10. Juni 2020
Konjunkturpaket Optionsmodell
Steuerrecht

Konjunkturpaket: Körperschaftsteuer-Optionsmodell für Personengesellschaften und Verbesserung der Gewerbesteuerermäßigung nach § 35 EStG

Eine "kleine" Reformierung der Unternehmensbesteuerung soll zur Stärkung der Wirtschaft und der Abmilderung der Corona-Effekte beitragen.

Am 3. Juni 2020 haben die Koalitionsparteien ein Konjunkturpaket zur Stärkung der Wirtschaft verabschiedet. Das Paket sieht unter anderem verschiedene steuerliche Entlastungen vor. Diese gehen auf die Beschlüsse des Koalitionsausschusses vom 8. März 2020 mit dem Ziel „die Wirtschaft mit steuerpolitischen Maßnahmen zu stärken″ zurück.

So soll bei der Besteuerung von Personengesellschaften ein sog. Optionsmodell zur Körperschaftsteuer eingeführt und damit die Besteuerung von Personen- und Kapitalgesellschaften angeglichen werden. Zudem soll die Entlastung von der Gewerbesteuer durch Erhöhung der Anrechnungsmöglichkeit auf die Einkommensteuer verbessert werden. Die Vorschläge setzen einen Teil der Vorschläge zur Reform des Unternehmenssteuerrechts der CDU/CSU-Bundestagsfraktion vom 5. November 2019 um.

Optionsmodell: Personengesellschaft kann zur Besteuerung als Kapitalgesellschaft optieren

Die Forderung nach einer rechtsformneutralen Besteuerung, die auch im internationalen Vergleich wettbewerbsfähig ist, besteht seit langem. Sie ist insbesondere aufgrund der Steuersenkungen für Unternehmen in den USA wieder aufgekommen.

Bereits Ende des letzten Jahres wurde deshalb u.a. die Idee für ein sog. Optionsmodell vorgestellt. So findet sich das Optionsmodell sowohl in einem Papier des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie als auch in einem Positionspapier des IDW (Stand vom 13. November 2019). Die Idee eines Optionsmodells ist im Übrigen nicht neu. So wurde dieses bereits im Rahmen von Steuerreformüberlegungen im Jahr 2000 diskutiert.

Aufgrund des Optionsmodells sollen Personengesellschaften zur Besteuerung als Kapitalgesellschaften optieren können. Folge einer Option sollte sein, dass Gewinne der Personengesellschaft wie bei der Kapitalgesellschaft mit der Körperschaftsteuer von derzeit 15% und Entnahmen als Ausschüttungen mit der Abgeltungsteuer besteuert werden. Damit wäre eine optierende Personengesellschaft allein für ertragsteuerliche Zwecke einer Kapitalgesellschaft gleichgestellt, ohne dass die Rechtsform gesellschaftsrechtlich gewandelt werden muss.

Konkrete Ausgestaltung des Optionsmodells noch offen

Wie ein solches Optionsmodell vom Gesetzgeber genau ausgestaltet werden wird, ist derzeit offen. Das Positionspapier des IDW sieht – basierend auf einem Vorschlag aus August 2017 – bereits konkrete Vorschläge zur Ausgestaltung und Umsetzung vor.

So würde aufgrund der Option eine fiktive Umwandlung in eine Kapitalgesellschaft unterstellt werden. Auf Antrag sollte diese fiktive Umwandlung wie die tatsächliche Umwandlung steuerneutral erfolgen können. Die Anteile an der Personengesellschaft würden nach der Umwandlung für ertragsteuerliche Zwecke fiktiv wie Anteile an einer Kapitalgesellschaft behandelt werden.

Offene Fragen bestehen insbesondere bei der Behandlung des Sonderbetriebsvermögens, wenn dieses nicht im Zuge der fiktiven Umwandlung ohnehin in das Betriebsvermögen der Personengesellschaft oder ein anderes Betriebsvermögen überführt wird. Denkbar ist eine steuerneutrale Fortführung als sog. Restbetriebsvermögen oder eine steuerpflichtige Entnahme in das Privatvermögen.

Zu regeln ist zudem die Abgrenzung der Thesaurierung von der Ausschüttung. Nach den Vorschlägen des IDW soll es auf die im Gesellschaftsvertrag geregelte oder durch Gesellschafterbeschluss vereinbarte Gewinnverteilung und die darauf basierende Gutschrift auf den Gesellschafterkonten angekommen. Damit würde auch Qualifizierung der Gesellschafterkonten als Eigen- oder Fremdkapital entscheidende Bedeutung zukommen.

Weiterhin stellt sich die Frage der Bindungsfrist und der Möglichkeit und den Folgen einer Rückoption. Dies sind nur einige der zu regelnden Punkte.

Die Option dürfte voraussichtlich nur für Zwecke der Ertragsteuer wirken. Für andere Steuerarten dürfte die Personengesellschaft weiterhin als solche zu behandeln sein.

Konkrete Vorschläge zur Umsetzung des Vorschlages werden wir vorstellen, sobald diese vorliegen.

Auswirkungen einer Option zur Körperschaftsteuer dürften im Ergebnis bei natürlichen Personen von Vorteil sein

Das Optionsmodell dürfte im Ergebnis für Personengesellschaften mit natürlichen Personen als Gesellschafter von Interesse sein. Denn aufgrund der Option zur Körperschaftsteuer wird bei diesen Gesellschaften eine Verminderung der Steuerbelastung auf das Niveau der Körperschaftsteuer eintreten. Bei Kapitalgesellschaften als Gesellschafter von Personengesellschaften werden Gewinne aus der Personengesellschaft bereits heute mit dem Körperschaftsteuersatz von 15% besteuert, so dass eine Option eher nachteilig wäre, da bei Ausschüttung zusätzlich eine 5%-ige Steuerbelastung anfallen sollte. Im Falle von Verlusten wäre die Besteuerung als Kapitalgesellschaft ebenfalls nachteilig, da eine Verlustverrechnung auf Ebene des Gesellschafters wohl nicht mehr möglich wäre.

