19. Juni 2020
Konjunkturpaket Verlustberücksichtigung
Steuerrecht

Konjunkturpaket: Erleichterungen bei steuerlicher Verlustberücksichtigung

Zweites Corona-Steuerhilfegesetz soll Anpassung für Vorauszahlungen 2019 normieren und sieht eine Erweiterung des steuerlichen Verlustrücktrags für 2020/21 vor.

Zur Sicherung von Arbeitsplätzen und zur Erhaltung des erarbeiteten Wohlstands hat sich die Bundesregierung am 3. Juni 2020 auf ein umfangreiches Konjunkturpaket mit insgesamt 57 Punkten geeinigt. In diesem Paket sind auch eine Vielzahl steuerlicher Maßnahmen enthalten. Ein aktueller Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 12. Juni 2020 sieht bereits die kurzfristige Umsetzung erster steuerlicher Maßnahmen vor. Einer dieser Punkte betrifft Erleichterungen in Bezug auf die steuerliche Verlustverrechnung. Dazu ist insbesondere die Erweiterung des steuerlichen Verlustrücktrags sowie die Einführung eines Mechanismus vorgesehen, den steuerlichen Verlustrücktrag unmittelbar finanzwirksam schon in der Steuererklärung 2019 nutzbar zu machen.

Die geplanten Änderungen im Überblick:

Anhebung der Höchstbetragsgrenzen beim Verlustrücktrag

Aufgrund der Corona-Krise und den damit einhergehenden Einschränkungen ist davon auszugehen, dass viele Steuerpflichtige aufgrund der im Vorjahresvergleich verringerter Einkünfte für den Veranlagungszeitraum 2020 einen rücktragsfähigen Verlust (§ 10 d Abs. 1 EStG) zu erwarten haben. Durch einen Verlustrücktrag eröffnet sich für Steuerpflichtige in diesem Fall grundsätzlich die Möglichkeit, das dem Einkommensteuergesetz zugrundeliegende Abschnittsprinzip zu durchbrechen und nicht ausgeglichene negative Einkünfte vom Entstehungsjahr in den unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraum zu transferieren. Der Verlustrücktrag ist über § 8 Abs. 1 S. 1 KStG auch bei der Körperschaftsteuer anzuwenden (nicht jedoch bei der Gewerbesteuer, für die in § 10a GewStG eine separate Verlustverrechnungsregelung existiert). Um die negativen wirtschaftlichen Folgen aus der Corona-Krise zusätzlich weiter abzufedern, sieht der Gesetzesentwurf in den §§ 10d Abs. 1 Satz 1 EStG-E, 52 Absatz 18b EStG-E vor, die bisherigen Höchstbetragsgrenzen beim Verlustrücktrag von EUR 1 Mio. auf max. EUR 5 Mio. (bzw. EUR 2 Mio. auf EUR 10 Mio. bei Zusammenveranlagung) für die Veranlagungszeiträume 2020 und 2021 anzuheben.

Pauschalierte Anpassung von Vorauszahlungen für den Veranlagungszeitraum 2019 soll gesetzlich verankert werden

Das BMF hat bereits mit Schreiben vom 24. April 2020 für Steuerpflichtige, die von der Corona-Krise unmittelbar und nicht unerheblich negativ betroffen sind, die Möglichkeit geschaffen, bereits entrichtete Vorauszahlungen für das Jahr 2019 unter bestimmten Voraussetzungen (nachträglich) herabzusetzen. Hierzu müssen betroffene Steuerpflichtige mit Gewinneinkünften oder Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ihren Verlustrücktrag aus dem Jahr 2020 pauschal ermitteln und können durch die Erstattung von Überzahlungen der Vorauszahlungen aus dem Jahr 2019 zügig mehr Liquidität schaffen.

Über die im Entwurf zum Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz vorgesehenen neuen §§ 110 und 111 EStG-E sollen diese Regelungen des (dann aufzuhebenden) BMF-Schreibens nun gesetzlich übernommen und ergänzt werden.

