26. April 2019
Finanzierungsrunden Start-ups
Venture Capital

Die unterschiedlichen Finanzierungsrunden – von der Seed Stage bis zur Later Stage

Ein Überblick über die unterschiedlichen Finanzierungsrunden bei der Entwicklung eines Start-ups – von der Seed Stage bis zur Later Stage.

Venture Capital Investoren finanzieren Start-ups bereits in der Frühphase und begleiten diese beim Aufbau, Wachstum und der Expansion ihres Geschäftsmodells.

Die Entwicklung eines Start-ups zum „reifen″ Unternehmen wird typischerweise in vier unterschiedliche Phasen unterteilt, von denen die ersten drei (Seed StageEarly Stage und Growth Stage) durch Venture Capital finanziert werden.

Spätestens die vierte Phase (Later Stage) ist auf den Exit der Venture Capital Investoren ausgerichtet. Mit den Entwicklungsphasen korrespondieren verschiedene Finanzierungsrunden, die sich von der Anzahl und dem Typus der Investoren sowie dem Investitionsvolumen unterscheiden.

Finanzierung durch Eigenkapital oder Wandeldarlehen

Allen Finanzierungsrunden ist gemeinsam, dass die Zurverfügungstellung von Kapital in der Regel in Form von Eigenkapital erfolgt, und zwar im Wege einer Kapitalerhöhung gegen Einräumung einer Minderheitsbeteiligung an dem Unternehmen (wenn es als solches schon existiert).

Alternativ und ebenfalls weit verbreitet ist vor allem in frühen Phasen die Finanzierung durch Ausgabe von (Wandel-) Darlehen (Convertible Loans), die mit einem qualifizierten Rangrücktritt versehen sind, teilweise für einen bestimmten Zeitraum zinsfrei gestellt werden und unter bestimmten Voraussetzungen in eine echte Eigenkapital-Beteiligung an dem Unternehmen umgewandelt werden können.

Die Frühphase oder Vor-Gründungsphase (Seed Stage)

Im Unterschied zu herkömmlichen Investoren und Finanzierungsarten steigen Venture Capital Investoren bereits in einer sehr frühen Phase des jungen Unternehmens (Start-ups) ein und unterstützen die Gründer schon bei der Gründung des Unternehmens.

Die klassischen Investoren in der Frühphase (Seed Stage oder Early Stage-Phase) sind meist Freunde, Familie oder Bekannte (Family, Friends and Fools). Reichen den Gründern die eigenen oder von Freunden und Familie zur Verfügung gestellten Finanzmittel nicht aus, geben häufig auch sogenannte Business Angels dem jungen Unternehmen finanzielle Unterstützung und stehen ihm als Berater zur Seite. Weitere Finanzierungsquellen sind lokale Inkubatoren oder staatliche Preis- und Fördergelder.

In der Seed Stage steht vor allem die Umsetzung ihrer Idee und die Konzept- oder Produktentwicklung im Fokus der Gründer. Es geht darum, die Marktfähigkeit des Konzeptes oder Produktes zu analysieren und die eigene Idee in einen überzeugenden und tragfähigen Businessplan zu überführen. Ist der Businessplan erst einmal aufgestellt und ein entsprechendes Pitch Deck vorbereitet, können die Gründer, die auf externe Finanzierung angewiesen sind, damit auf potentielle Investoren zugehen.

Diese erste Finanzierungsrunde wird im Fachjargon Series Seed oder Seed-Runde genannt. Das finanzielle Volumen, das dem Start-up in der Seed-Phase zur Verfügung gestellt wird, variiert stark. Die Mehrheit der Start-ups sammelt in der Seed-Runde Beträge zwischen EUR 50.000 und EUR 500.000 ein, teilweise wird aber auch in der Seed-Runde bereits Venture Capital von mehr als EUR 1 Mio. eingesammelt.

