Relevant für Unternehmen der Immobilienbranche: Das Bundesfinanzministerium hat wichtige Änderungen zur Umsatzsteuer bei Bauleistungen veröffentlicht.
Das Bundesfinanzministerium hat als Reaktion auf eine BFH-Entscheidung vom 22. Oktober 2013 (Az. V R 37/10) wichtige umsatzsteuerliche Änderungen veröffentlicht, die besonders für Unternehmen der Bau- und Immobilienbranche relevant sind.
Schwierigkeiten mit der bisherigen Systematik
Das Umsatzsteuergesetz benennt grundsätzlich den Erbringer einer Leistung als Schuldner der dafür abzuführenden Umsatzsteuer. In den letzten Jahren wurde dieses Prinzip jedoch durch den Gesetzgeber zugunsten der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers mit zunehmender Tendenz eingeschränkt.
Eine der älteren diesbezüglichen „Baustellen“ des Gesetzgebers ist die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers von Bauleistungen. Bereits seit Einführung dieser Regelung gehen mit ihr Abgrenzungsschwierigkeiten einher. So steht der Rechtsanwender regelmäßig vor Abgrenzungsfragen, die bereits mit der Definition der „Bauleistung“ beginnen.
Hinzu kommt, dass die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers von Bauleistungen nach dem Gesetzeswortlaut nur dann greift, wenn dieser selbst Unternehmer ist und Werklieferungen oder sonstige Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen (mit Ausnahme von Planungs- und Überwachungsleistungen) erbringt.
Damit war es im Grunde bereits mit der gesetzlichen Systematik angelegt, dass die Frage, wer die Umsatzsteuer auf Bauleistungen schuldet, in der Praxis häufig zu Schwierigkeiten führen würde. Der Erbringer von Bauleistungen muss nach dieser Systematik das Bestehen oder Nichtbestehen einer eigenen Steuerschuld davon abhängig machen, welche Leistungen der Leistungsempfänger bzw. sein Kunde erbringt. Dies ist freilich für den Leistungserbringer nur selten mit Sicherheit ersichtlich, weshalb bereits bislang die gesetzlichen Regelungen durch ausführliche Anweisungen der Finanzverwaltung ihre Ergänzung fanden.
In diesen Regelungskreis ist nun Bewegung gekommen. Für betroffene Unternehmen wird es wichtig sein, diese Änderungen wahrzunehmen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. In erster Linie sind hiervon sicherlich Bauunternehmungen betroffen, aber auch die Empfänger von Bauleistungen sollten ihre umsatzsteuerlichen Prozesse auf Anpassungsbedarf hin überprüfen.
Reichweite der Umkehr der Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen
Bislang galt: Der Empfänger von Bauleistungen schuldet die Umsatzsteuer für die empfangenen Leistungen, wenn er selbst nachhaltig Bauleistungen erbringt. Dies war bislang nach Auffassung der Finanzverwaltung grundsätzlich dann der Fall, wenn der Leistungsempfänger im vorangegangenen Kalenderjahr Bauleistungen erbracht hat, deren Bemessungsgrundlage mehr als 10 Prozent der Summe seiner Umsätze betragen haben.
Zukünftig gilt: Die Umsatzsteuerschuld geht dann auf den Leistungsempfänger über, wenn dieser seinerseits die empfangenen Bauleistungen zur Ausführung von Bauleistungen unmittelbar verwendet.
Einschränkung der Definition der „Bauleistung″ bei Bauträgern
Bislang galt: Unternehmer, die eigene Grundstücke zum Zweck des Verkaufs bebauen, führen dann Bauleistungen aus, wenn die Verträge (Grundstückskaufvertrag) mit den Kunden bereits zu einem Zeitpunkt geschlossen werden, in dem der Kunde noch Einfluss auf die Bauausführung und Baugestaltung nehmen kann.
Zukünftig gilt: Nur der ein fremdes Grundstück bebauende Generalunternehmer führt selbst Bauleistungen aus, nicht aber der ein eigenes Grundstück bebauende Bauträger. Die Umsatzsteuer auf an einen derartigen Bauträger geleistete Bauleistungen wird demzufolge vom leistenden Unternehmer, nicht aber vom Bauträger geschuldet. Denn der Bauträger verwendet die Eingangsleistungen seinerseits nicht unmittelbar zur Ausführung von Bauleistungen. Dies ergibt sich aus den Ausführungen einer Entscheidung des BFH vom 22. August 2013 (BFH/NV 2014, 130-134, Tz. 51), die die Finanzverwaltung in der jüngsten Veröffentlichung entsprechend berücksichtigt hat.
Konsequenzen
Der Übergang der Umsatzsteuerschuld auf den Leistungsempfänger wird zukünftig nur noch von der konkreten unmittelbaren Leistungsverwendung zur Erbringung von Bauleistungen abhängig sein. Es macht damit zukünftig keinen Unterschied mehr, ob der empfangende Unternehmer auch im Übrigen Bauleistungen erbringt oder nur einmalig als Bauleistender auftritt.
Umgekehrt können Bauleistungen an Bauunternehmer erbracht werden, für welche die Umkehr der Umsatzsteuerschuld nicht eintritt, wenn der Bauunternehmer die Bauleistungen nicht unmittelbar seinerseits zur Ausführung von Bauleistungen verwendet.
Eine fehlerhafte Anwendung oder auch Nichtanwendung des Regelungskreises zur Umkehr der Steuerschuldnerschaft für Bauleistungen kann zu signifikanten wirtschaftlichen Risiken beziehungsweise Verlusten bei den beteiligten Unternehmen führen. Höchste Sorgfalt und absichernde zivilrechtliche Maßnahmen sind geboten.
Aus steuerrechtlicher Sicht sind Rechtstreitigkeiten mit der Finanzverwaltung zu erwarten, da teilweise Unternehmer, die auf die bisherige Rechtslage vertraut haben, von einer rückwirkenden Anwendung der neuen Grundsätze betroffen sind. Dies kann im Einzelfall zu massiven Steuernachzahlungen führen.