19. Dezember 2013
Freiwilligkeitsvorbehalt
Arbeitsrecht

Alle Jahre wieder – Weihnachtsgeld und Freiwilligkeitsvorbehalt

Aber hat der Arbeitgeber auch das Recht, die Zahlung des Weihnachtsgelds unter Freiwilligkeitsvorbehalt zu stellen und für die Zukunft zu verweigern?

In vielen Unternehmen ist es üblich, Arbeitnehmern am Ende des Jahres zusätzlich zum laufenden Entgelt ein „Extra“ in Form eines Weihnachtsgelds zu zahlen. Häufig soll damit die Betriebstreue honoriert werden.

Anspruch auf Weihnachtsgeld

Dies ist nur dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf das Weihnachtsgeld hat. Ein solcher ist im deutschen Recht zwar nicht gesetzlich vorgesehen, kann sich aber aus einer individual- oder kollektivvertraglichen Vereinbarung ergeben oder durch betriebliche Übung entstehen. Für jährlich gewährte Sonderzahlungen (beispielsweise Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld) gilt dabei der Grundsatz, dass durch dreimalige vorbehaltlose Zahlung in gleichbleibender Höhe ein individualrechtlicher Anspruch des Arbeitnehmers begründet wird.

Anspruchsausschluss durch Freiwilligkeitsvorbehalt?

Um zu verhindern, dass ein Anspruch auf Weihnachtsgeld entsteht, war es nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts grundsätzlich möglich, entsprechende Leistungen im (Formular-)Arbeitsvertrag unter einen Freiwilligkeitsvorbehalt zu stellen. Allerdings hat die Rechtsprechung die Anforderungen an einen derartigen Freiwilligkeitsvorbehalt in den vergangenen Jahren sukzessive erhöht.

So sollte die Zahlung eines Weihnachtsgelds dann nicht „freiwillig“ sein, wenn in dem Arbeitsvertrag neben dem „Freiwilligkeitsvorbehalt“ gleichzeitig auch Voraussetzungen und Höhe der Zahlung festgelegt wurden. In einer Entscheidung aus dem Jahr 2011 hat das Bundesarbeitsgericht zudem generell Bedenken geäußert, dass ein im Arbeitsvertrag enthaltener allgemeiner Freiwilligkeitsvorbehalt die spätere Entstehung eines Anspruchs auf Weihnachtsgeld infolge vorbehaltloser Zahlung verhindern kann (BAG vom 14. September 2011 – 10 AZR 526/10).

Kein Freiwilligkeitsvorbehalt bei verbindlicher Weihnachtsgeldzusage

Hieran anknüpfend hat das Bundesarbeitsgericht in zwei aktuellen Entscheidungen (BAG vom 20. Februar 2013 –10 AZR 177/12; BAG vom 17. April 2013 – 10 AZR 281/12) noch einmal klargestellt, dass Unklarheiten der arbeitsvertraglichen Formulierung zu Lasten des Arbeitgebers gehen.

In dem am 20. Februar 2013 entschiedenen Fall enthielt der Arbeitsvertrag unter der Überschrift „Freiwillige Sozialleistungen“ folgende Regelung:

Freiwillige soziale Leistungen richten sich nach dem betriebsüblichen Rahmen. Zurzeit werden gewährt: Weihnachtsgeld in Höhe von (…). Die Zahlung der betrieblichen Sondervergütungen (Weihnachtsgratifikation, (…)) erfolgt in jedem Fall freiwillig und ohne Begründung eines Rechtsanspruchs für die Zukunft.

Der Arbeitgeber zahlte einem Arbeitnehmer in den Jahren 2004 bis 2008 ein Weihnachtsgeld entsprechend der arbeitsvertraglichen Regelung. Nachdem der Arbeitgeber in den Jahren 2009 und 2010 kein Weihnachtsgeld gezahlt hat, erhob der Arbeitnehmer Klage auf Zahlung.

Das Bundesarbeitsgericht gab der Klage statt. Denn aufgrund der Formulierung „gewährt“ sowie der im Arbeitsvertrag konkret bezeichneten Höhe des Weihnachtsgelds stehe dem Arbeitnehmer ein vertraglicher Anspruch auf Weihnachtsgeld zu. Dass die Zahlung des Weihnachtsgelds im Arbeitsvertrag als „freiwillige soziale Leistung“ bezeichnet worden war und auch der Absatz, in der sich die Regelung befand, mit der Überschrift „Freiwillige soziale Leistung“ gekennzeichnet war, änderte daran nichts.

Dadurch werde lediglich zum Ausdruck gebracht, dass der Arbeitgeber nicht durch Gesetz oder kollektivrechtliche Vereinbarung zur Leistung verpflichtet sei. Schließlich sei auch der ausdrückliche Freiwilligkeitsvorbehalt unwirksam. Denn es sei intransparent, einerseits ein Weihnachtsgeld zuzusagen („gewährt“), andererseits die Zahlung des Weihnachtsgelds unter den Vorbehalt der Freiwilligkeit stellen zu wollen.

Unklarheiten bei der Auslegung gehen zu Lasten des Arbeitgebers

Derartige Unklarheiten gehen zu Lasten des Arbeitgebers. Insofern hat das Bundesarbeitsgericht auch in der Entscheidung vom 17. April 2013 (10 AZR 281/12) zugunsten des Arbeitnehmers entschieden. Die arbeitsvertragliche Vereinbarung, wonach die „Zahlung eines 13. Gehalts … eine freiwillige Leistung [sei], die anteilig als Urlaubs- und Weihnachtsgeld gewährt werden kann“, schließt einen durch die mehrmalige vorbehaltlose Zahlung von Weihnachtsgeld begründeten Anspruch nicht aus.

Auf pauschalierende allgemeine Regelungen im Arbeitsvertrag verzichten

Die vorgenannten Entscheidungen zeigen, dass vor Zahlung eines Weihnachtsgelds (oder anderer Sonderzahlungen) ein Blick auf die rechtlichen Rahmenbedingungen geworfen werden sollte. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich der Arbeitgeber weitere Zahlungen in der Zukunft vorbehalten möchte.

Damit der Arbeitgeber jedes Jahr neu entscheiden kann, ob und unter welchen Voraussetzungen er Weihnachtsgeld zahlen möchte, sollte auf pauschalierende allgemeine Regelungen im Arbeitsvertrag verzichtet werden. Denn zum einen können Leistungen, die im Vertrag konkret zugesagt sind, nach der neueren Rechtsprechung nicht (mehr) unter einen Freiwilligkeitsvorbehalt gestellt werden. Zum anderen trägt der Arbeitgeber das Risiko einer unklaren Regelung. Im Zweifel kann selbst ein – unklar formuliertes – „in Aussicht stellen“ einer Leistung ausreichen, um einen unbedingten Anspruch zu begründen.

Die Zahlung eines Weihnachtsgelds sollte vielmehr stets mit einem Begleitschreiben verbunden werden, das einen klar und verständlich formulierten Freiwilligkeitsvorbehalt enthält. Auf diese Weise kann, soweit arbeitsvertraglich nichts anderes bestimmt ist, insbesondere auch das Entstehen eines Anspruchs auf Weihnachtsgeld aus betrieblicher Übung verhindert werden. Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass ein solcher Freiwilligkeitsvorbehalt nicht mit einem Widerrufsvorbehalt kombiniert wird. Auch dies wäre nach der Rechtsprechung wegen Widersprüchlichkeit unwirksam (BAG vom 30. Juli 2008 – 10 AZR 606/07).

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