In der Seed-Phase sind die Gründer in besonderem Maße auf Venture Capital als Finanzierungsquelle angewiesen, da herkömmliche Finanzierungsarten, wie z.B. Bank-Darlehen, mangels Sicherheiten und getestetem Geschäftsmodell ausscheiden. Selbst Sonderformen der Fremdfinanzierung wie Venture Debt stehen den jungen Unternehmen in der Frühphase in der Regel noch nicht zur Verfügung.

Die Frühphase ist die risikoreichste Phase, sowohl aus Sicht der Gründer als auch aus Sicht der Venture Capital Investoren. Ob und mit welchem Erfolg sich eine Idee umsetzen lässt, ist meistens noch unklar. Die Investoren dieser Frühphase investieren nicht in ein bestehendes Unternehmen, sondern in die Gründer und ihre Idee. Die Investition ist daher mit einem besonderen „Wagnis″ verbunden – was auch den Begriff „Venture Capital“ (zu Deutsch: Wagniskapital) erklärt.

Typisch für diese Phase ist die Finanzierung durch Ausgabe von Wandeldarlehen, da durch diese Form der Finanzierung die Bewertung des Unternehmens aufgeschoben wird. Maßgeblich für das Wandlungsrecht des Investors und seine Beteiligungshöhe ist vielmehr die Bewertung des Unternehmens in den folgenden Finanzierungsrunden.

Die Start-up-Phase (Early Stage)

Dem Venture Capital Investor ist neben der innovativen Geschäftsidee als solcher insbesondere wichtig, ob mit dem Produkt oder Konzept neue Märkte erschlossen werden können und der Markt als solcher ausreichend Wachstumspotential bietet. Genau darum geht es in der Early Stage-Phase, in der die Produktentwicklung typischerweise abgeschlossen ist und der Markteintritt erfolgt. Das Start-up will seine Produktions-, Vertriebs- und Mitarbeiterstruktur aufbauen und erste Marketingaktivitäten starten. Die Gründer sind oft dringend auf externes Kapital angewiesen, da die ersten Mittel verbraucht sind und die Gewinnzone noch in weiter Ferne liegt.

Um in der Early-Stage-Phase Venture Capital Investoren für sich gewinnen zu können, muss das Start-up dem Investor idealerweise ein sog. Proof of Concept vorlegen können, um diesen davon zu überzeugen, dass die Geschäftsidee auch wirtschaftlich erfolgreich sein wird.

Die Finanzierungsrunde, mit der das Start-up in dieser Phase weiteres Kapital einsammelt, wird Series A– oder Series B-Runde genannt, je nachdem, ob es die erste oder zweite Finanzierungsrunde in dieser Phase ist und wie viel Kapital das Start-up insgesamt einsammelt. Gibt es in dieser Phase weitere Runden, werden diese auch als Series A1, Series A2 oder Series B1, Series B2 etc. bezeichnet.

Das Volumen einer typischen Series A– oder Series B-Finanzierungsrunde beträgt zwischen EUR 500.000 und EUR 3 Mio. Insgesamt wurden im Jahr 2017 in der Seed– und Start-up-Phase durch deutsche Start-ups rund EUR 795 Mio. Venture Capital eingesammelt (Quelle: Studie BVK/Roland Berger/IE.F: „Treibstoff Venture Capital – Wie wir Innovation und Wachstum befeuern″, S. 19).

Die Wachstums- und Expansionsphase (Growth Stage)

In der sich anschließenden Wachstums- und Expansionsphase (Growth Stage) ist das junge Unternehmen auf die „Skalierung″ seines Geschäftsmodells angewiesen. Ziel ist es, die quantitativen Parameter des Unternehmens wie Mitarbeiter, Umsatz und Kundenzahl zu steigern, sich auf dem Markt als „Player″ zu etablieren sowie ggf. weitere (ausländische) Märkte zu erschließen. In dieser Phase wird Venture Capital also vor allem benötigt, um die Ausweitung von Produktion, Vertrieb und Marketing zu finanzieren.

