26. Januar 2018
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E-Commerce Recht Banking & Finance

Surcharging-Verbot: Bezahlen ist jetzt kostenlos!

Mit Inkrafttreten des neuen § 270a BGB untersagt der Gesetzgeber weitgehend die Erhebung von Zahlungsmittelentgelten. Aber gilt das auch für PayPal und Co?

Mit der Einführung des neuen § 270a BGB hat der deutsche Gesetzgeber Vorgaben der zweiten Zahlungsdiensterichtlinie (Richtlinie 2015/2366 vom 25. November 2015, „PSD2„) umgesetzt und die Möglichkeiten für Online-Shop-Betreiber zur Erhebung zusätzlicher Entgelte für die Nutzung bestimmter Zahlungsmittel (sog. „Surcharging„) stark eingeschränkt. Ob die Regelung auch für Zahlungssysteme wie PayPal gilt, bleibt dabei zunächst ungeklärt.

Wer kennt das nicht? Man findet in einem Online-Shop ein auf den ersten Blick günstiges Angebot, legt das Objekt der Begierde in den Warenkorb und stellt erst am Ende des Bestellvorgangs fest, dass für die Nutzung des bevorzugten Zahlungsmittels ein zusätzliches Entgelt verlangt wird. Das ist ärgerlich, gehört für die meisten Zahlungsmittel jedoch der Vergangenheit an.

Mit Inkrafttreten des § 270a BGB am 13. Januar 2018 schiebt der deutsche Gesetzgeber dieser Praxis jedenfalls bei Zahlungen, auf die die SEPA-Verordnung anwendbar ist, einen Riegel vor.

Was das Surcharging-Verbot für die Praxis bedeutet

Das Surcharging-Verbot beschränkt die Möglichkeit zur Erhebung von Zahlungsmittelentgelten auf wenige Ausnahmen. In der Praxis trifft diese Regelung insbesondere die Betreiber von Online-Shops.  Bisher war es gemäß § 312a Abs. 4 BGB grundsätzlich zulässig, für die Nutzung bestimmter Zahlungsmittel ein Entgelt zu verlangen, wenn

  1. mindestens eine gängige Zahlungsmethode kostenlos angeboten wird und
  2. das Entgelt die durch die Nutzung des Zahlungsmittels tatsächlich entstehenden Kosten nicht übersteigt.

Im Anwendungsbereich des insoweit spezielleren § 270a BGB sind Vereinbarungen, durch die ein Schuldner verpflichtet wird, ein Entgelt für die Nutzung eines in der Vorschrift genannten Zahlungsmittels zu entrichten, generell – und unabhängig von der Höhe des Entgelts – unwirksam. § 312a Abs. 4 BGB findet nur noch auf solche Zahlungsmittel Anwendung, die nicht schon von § 270a BGB erfasst sind.

Welche Zahlungsmittel von § 270a BGB erfasst werden

Das Surcharging-Verbot gilt online wie offline und grundsätzlich (mit Ausnahme von Entgelten für die Verwendung von Zahlungskarten, s.u.) nicht nur im Verhältnis zwischen Unternehmern und Verbrauchern (B2C), sondern auch im rein unternehmerischen Verkehr (B2B).

Praktische Relevanz dürfte die Vorschrift jedoch vor allem im Online-Bereich bekommen, wo Zahlungsmittelentgelte keine Seltenheit waren. Die Regelung untersagt Zusatzentgelte für alle Lastschriften und Überweisungen, auf die die SEPA-Verordnung anwendbar ist. Dazu zählen alle Zahlungsvorgänge, die entweder per SEPA-Überweisung oder SEPA-Basis- oder Firmenlastschrift abgewickelt werden.

Bei Zahlungsvorgängen mit Verbrauchern untersagt § 270a BGB zusätzlich die Erhebung eines Zusatzentgelts für die Nutzung bestimmter Zahlungskarten; im unternehmerischen Verkehr hingegen bleibt das Surcharging für Zahlungskarten zulässig. Als Zahlungskarten in diesem Sinne gelten ausschließlich sog. Vier-Parteien-Kartenzahlungssysteme, deren Interbankentgelte von der Multi-Interchange-Fee (kurz „MIF″)-Verordnung reguliert sind. Dazu zählen die in Deutschland gängigsten Kredit- und Debitkarten (insbesondere VISA und Mastercard).

Für Drei-Parteien-Zahlungssysteme (z.B. American Express) gilt das Surcharging-Verbot hingegen – auch gegenüber Verbrauchern – nicht, weil Unternehmen durch die fehlende Beschränkung der Interbankentgelte selbst hohe Kosten entstehen können, deren Weitergabe an den Vertragspartner aus Sicht des Gesetzgebers als sachgerecht erscheint. Ein die tatsächlichen Kosten übersteigendes Entgelt ist mit Blick auf § 312a Abs. 4 BGB jedoch auch hier weiterhin unzulässig.

