Zum 1. Januar 2020 treten neue Schwellenwerte im Vergaberecht in Kraft. Sie werden für alle europaweiten Vergabeverfahren gelten, die ab 2020 eingeleitet werden.
Die Europäische Kommission hat die Schwellenwerte mit Delegierten Verordnungen vom 30. Oktober 2019 (Amtsblatt der Europäischen Union L 279, S. 23 bis 29) bekanntgemacht und – anders als bisher – nicht erhöht, sondern in ihrem Wert herabgesetzt.
Die neuen Schwellenwerte ab Januar 2020
Die neuen Schwellenwerte lauten:
- Bauaufträge (alle Bereiche): EUR 5.350.000 statt bisher EUR 5.548.000.
- Liefer- und Dienstleistungsaufträge außerhalb des Sektorenbereichs: EUR 214.000 statt bisher EUR 221.000.
- Liefer- und Dienstleistungsaufträge der obersten und oberen Bundesbehörden: EUR 139.000 statt bisher EUR 144.000.
- Konzessionen (alle Bereiche): EUR 5.350.000 statt bisher EUR 5.548.000.
- Liefer- und Dienstleistungsaufträge im Sektorenbereich und im Bereich Verteidigung und Sicherheit: EUR 428.000 statt bisher EUR 443.000.
Alle genannten Werte sind Nettowerte ohne Umsatzsteuer.
Bedeutung der Schwellenwerte für die Schätzung des Auftragswerts
Die Schwellenwerte sind für die vor Beginn jedes Vergabeverfahrens vom Auftraggeber vorzunehmende Schätzung des Auftragswerts relevant. Erreicht oder überschreitet der Auftragswert den einschlägigen Schwellenwert, ist der Auftraggeber verpflichtet, ein europaweites Vergabeverfahren durchzuführen. In diesem Fall finden die Regelungen des Oberschwellenvergaberechts nach dem Vierten Teil des GWB i.V.m. dem einschlägigen untergesetzlichen Regelwerk (z.B. VgV, SektVO, KonzVgV) Anwendung.
Zukünftig mehr europaweite Vergabeverfahren
Aufgrund der Herabsetzung der Schwellenwerte ist damit zu rechnen, dass es zukünftig mehr europaweite Vergabeverfahren geben wird. Für Auftraggeber sind diese Verfahren tendenziell mit einem etwas höheren Aufwand verbunden. Für Bieter ist die Anwendbarkeit des Oberschwellenvergaberechts grundsätzlich vorteilhaft, da es einen deutlich stärkeren Rechtsschutz bietet. Anders als im Unterschwellenbereich haben Bieter hier die Möglichkeit, im Falle eines Vergaberechtsverstoßes einen Nachprüfungsantrag zur zuständigen Vergabekammer zu stellen. Im Unterschwellenbereich können sie die Zuschlagserteilung nur selten verhindern, sondern sind in der Regel auf Schadensersatzansprüche verwiesen.
Neue Schwellenwerte gelten unmittelbar für die nächsten zwei Jahre
Die neuen Schwellenwerte gelten aufgrund der in § 106 GWB enthaltenen dynamischen Verweisung unmittelbar. Ein weiterer Umsetzungsakt durch den deutschen Gesetzgeber ist nicht erforderlich. Sie gelten allerdings nur für die nächsten zwei Jahre (bis 31. Dezember 2021). Für die Zeit danach ist nach dem üblichen zweijährigen Turnus eine erneute Anpassung vorgesehen.