Die in dieser Phase stattfindenden Finanzierungsrunden werden Series C, Series D, Series E etc. genannt. Die benötigten Finanzmittel sind regelmäßig deutlich höher, dafür ist das Risiko, dass der Venture Capital Investor eingeht, auch deutlich geringer. Denn in der Growth Stage tritt ein erfolgreiches Start-up üblicherweise (aber nicht zwingend) in die Gewinnzone ein. Es hat bereits bewiesen, dass sein Geschäftsmodell funktioniert und das Risiko zu scheitern ist nur noch gering.

Das durchschnittliche Volumen einer Finanzierungsrunde in der Growth Stage beträgt etwa EUR 3,3 Mio., wobei das Finanzierungsvolumen natürlich abermals von Branche zu Branche und Start-up zu Start-up stark variiert. In Start-ups, die sich in der Wachstumsphase befinden, wurden im Jahr 2017 insgesamt rund EUR 344 Mio. an Venture Capital investiert (Quelle: Studie BVK/Roland Berger/IE.F: „Treibstoff Venture Capital – Wie wir Innovation und Wachstum befeuern″, S. 19).

Der Finanzierung in der Growth Stage kommt besondere Bedeutung zu: In dieser Phase entscheidet sich, ob sich ein Start-up dauerhaft auf dem Markt etablieren und gegen Konkurrenzunternehmen durchsetzen kann. Das von den Investoren in dieser Phase gewünschte schnelle Wachstum und die Erschließung neuer Märkte sind sehr kapitalintensiv. Die Zurverfügungstellung von ausreichend Kapital in der Wachstumsphase entscheidet damit darüber, ob aus einem erfolgreichen Start-up ein mittelständischer Champion oder gar ein weltweit erfolgreicher Vorreiter wird. Im internationalen Vergleich fehlt den deutschen Start-ups insbesondere in dieser entscheidenden Phase Kapital. Obwohl es verschiedene Venture Capital Fonds gibt, die sich auf die Finanzierung von Start-ups in der Wachstums- und Expansionsphase spezialisiert haben, sind die einzelnen Volumen der Fonds zu klein, um den Unternehmen in der Wachstumsphase auch größere Summen an Venture Capital zur Verfügung stellen. Ein Start-up, das sich in der Wachstumsphase befindet, erhält in den USA beispielsweise im Schnitt fast EUR 10 Mio. mehr Venture Capital als in Europa (Quelle: Studie BVK/Roland Berger/IE.F: „Treibstoff Venture Capital. – Wie wir Innovation und Wachstum befeuern″, S. 9). Die aus der Presse bekannten großen Finanzierungsrunden in der Growth Stage werden daher oft durch ausländische Venture Capital Investoren übernommen.

Die Spätphase (Later Stage)

Ein Start-up, das sich in der sog. Later Stage befindet, ist bereits ein etablierter Marktteilnehmer und erwirtschaftet Gewinn. Weitere Finanzierungsrunden, in denen das Start-up frisches Kapital einsammelt, gibt es in dieser späten Phase des Entwicklungszyklus eines Start-ups typischerweise nicht, da sich das Unternehmen meist durch eigenen Cashflow finanzieren kann. Reicht der eigene Cashflow nicht aus, kann das Unternehmen auf marktübliche Fremdfinanzierung, z.B. durch Bankdarlehen, zurückgreifen. Das mit einem besonderen Verlustrisiko verbundene Venture Capital wird in dieser späten Phase des Start-ups nicht mehr benötigt. Allerspätestens in dieser Phase, meist aber auch früher, steht der Exit der Gründer und Venture Capital Investoren durch Verkauf (Trade Sale) oder ein Börsengang (IPO) im Vordergrund.

Dies ist ein Beitrag aus unserer Blogserie „Venture Capital Basics. Auch die verschiedenen Arten von Venture Capital Investoren sowie das Corporate Venture Capital haben wir bereits beleuchtet. Weitere Beiträge, wie Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Venture Capital & Private EquityFinanzierungsarten für Start-ups und den Finanzierungsrunden sind gefolgt.

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