5. Februar 2015
Fußball
Sportrecht

Angriff auf den Profifußball

In Deutschland garantiert der Staat die Sicherheit im öffentlichen Raum und trägt die Kosten. In Bremen sollen bald Veranstalter zur Kasse gebeten werden.

In Deutschland garantiert der Staat die Sicherheit im öffentlichen Raum und trägt hierfür auch die Kosten. Private sollen für die Sicherheit grundsätzlich nur im eigenen Herrschaftsbereich aufkommen. In Bremen soll mit diesem Grundsatz nun Schluss sein.

Eine Gesetzesänderung legt fest, dass im Fall von kommerziellen Veranstaltungen, an denen mehr als 5000 Personen teilnehmen und bei denen erfahrungsgemäß mit Gewalthandlungen zu rechnen ist, der Veranstalter auch für mögliche Polizeieinsätze im öffentlichen Raum bezahlen soll.

Regelung zu unbestimmt

Es gibt zahlreiche rechtliche Bedenken gegenüber dem Bremer Vorstoß. Wann soll die Verordnung überhaupt greifen? Völlig unklar bleibt beispielsweise, welches Ausmaß an Gewalt drohen muss, bevor die übliche Polizeipräsenz erhöht wird.

Die Regelung zielt eindeutig auf den Profifußball. Das deutsche Recht verbietet allerdings Einzelfallgesetze. Und nicht nur deshalb steht die Verordnung auf wackeligen Beinen: In erster Linie sollten bei Polizeieinsätzen die Randalierer zur Kasse gebeten werden. Hinzu kommt, dass die Clubs bereits durch Gewaltpräventionsmaßnahmen ihren Beitrag zur Reduzierung der Polizeikosten leisten und die öffentliche Hand durch den ansässigen Profifußball schon beträchtliche Einnahmen erzielt.

Privilegierung anderer Veranstaltungen

Noch tiefgreifender als die rechtlichen Bedenken wiegen aus meiner Sicht jedoch die tatsächlichen Folgen:

Bremen will Organisatoren dann nicht zur Kasse für Polizeieinsätze bitten, wenn die Veranstaltung „einen friedlichen Verlauf erwarten lässt“. Dieser friedliche Verlauf dürfte künftig wohl bei jeder Großveranstaltung außerhalb des Fußballplatzes prognostiziert werden, um nicht jedes Event in angrenzende Bundesländer zu vertreiben. Die Folge ist eine Privilegierung jener Veranstaltungen, obwohl auch dort Kosten wie bei Risikospielen im Fußball entstehen können.

Kein Ereignis in Deutschland erzeugt Woche für Woche unter Einschluss aller Gesellschaftsschichten eine derart integrative Kraft wie der Fußball. Gerade deshalb liegt die Veranstaltung von Fußballspielen im Interesse des Gemeinwohls – auch im kommerziellen Umfeld und unabhängig davon, ob es vereinzelt zu Gewalthandlungen kommt.

Konsequenz der Bremer Regelung kann nun sein, dass dem SV Werder Bremen gerade dort Gelder verloren gehen, wo er sie zur Ursachenbekämpfung der Gewalt dringend benötigt.

Kostenexplosion durch geplante Gewalthandlungen

Hinzu kommt ein weiteres Problem für den Club: Haben es gegnerische Fans durch ihr Verhalten jetzt nicht selbst in der Hand, zusätzliche Kosten zu Lasten des unliebsamen Vereins zu produzieren? Wenn die Bremer Regelung entgegen aller Beteuerungen durch die Politik Schule macht, müssten betroffene Clubs daneben hoffen, durch eigene Auf- oder Abstiege oder solche von Rivalen keine weiteren Risikospiele zu erhalten.

Regelung auf Kosten der Gemeinschaft

Der Staat muss vereinzelte Gefährdungslagen und höhere Kosten dort in Kauf nehmen, wo der Gesellschaft langfristig ein hoher Nutzen zu Gute kommt und der Staat im Übrigen von der hohen Wertschöpfung des Profifußballs gerne profitiert. Dies sichert auch den Ansporn, durch Großveranstaltungen Gesellschaftsschichten zu verbinden.

Der Bremer Vorstoß trifft im Ergebnis nur einen Profifußballclub – den SV Werder Bremen – und beeinträchtigt dessen Chancengleichheit. Dem Föderalismus geschuldete Alleingänge müssen jedoch insbesondere dann verhindert werden, wenn diese einen chancengleichen, bundesweiten Wettbewerb im Sport beeinträchtigen.

Im Gegensatz zu gewöhnlichen Unternehmen kann sich ein lokaler Sportverein ungünstigen Standortbedingungen nur schwer entziehen. Bremen täte gut daran, die Einzelfallregelung so schnell wie möglich rückgängig zu machen.

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