Eigenen Stammbeschäftigten betriebsbedingt kündigen, obwohl Zeitarbeitnehmer eingesetzt werden, kann für den Arbeitgeber negative Auswirkungen haben.
Beabsichtigt der Kunde eines Personaldienstleisters eigene Stammbeschäftigte betriebsbedingt zu kündigen, obwohl gleichzeitig Zeitarbeitnehmer im Betrieb eingesetzt werden, kann dies für den kündigenden Arbeitgeber nachhaltig negative Auswirkungen haben, wenn und soweit sich der gekündigte Arbeitnehmer arbeitsgerichtlich zur Wehr setzt. Dies ergibt sich aus einer aktuellen Entscheidung des LAG Hamm (Urteil vom 21.10.2014 – 7 Sa 806/14).
Danach kann der von dem Zeitarbeitnehmer beim Kunden besetzte Arbeitsplatz – zumindest kündigungsschutzrechtlich – als „frei″ im Sinne des § 1 Abs. 2 S. 2 KSchG angesehen werden. Das Unternehmen hätte dem gekündigten Arbeitnehmer den Arbeitsplatz anbieten, ggf. auch im Wege einer Änderungskündigung zuweisen müssen. Dies gelte zumindest, wenn der Kunde Zeitarbeitnehmer einsetze, um ein ständig vorhandenes Arbeitsvolumen abzudecken. Eine solche Beschäftigungsmöglichkeit müsse grundsätzlich vorrangig für sonst zur Kündigung anstehendes Stammpersonal genutzt werden.
Eine abweichende Beurteilung sei möglich, wenn Zeitarbeitnehmer zur Abdeckung von Auftragsspitzen und damit gem. § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG „vorübergehend″ eingesetzt würden; in diesem Fall sei grundsätzlich davon auszugehen, dass keine alternative Beschäftigungsmöglichkeit im Sinne des § 1 Abs. 2 S. 2 KSchG vorliege.
LAG Hamm folgt der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BAG
Von Zeitarbeitnehmern besetzte Arbeitsplätze können beim Kunden tatsächlich als „frei″ angesehen werden, wenn dort ein Arbeitsvolumen besteht, das dauerhaft durch eine Arbeitnehmerüberlassung abgedeckt wird (vgl. BAG v. 15.12.2011 – 2 AZR 42/10). In diesem Fall ist eine betriebsbedingte Kündigung sozial nicht gerechtfertigt. Der gekündigte Stammbeschäftigte kann reklamieren, weiter eingesetzt zu werden, wenn er sich für den mit dem Zeitarbeitnehmer besetzten Arbeitsplatz eignet.
Das Kundenunternehmen hätte den Zeitarbeitnehmer bei dem Personaldienstleister abmelden und dem Stammbeschäftigen den sodann frei werdenden Arbeitsplatz einvernehmlich oder – sofern eine Verständigung mit dem Mitarbeiter nicht möglich ist – einseitig per Direktionsrecht oder sogar per Änderungskündigung zuweisen müssen.
Eine abweichende Beurteilung soll hingegen nur möglich sein, wenn Zeitarbeitnehmer „vorübergehend″ eingesetzt werden. Ein solcher Arbeitsplatz ist kündigungsschutzrechtlich nicht als frei anzusehen. Diese Frage kann in der Praxis problembehaftet sein. Bislang ist von der Rechtsprechung nicht abschließend geklärt, wann eine Überlassung noch vorübergehend ist und ab wann diese in eine Dauerhaftigkeit umschlägt.
Die Auslegung von § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG hat nicht nur unmittelbaren Auswirkungen im Rechtsverhältnis zwischen Personaldienstleister und Zeitarbeitnehmer, sondern kann bei betriebsbedingten Kündigungen auch Fernwirkungen im Einsatzbetrieb im Arbeitsverhältnis zwischen dem Kunden und dessen Beschäftigten zeitigen.
Weitere Einzelheiten dazu entnehmen Sie der Januar-Ausgabe des „Infobriefs Zeitarbeit“, mit dem wir jeden Monat über aktuelle Entwicklungen in Zusammenhang mit dem Einsatz von Fremdpersonal informieren. Sollten Sie Interesse haben, diesen zu beziehen, schreiben Sie mir bitte eine kurze E-Mail (alexander.bissels@cms-hs.com).