Gilt das Surcharging-Verbot auch für PayPal und ähnliche Zahlungsdienste?

Was der Vereinheitlichung und Effizienzsteigerung des europäischen Zahlungsverkehrs dienen und Unklarheiten und Unterschiede zwischen den Mitgliedsstaaten beseitigen sollte, wirft auch neue Fragen auf. Gilt das Surcharging-Verbot zum Beispiel auch für die immer populärer werdenden Zahlungssysteme wie PayPal? In diesen Konstellationen zahlt ein Kunde zwar im Verhältnis zum Händler via PayPal. Die Einzahlung des Kunden bei PayPal erfolgt jedoch in der Regel per SEPA-Überweisung, SEPA-Lastschrift oder Kreditkarte.

Der Gesetzeswortlaut liefert hierzu keine unmittelbare Antwort. Ausdrücklich genannt werden darin lediglich SEPA-Basis- und Firmenlastschrift, SEPA-Überweisung und die Verwendung bestimmter Zahlungskarten. Ob damit jedoch nur die direkte Verwendung dieser Zahlungsmittel gemeint ist, bleibt offen.

Bezieht man den Gesetzgebungsprozess ein, spricht viel dafür, dass Zusatzentgelte für die Nutzung von PayPal nicht von § 270a BGB erfasst werden und weiterhin zulässig sind. So ergibt sich beispielsweise aus dem Bericht des Finanzausschusses, dass die Fraktionen von CDU/CSU und SPD sich bewusst dazu entschieden haben,

dass man […] keine Ausweitung auf 3-Parteien-Systeme und PayPal vornehmen wolle (BT-Drs. 18/12568, S. 152).

PayPal ist einer Klärung durch die Rechtsprechung jedenfalls im Verhältnis zu seinen Nutzern mit der jüngsten AGB-Änderung bereits zuvor gekommen und untersagt seit dem 9. Januar 2018 per vertraglicher Regelung

ein Zahlungsmittelentgelt für die Nutzung der PayPal-Services als Zahlungsmethode […] zu erheben

und behält sich bei Verstößen die Sperrung des PayPal-Accounts vor.

Andere Zahlungsdienstleister wie Amazon Pay oder Apple Pay, die nach einem ähnlichen Prinzip wie PayPal funktionieren, sind hier noch zurückhaltend und warten wahrscheinlich eine gerichtliche Klärung ab. Zwar nennt der Finanzausschuss in seinem Bericht ausdrücklich nur PayPal als nicht von § 270a BGB erfasstes Zahlungssystem. Die der Entscheidung über die Einordnung solcher Zahlungssysteme im Rahmen des § 270a BGB zugrunde liegende Frage ist jedoch identisch und dürfte auf das gleiche Ergebnis hinauslaufen.

Folgen für die Praxis – Unternehmen sollten Ihre AGB prüfen

Handlungsbedarf besteht insbesondere für Unternehmen, die in ihren AGB oder Preislisten noch Entgelte für die Nutzung der von § 270a BGB regulierten Zahlungsmittel vorsehen. Betroffene Unternehmen sollten ihre AGB schnellstmöglich anpassen, um das Risiko einer Abmahnung durch einen Wettbewerber oder eine Verbraucherschutzorganisation zu reduzieren. Gerade kurz nach Einführung der neuen Regelung ist mit einer erhöhten Abmahnaktivität zu rechnen.

Fazit: § 270a BGB ist ein Fall für die Rechtsprechung 

Aus Verbrauchersicht ist die Regelung ein wichtiger Schritt hin zur Vereinheitlichung des europäischen Zahlungsverkehrs und der Erhöhung der Transparenz innerhalb eines Bestellprozesses.

Für betroffene Unternehmen verbleiben Unsicherheiten im Hinblick auf die in § 270a BGB nicht ausdrücklich genannten oder ausgeschlossenen Zahlungsmethoden. Es ist nicht auszuschließen, dass die Rechtsprechung im Rahmen einer richtlinienkonformen Auslegung und mit Blick auf den effet utile auch Zahlungsdienste wie PayPal in die neue Regelung einbezieht. Zwar hat PayPal bereits ein eigenes Surcharging-Verbot in seine AGB integriert, jedenfalls die weiteren Anbieter wie Amazon Pay, Apple Pay oder Samsung Pay dürften die Gerichte in den nächsten Jahren aber noch mit dieser Frage beschäftigen.

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