Die Organisation einer Matrixstruktur bietet für den Konzern betriebswirtschaftliche Vorteile, steuerlich ist sie nicht zu unterschätzen. Was ist zu beachten?
Ohne Rücksicht auf gesellschafts– oder arbeitsrechtliche, räumliche, funktionale, geschäftsspezifische Strukturen wechselt der Konzern von mehreren einlinigen Entscheidungs- und Ausführungsstrukturen innerhalb einer Gesellschaft zu einem Mehrliniensystem (sog. Matrix). In der Regel erfolgt die Umstrukturierung ausgehend von der operativen Konzernobergesellschaft. Angestellte berichten länder- und gesellschaftsübergreifend an ein zentral angestelltes Vorstandsmitglied, einen Geschäftsführer oder ein Mitglied der mittleren Führungsebene (insgesamt „Führungskraft″), die entlang der Berichtlinie die Kontroll- und Entscheidungshoheit besitzen.
Nach der Umstrukturierung gliedert sich der Konzern länder- und gesellschaftsübergreifend nach den Funktionsbereichen (bspw. Einkauf, Vertrieb, Finanzen) und den Produktionsbereichen (bspw. Produkte und Kunden). Dies erlaubt den unternehmensübergreifenden Einsatz von Personalressourcen.
Die Umstrukturierung in eine Matrixstruktur bietet betriebswirtschaftlich Vorteile, hält aber auch steuerliche Herausforderungen bereit.
Begründung einer Betriebsstätte
Führen die neuen Berichts-, Kontroll- und Entscheidungsaufgaben die Führungskraft (auch nur teilweise) ins Ausland, gilt es, Betriebsstätten zu vermeiden, damit die zurechenbaren Einnahmen nicht im Ausland der Besteuerung unterliegen.
Eine Betriebsstätte ist jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens nicht nur untergeordnet dient, insbesondere der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung. So ist beispielsweise zur örtlichen Bestimmung maßgeblich, wo gewichtige Maßnahmen der Geschäftsführung und rechtgeschäftliche Handlungen (bspw. durch Entscheidungen oder Vertragsabschlüsse der Führungskraft) vorgenommen oder wesentlich vorbereitet werden.
Vermeidung doppelter Lohnsteuerpflichten
Setzt der Konzern die Führungskraft grenzüberschreitend ein, stellen sich lohnsteuerliche und sozialversicherungsrechtliche Fragen. Es gilt eine doppelte Lohnsteuerpflicht zu vermeiden, die ggf. erst nach Bestandskraft ermittelt wird. Bei der Zuordnung der Tätigkeit zu einer Betriebsstätte im Ausland könnte eine Lohnsteuerpflicht, ohne Berücksichtigung der sog. 183-Tage-Regel, bereits ab dem ersten Tätigkeitstag eintreten. Zwischen den Gesellschaften geschlossene Dienstleistungsvereinbarungen können das lohnsteuerliche Problem nicht immer lösen.
Vor diesem Hintergrund gilt es sowohl eine Betriebsstätte zu vermeiden als auch vorab klare Regelungen zu vereinbaren.
Steuerpflicht der Gesellschaft am Sitz des Unternehmens
Weil die deutsche körperschaftsteuerliche Ertragsbesteuerung den Sitz oder den Ort der Geschäftsleitung voraussetzt und der Sitz in der Regel im Inland bestehen bleibt, sollte die Gesellschaft auch bei (vorübergehender) Tätigkeit der Führungskraft im Ausland weiterhin in Deutschland körperschaftsteuerpflichtig sein.
Im umgekehrten Fall (d. h. eine ausländische Führungskraft wird für die deutsche Gesellschaft tätig) könnte sich eine Steuerpflicht im Ausland und in Deutschland ergeben. Unternehmensgewinne werden aufgrund von Doppelbesteuerungsabkommen regelmäßig nur dort besteuert, wo das Unternehmen ansässig ist. Entscheidend ist der Ort der (tatsächlichen) Geschäftsleitung.
Sitzverlegung der Gesellschaft
Verlegt eine Gesellschaft ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz und wird auf Grund eines Doppelbesteuerungsabkommens in einem anderen Staat ansässig, gilt die Gesellschaft für deutsche Besteuerungszwecke u.U. als aufgelöst, was zu einer unerwünschten Exit-Besteuerung führt.
Compliance System für Führungskräfte – Haftung vermeiden
Unabhängig davon, ob ein Geschäftsführer aufgrund der Matrixstruktur primär entlang seiner Entscheidungslinie im Ausland tätig ist, bestehen die steuerlichen Pflichten (z. B. Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten (DAC 6), Erklärungs-, Auskunfts-, Vorlagepflichten, Steuereinbehaltungs- und Entrichtungspflichten, Duldungspflichten) gegenüber der im Inland steuerpflichtigen Gesellschaft fort. Durch angemessene Compliance-Maßnahmen in Abstimmung mit der zentralen (Konzern-)Steuerabteilung lassen sich Haftungsrisiken für Führungskräfte jedoch in der Regel stark reduzieren.
Leistungsbeziehungen zwischen Konzerngesellschaften
Grundsätzlich müssen vertragliche Leistungsbeziehungen (sog. Dienstleistungsverträge oder sog. Service level agreements) zwischen verbundenen Unternehmen einem Fremdvergleich Stand halten; dabei ist insbesondere der angemessene Verrechnungssatz und die richtige Verrechnungspreismethode zu wählen. Deren umfassende Dokumentation ist essenziell, damit die Bewertung anerkannt wird. Auch für die Matrixstrukturen gibt es von diesem Grundsatz keine Ausnahme, um beispielsweise verdeckte Gewinnausschüttungen oder sonstige (fiktive) Gewinnhinzurechnungen zu vermeiden.
Sofern ausländische Führungskräfte auch gegenüber einer inländischen Gesellschaft tätig werden, gilt es auch umsatzsteuerliche Stolperfallen aufgrund der Leistungsbeziehung zu vermeiden. Die Begründung umsatzsteuerlicher Organschaften kann helfen, ist aber für jeden Einzelfall gesondert zu prüfen.
Sonstige Herausforderungen
Es ist Vorsicht geboten, wenn ungewollt der Sitz und/oder der Ort der Geschäftsleitung ins Ausland verlegt werden. Bestehende ertragsteuerliche Organschaften sind gefährdet, wenn die Geschäftsleitung einer Organgesellschaft nicht in Deutschland und der Sitz der Gesellschaft innerhalb der EU/EWR liegen.
Bücher und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen sind bei einer inländischen Gesellschaft grundsätzlich in Deutschland zu führen und aufzubewahren. Abweichend davon kann die zuständige Finanzbehörde bewilligen, dass elektronische Bücher in einem Drittstaat geführt und aufbewahrt werden können.
Ist die im Ausland tätige Führungskraft zu mindestens 1 % an der Gesellschaft beteiligt und verzieht ins Ausland, könnte ggf. die Veräußerung der Gesellschaftsanteile fingiert werden. Daher ist auch die Wegzugsbesteuerung der Führungskräfte zu berücksichtigen, die ggf. auch an Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen teilnehmen.
Matrixstrukturen sind eine (steuerliche) Herausforderung, die man meistern kann
Matrixstrukturen sind rechtlich interdisziplinär. Allerdings gehen mit der Umstrukturierung auch steuerliche Herausforderungen einher, die nicht zu unterschätzen sind. Durch optimale Gestaltung und enge Abstimmung zwischen dem Konzern sowie den arbeits-, gesellschafts- und steuerrechtlichen Beratern, lassen sich die steuerlichen Herausforderungen überwinden.