25. November 2024
Verlustabzugsbeschränkung Termingeschäft
Steuerrecht

Ade Verlustabzugsbeschränkung für Termingeschäfte – Gesetzgeber bereinigt Verfassungswidrigkeit

In der Plenarsitzung am 22. November hat der Bundesrat zugestimmt, die vollständige Verlustverrechnung bei Termingeschäften zuzulassen. 

Seit dem Veranlagungszeitraum 2021 galt eine Beschränkung für die Verrechnung von Verlusten aus Termingeschäften nach § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG, sodass Verluste aus Termingeschäften nur bis zu einem Betrag von EUR 20.000 pro Veranlagungszeitraum mit Gewinnen aus Termingeschäften oder Einnahmen aus Stillhalterprämien verrechnet werden konnten. Nicht verrechnete Verluste konnten in spätere Veranlagungszeiträume vorgetragen werden, unterlagen aber der gleichen Höhe der Verrechnungsbeschränkung.

Gesetzgeber schafft Vorschrift ab

Gegen diese Regelung bestanden derart starke verfassungsrechtliche Bedenken, dass der Bundestag am 18. Oktober 2024 den Entwurf des Jahressteuergesetzes 2024 angenommen hat, den die Bundesregierung eingebracht und der Finanzausschuss empfohlen hat.

Der Bundesrat hat am 22. November 2024 dem Jahressteuergesetz 2024 zugestimmt. Damit wird die Verlustverrechnungsbeschränkung für Termingeschäfte auf alle offenen Fälle nicht mehr angewendet werden. Verluste aus Termingeschäften sind somit vollständig mit Gewinnen aus Termingeschäften und anderen Kapitaleinkünfte (bspw. Dividenden) verrechenbar.

Das Gesetz kann nun ausgefertigt sowie verkündet werden und tritt zu einem großen Teil am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Termingeschäfte sind Finanzgeschäfte, bei denen der Zeitpunkt der Erfüllung in der Zukunft liegt

Unter Termingeschäfte fallen Spekulationen auf die Kursentwicklung von Aktien, Währungen, Rohstoffen oder anderen Basiswerten. Ein Beispiel für ein Termingeschäft ist ein sogenannter Differenzkontrakt (CFD), bei dem nur einen Bruchteil des Basiswerts als Sicherheit hinterlegt werden muss, aber der volle Gewinn oder Verlust aus der Kursdifferenz realisiert wird, oder auch z.B. Optionen, Futures, auch in Form von Kryptowerten. 

Die Gewinne und Verluste aus Termingeschäften gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen und unterliegen bei einkommensteuerpflichtigen Personen grundsätzlich der Abgeltungsteuer in Höhe von 25 % (zzgl. Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer). 

Was sollten man jetzt tun?

Die nächsten Schritte hängen maßgeblich vom Status des Besteuerungsverfahrens ab:

  • Noch keine Steuerklärung eingereicht: 
    Innerhalb der Abgabefrist sollte die Steuerklärung abgegeben werden, in der man die geänderte Gesetzeslage anwendt. Sollte ELSTER die geänderte Gesetzeslage noch nicht berücksichtigen, sollte man den zuständigen Sachberater kontaktieren. 

    Ist die Abgabefrist bereits verstrichen, weil man das Gesetzgebungs- sowie die Klageverfahren abwarten wollte, empfehlen wir einen Rechtsanwalt/Steuerberater zu kontaktieren. Zum einen gelten in diesem Fall andere Abgabefristen und zum anderen sollte man steuerstrafrechtliche Konsequenzen möglichst vermeiden.
  • Steuerklärung eingereicht und noch keinen Steuerbescheid erhalten: 
    Abwarten, das Finanzamt muss die geänderte Gesetzeslage von Amtswegen berücksichtigen. Das ist bei Erhalt des Steuerbescheids zu kontrollieren.
  • Steuerklärung eingereicht und kürzlich den Steuerbescheid erhalten:
    Wenn sich nach Durchsicht des Steuerbescheids herausstellt, dass das Finanzamt die geänderte Gesetzeslage noch nicht berücksichtigt hat, gilt es den zuständigen Sachberater zu kontaktieren. Gegebenenfalls sollte man innerhalb der gesetzlichen Fristen (1 Monat ab Bekanntgabe) Einspruch einlegen.
  • Steuerbescheid erhalten:
    Wenn die geänderte Gesetzeslage zugunsten des Steuerpflichten auswirkt, sollte man – sofern es fristgerecht noch möglich ist – Einspruch einlegen.

    Sollte ein Einspruch nicht mehr möglich sein und der Einkommensteuerbescheid unter dem sog. Vorbehalt der Nachprüfung stehen ( der Steuerbescheid enthält den Zusatz „Der Bescheid ergeht nach § 164 Abs. 1 AO unter Vorbehalt der Nachprüfung“), sollte man Kontakt mit dem zuständigen Sachberater aufnehmen. Denn aufgrund dieses Zusatzes kann der Steuerbescheid jederzeit geändert werden.
  • Steuerbescheid erhalten und ich habe Einspruch eingelegt:
    Infolge des Einspruchs kann der Einkommensteuerbescheid nicht bestandskräftig (d.h. unangreifbar) werden. Ob man in diesem Fall sofort Kontakt mit dem zuständigen Sachberater aufnimmt, hängt davon ab, ob trotz des Einspruchs die Steuer bezahlt wurde oder einen sog. Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt wurde.
  • Steuerbescheid erhalten, keinen Einspruch eingelegt und kein Vorbehalt der Nachprüfung:
    Wenn die Einspruchsfrist abgelaufen ist und kein Vorbehalt der Nachprüfung besteht, ist der Einkommensteuerbescheid bestandskräftig geworden und kann von der Finanzverwaltung im Regelfall nicht mehr geändert werden. 

    Auf den 31. Dezember des entsprechenden Veranlagungszeitraums sind die Verluste unter Berücksichtigung der alten Rechtslage festgestellt worden. Diese Verluste können in den nachfolgenden Veranlagungszeiträumen genutzt werden. 

    Ob auch Billigkeitsmaßnahmen im Ermessen des Finanzamts möglich sind, um die Steuerlast für den Veranlagungszeitraum 2021 zu beseitigen, sollte im Einzelfall ggf. gemeinsam mit einem Steuerberater/Rechtsanwalt geprüft werden.

„Das kann ja wohl nicht wahr sein! Ich weil mein Geld zurück.“

Steuerpflichtige, die bereits Rechtsbehelfs- und Klageverfahren gegen die Festsetzung angestrebt haben, haben vermutlich Kosten für die Rechtsberatung und ggf. Zahlung der Steuer aufgewendet. Diese Kosten, die aufgrund eines Gesetzes entstanden sind, das seit dem Inkrafttreten dem Vorwurf der Verfassungswidrigkeit ausgesetzt, von der Finanzverwaltung zurückzubekommen, ist in der Regel wenig aussichtsreich. Denn es ist ständige Rechtsprechung, dass keine Amtshaftungsansprüche für normatives Unrecht bestehen. In besonderen Konstellationen kann es nach einer Prüfung des Einzelfalls aber möglich sein, Ansprüche geltend zu machen.

CMS unterstützt Mandanten bei der Prüfung, welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen, sowie der Durchsetzung, sei es in einem eigenen Klageverfahren oder zur Wahrung der verfahrensrechtlichen Position, um von einer positiven Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu profitieren.

* Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.

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