Vorgesehen ist dazu, dass die bereits geleisteten Vorauszahlungen für 2019 in Höhe eines vorläufigen Verlustrücktrags für 2020 auf Antrag herabgesetzt werden können. Der vorläufige Verlustrücktrag für 2020 soll pauschal auf 30 Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte des Veranlagungszeitraums 2019 festgeschrieben werden. Sofern ein Steuerpflichtiger jedoch einen höheren voraussichtlichen Verlustrücktrag nachweisen kann, besteht die Möglichkeit zur Berücksichtigung über die pauschalen 30 Prozent hinaus, entsprechend der vorgelegten Nachweise. Die Minderung darf dabei die Höchstgrenzen von EUR 5 Mio. bzw. EUR 10 Mio. bei zusammenveranlagten Ehegatten nicht überschreiten. Voraussetzung für den Abzug des vorläufigen Verlustrücktrags für 2020 ist außerdem, dass die Vorauszahlungen für 2020 auf null Euro herabgesetzt wurden.

Berücksichtigung des erweiterten Verlustrücktrags von EUR 5 Mio. bzw. EUR 10 Mio. bereits in der Veranlagung für 2019

Der aktuelle Gesetzesentwurf sieht über § 111 EStG-E vor, die Erhöhung der Höchstbetragsgrenzen beim Verlustrücktrag bereits bei der Veranlagung 2019 liquiditätswirksam zu berücksichtigen. Bei der Steuerfestsetzung für den Veranlagungszeitraum 2019 soll dazu auf Antrag pauschal ein Betrag in Höhe von 30 Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte des Veranlagungszeitraums 2019 als Verlustrücktrag aus 2020 abgezogen (vorläufiger Verlustrücktrag für 2020) werden können. Durch Nachweis größerer Verluste kann auch diesbezüglich eine Berücksichtigung über die 30 Prozent hinaus erfolgen. Um eine sehr zeitnahe Berücksichtigung zu erreichen, kann der pauschale Verlustrücktrag bereits – unter den o.g. Voraussetzungen – im Vorauszahlungsverfahren berücksichtigt werden. Der vorläufige Verlustrücktrag für 2020 tritt dabei an die Stelle des bisherigen pauschalierten Verlustrücktrags in Höhe von 15 Prozent nach dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 24. April 2020 (welches bei Inkrafttreten des Gesetzes aufgehoben werden soll).

Änderung der Steuerfestsetzung 2019 mit Veranlagung für 2020

Wird von dem vorläufigen Verlustrücktrag für 2020 für den Veranlagungszeitraum 2019 Gebrauch gemacht, ist für den Veranlagungszeitraum 2020 zwingend eine Einkommensteuererklärung abzugeben.

Da der tatsächliche Verlust im Jahr 2020 erst im Rahmen der Veranlagung für das Jahr 2020 in das Jahr 2019 zurückgetragen werden kann, kommt es infolge der Veranlagung für 2019 – aufgrund der Erstattung – regelmäßig zu einer Nachzahlung. Diese wird jedoch nach dem aktuellen Regierungsentwurf auf Antrag zinslos gestundet. Die der vereinfachten und pauschalen Berechnung geschuldeten Abweichungen von den tatsächlichen Besteuerungsgrundlagen werden nach der finalen Festsetzung des Jahres 2020 korrigiert.

Der Gesetzesentwurf sieht dazu ebenfalls vor, dass mit der Veranlagung für 2020 die Steuerfestsetzung für den Veranlagungszeitraum 2019 zu ändern ist. Dazu soll der bislang berücksichtigte vorläufige Verlustrücktrag für 2020 dem Gesamtbetrag der Einkünfte für 2019 in einem ersten Schritt hinzugerechnet werden. Sollten sich im zweiten Schritt – bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte für 2020 keine rücktragsfähigen negativen Einkünfte  ergeben oder verzichtet der Steuerpflichtige ganz oder teilweise auf die Anwendung von § 10d Absatz 1 Satz 1 EStG – ist der Steuerbescheid für 2019 zu ändern, soweit ein Verlustrücktrag aus 2020 tatsächlich nicht zu gewähren ist.

In allen anderen Fällen ist der Steuerbescheid für 2019 aufgrund des Verlustrücktrags nach
§ 10d Absatz 1 Satz 1 i. V. m. Satz 3 EStG zu ändern. Dies soll auch dann gelten, wenn der Steuerbescheid für den Veranlagungszeitraum 2019 bestandskräftig geworden ist. Vorgesehen ist insoweit, dass die Festsetzungsfrist nicht enden soll, bevor die Festsetzungsfrist für den Veranlagungszeitraum 2020 abgelaufen ist.

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