Informationen müssen Rechenzentrumsbetreiber zukünftig (zusätzlich) veröffentlichen?

Betreiber von Rechenzentren in der Europäischen Union mit einem Leistungsbedarf der installierten Informationstechnologie von mindestens 500kW sind zukünftig verpflichtet, an eine von der Kommission bereitgestellte Europäische Datenbank bestimmte Informationen über ihre jeweiligen Rechenzentren zu melden. Diese Informationen sind in den Anhängen der delegierten Verordnung genauer definiert. Betroffen sind alle Arten von Rechenzentren, unabhängig davon, ob es sich um ein Unternehmensrechenzentrum, ein Co-Location Rechenzentrum oder ein Co-Hosting Rechenzentrum handelt.

Die Meldepflicht umfasst unter anderem Informationen über das meldende Rechenzentrum selbst (z.B. Name, Standort, Eigentümer/Betreiber, Art des Rechenzentrums etc.) sowie dessen Betrieb (Redundanz-Level der elektrischen sowie der Kühlinfrastruktur). 

Kern der Meldepflichten sind jedoch verschiedene, von den Rechenzentrumsbetreibern zu überwachende sowie nach genauen Vorgaben zu messende wesentliche Leistungsindikatoren, die sich aus Anhang II der delegierten Verordnung ergeben. Zu melden sind insgesamt 24 einzelne Leistungsindikatoren, die sich zunächst thematisch den drei Blöcken Energie und Nachhaltigkeit, Informations- und Kommunikationstechnologie sowie Datenverkehr zuordnen lassen.

Im Bereich Energie- und Nachhaltigkeit sind neben verschiedenen Angaben zu Flächengrößen unter anderem auch detaillierte Angaben zu Energiebedarf und -verbräuchen, Gesamtwasser- und Trinkwasserverbrauch, Abwärme und Abwärmenutzung, Kühlung und Nutzung von erneuerbaren Energien zu machen. Teilweise enthält Anhang II der delegierten Verordnung dabei auch konkrete Vorgaben, wo die jeweiligen Leistungsindikatoren zu messen sind.

Daneben sind Informationen zu Server- und Speicherkapazitäten sowie zur Bandbreite und Menge des Datenverkehrs zu veröffentlichen.

Die Meldungen haben zunächst bis zum 15. September 2024, sodann bis zum 15. Mai 2025 und danach jährlich zu erfolgen. Die Meldung hat primär über etwaige diesbezüglich eingerichtete Meldesysteme der Mitgliedsstaaten zu erfolgen. Nur wenn solche Systeme nicht existieren, soll die Meldung direkt an die Datenbank der EU erfolgen. Die so erhobenen Leistungsindikatoren werden auf Ebene der Europäischen Union sowie auf Ebene der Mitgliedsstaaten veröffentlicht.

Aus den so erhobenen Leistungsindikatoren werden dann u.a. Kennzahlen zur eingesetzten Energie (Power Usage Effectiveness, PUE), zur Effizienz der Wassernutzung (Water Usage Effectiveness, WUE), zum Anteil der wiederverwendeten Energie (Energy Reuse Factor, ERF) sowie zum Anteil erneuerbarer Energien (Renewable Energy Factor, REF) berechnet. Diese werden als Nachhaltigkeitsindikatoren ebenfalls veröffentlicht.

Veröffentlichungspflichten bestehen auch schon nach dem EnEfG

Soweit nichts neues, möchte man auf den ersten Blick konstatieren, wurden Veröffentlichungspflichten mit Nachhaltigkeitsbezug auf nationaler Ebene doch bereits im letzten Jahr mit dem Energieeffizienzgesetz, insbesondere § 13 EnEfG i.V.m. Anlage 3 zum EnEfG eingeführt. Doch so einfach ist die Sache nicht.

Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass der Umfang der nun von der Europäischen Kommission in der delegierten Verordnung konkretisierten Veröffentlichungspflichten – insbesondere die erhobenen Leistungsindikatoren – in erheblichem Maße über die nationalen Veröffentlichungspflichten hinausgeht. Anders ausgedrückt: Auf nationaler Ebene wird nur ein kleiner Teil der Informationen abgefragt, die von der Europäischen Kommission erhoben werden.

Da auf nationaler Ebene nur ein kleiner Teil der von der EU geforderten Leistungsindikatoren zu melden sind, stellt sich die Frage, ob auf nationaler Ebene zukünftig von den Betreibern zwei gesonderte Erklärungen – einmal nach dem EnEfG und einmal nach Unionsrecht – gefordert werden kann, oder ob die Abgabe einer einheitlichen Erklärung ausreichend ist, aus der dann die jeweils notwendigen Daten für die nationale Datenbank bzw. für die Unionsdatenbank entnommen werden können.

Dabei ist darauf hinzuweisen, dass jüngst jedenfalls das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz die im Energieeffizienzgesetz genannte erste Meldefrist zum 15. Mai 2024 unter Verweis auf Verzögerungen beim Erlass der delegierten Verordnung der EU-Kommission für drei Monate ausgesetzt hat.

Neue (europäische) Veröffentlichungspflichten nur ein erster Schritt zur weiteren Regulierung von Rechenzentren unter Nachhaltigkeitsaspekten

Rechenzentren verbrauchten 2018 insgesamt 76,8 TWh Energie bzw. 2,7 % des Gesamtenergiebedarfes in der EU; die Kommission geht davon aus, dass dieser Wert bis 2030 mindestens auf 98,5 TWh im Jahr bzw. 3,21 % am Gesamtenergiebedarf ansteigen wird. Insbesondere neue Technologien, wie autonomes Fahren und KI erfordern immer größere Rechenkapazitäten. Es ist daher kaum verwunderlich, dass die Europäische Kommission auf dem Weg zur Klimaneutralität 2050 auch die Rechenzentrumsbetreiber verstärkt in den Blick nimmt.

Art. 12 (5) der Energieeffizienzrichtlinie (EU) 2023/1791 verpflichtet die Europäische Kommission, bis zum 15. Mai 2025 die übermittelten, verfügbaren Daten auszuwerten und dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht sowie ggf. Gesetzgebungsvorschläge mit weiteren Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz von Rechenzentren vorzulegen. Dabei soll u.a. auch ein Vorschlag zur Festlegung von Mindestleistungsstandards erfolgen. Langfristige Zielvorgabe ist dabei für den Rechenzentrumssektor ein Übergang zu Netto-Null-Emissionen. 

Betreiber und auch Entwickler von Rechenzentren können sich daher sicher darauf einstellen, dass die nationalen Vorgaben zur Nachhaltigkeit bzw. Energieeffizienz von Rechenzentren in den nächsten Jahren durch Europäische Regulierungsvorgaben ergänzt werden, um das Ziel eines klimaneutralen Kontinents bis 2050 zu erreichen. Dies wird zu weiterem Aufwand für die Betreiber von Rechenzentren führen.

Mit dem EU Action Plan Digitalisierung des Energiesystems möchte die EU-Kommission zum Erreichen der Klimaziele und zu einer digitalen und ressourceneffizienten Gesellschaft beitragen. In unserer Blog-Serie „Energy goes digital gehen wir auf die einzelnen Inhalte des Action Plan sowie auf weitere Themen der Digitalisierung des Energiesystems ein. Bereits online sind neben dem in die Blog-Serie einführenden Beitrag, Beiträge zum Energieeffizienzgesetz-Entwurf und zu Smart Meter.

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