Offen ist, ob die optierende Personengesellschaft Organgesellschaft für Zwecke einer ertragsteuerlichen Organschaft sein kann.

Auswirkungen einer Option zur Körperschaftsteuer im internationalen Kontext

Die Option zur Besteuerung als Kapitalgesellschaft würde zu einer Verbesserung der Besteuerungssituation deutscher Personengesellschaften im internationalen Vergleich führen. Qualifikationskonflikte bei Anwendung der DBA könnten vermieden werden. Allerdings stellen sich bei ausländischen Gesellschaftern insbesondere im Zusammenhang mit dem fiktiven Formwechsel und auch bei Rückoption Fragen der Zurechnung des Besteuerungssubstrats.

Keine Anpassung des Thesaurierungssteuersatzes nach § 34a EStG vorgesehen

Die Reformvorschläge der CDU/CSU-Bundestagsfraktion vom 5. November 2019 enthielten neben dem Optionsmodell auch eine Verbesserung der Thesaurierungsbegünstigung nach § 34a EStG. § 34a EStG bietet Gesellschaftern von Personengesellschaften bereits heute die Möglichkeit auf Antrag thesaurierte Gewinne mit einem Sondersteuersatz von 28,25% zu besteuern. Erst bei Entnahme wird eine Nachsteuer von 25% erhoben. Hierdurch soll die Besteuerungssituation bei der Personengesellschaft der Kapitalgesellschaft angenähert werden. In der Praxis wird die Thesaurierungsbesteuerung jedoch aufgrund ihrer Komplexität und verschiedener Nachteile von eher wenigen Unternehmen genutzt. So führt die Regelung in der Gesamtbetrachtung zu einer im Vergleich hohen Gesamtsteuerbelastung. Nachteilig sind zudem Umstrukturierungshemmnisse aufgrund der Nachbesteuerungsthematik.

Das nun beschlossene Konjunkturpaket enthält keine Aussagen zur Thesaurierungsbegünstigung. Damit dürfte wohl diese komplexe Regelung nicht angepasst werden. Für kleinere Personengesellschaften wäre jedoch eine Anpassung der Thesaurierungsbegünstigung gegenüber der Option zur Körperschaftsteuer wohl die „einfachere″ Methode einer Entlastung.

Verbesserte Entlastung von der Gewerbesteuer

Im Jahr 2000 wurde zur Angleichung der Steuerbelastung von gewerblichen und nicht gewerblichen Unternehmen die Regelung des § 35 EStG eingeführt. Ziel der Regelung ist es, durch Ermäßigung der Einkommensteuer der Gesellschafter um einen rechnerischen Ermäßigungsbetrag die Gewerbesteuerbelastung der Personengesellschaft auf Ebene des Gesellschafters zu neutralisieren. Die Ermäßigung berechnet sich nach der aktuellen gesetzlichen Regelung aus dem 3,8-fachen des Gewerbesteuermessbetrags. Ein vollständiger Entlastungseffekt kann bis zu einem Gewerbesteuer-Hebesatz von rund 400% eintreten. Inzwischen liegt der Gewerbesteuer-Hebesatz deutscher Großstädte jedoch im Durchschnitt bei rund 450%, so dass eine vollständige Entlastung häufig nicht gegeben ist.

Nach dem Konjunkturpaket ist eine Erhöhung des Faktors von 3,8 auf 4,0 vorgesehen. Damit soll es bis zu einem Gewerbesteuerhebesatz von rund 420% zu einer vollständigen Entlastung von der Gewerbesteuer kommen. Die Reformvorschläge der CDU/CSU-Bundestagsfraktion vom 5. November 2019 sahen noch eine Erhöhung des Faktors auf bis zu 4,5 vor.

Systematische „Probleme″ der Reglung des § 35 EStG sollten mit angepasst werden

In der Praxis ist eine vollständige Entlastung von der Gewerbesteuer häufig auch aus anderen Gründen nicht möglich. So kommt es insbesondere zu Verwerfungen im Fall von Sonderbetriebsvermögen, Tätigkeitsvergütungen und der Verzinsung von Gesellschafterkonten. Insbesondere im Falle des unterjährigen Gesellschafterwechsels kann die Anrechnungsmöglichkeit vollständig verloren gehen, wenn nicht mit dem Gesellschafterwechsel eine komplexe steuerliche Strukturierung einhergeht. Diese Verwerfungen sind damit begründet, dass Rechtsprechung und Finanzverwaltung aufgrund des Gesetzeswortlauts die Ermäßigungsmöglichkeit nur den am Jahresende beteiligten Gesellschaftern und auf der Grundlage der hier gegebenen Beteiligungsquoten zugestehen. Unterjährig ausgeschiedene Gesellschafter erhalten dagegen keine Ermäßigung. Eine Anpassung dieser nicht sachgerechten Verwerfungen der gesetzlichen Regelung würde für viele Unternehmen eine zusätzliche Entlastung bewirken.

Zeitliche Anwendung

Zur zeitlichen Anwendung der beabsichtigen Regelungen enthält das veröffentlichte Konjunkturpaket keine Aussage, jedoch dürfte die Umsetzung des Optionsmodells aufgrund der Komplexität doch einige Zeit in Anspruch nehmen.

Wir werden die konkrete Umsetzung der geplanten Maßnahmen beobachten.

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