Wer auf Leiharbeitnehmer zurückgreift, muss die rechtlichen Rahmenbedingungen beachten – auch Aspekte wie Rundfunkbeitrag, Betriebsunfall und Vorsteuerabzug.
Viele Unternehmen setzen Leiharbeitnehmer ein, um Auftragsspitzen abzudecken oder vorübergehende Ausfälle von Beschäftigten (Krankheit, Elternzeit etc.) aufzufangen. Mit den arbeits- und sozialrechtlichen Folgen der Arbeitnehmerüberlassung sind die meisten vertraut. Wer verhindern möchte, dass die Leiharbeit mit einem bösen Erwachen endet, muss aber auch andere Rechtsgebiete im Blick haben.
Rundfunkbeiträge bei Arbeitnehmerüberlassung
Nach § 5 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag schuldet jeder Inhaber einer Betriebstätte den Rundfunkbeitrag. Dessen Höhe hängt von der Anzahl der Beschäftigten ab. Die Frage ist, ob Leiharbeitnehmer im Betrieb des Verleihers oder im Betrieb des Entleihers mitgezählt werden. Deren Beantwortung ist entscheidend dafür, ob der auf die Leiharbeitnehmer entfallende Anteil am Rundfunkbeitrag vom Verleiher oder vom Entleiher gezahlt wird.
Dass sich der Rundfunkbeitrag nach der Anzahl der Beschäftigten bemisst, hat einen simplen Hintergrund: Mit der Anzahl der Beschäftigten steigt die Zahl der Personen, die in der Betriebsstätte das Radio- und Fernsehprogramm nutzen können. Dies spräche dafür, dass die Leiharbeitnehmer im Betrieb des Entleihers mitgezählt werden und dieser einen entsprechend höheren Rundfunkbeitrag entrichten muss. Denn die Leiharbeitnehmer halten sich im Betrieb des Entleihers auf. Im Betrieb des Verleihers haben sie nahezu nie einen eingerichteten Arbeitsplatz oder eine regelmäßige Aufenthaltsmöglichkeit.
Mehrere Gerichte vertreten jedoch die gegenteilige Auffassung: Das VG Karlsruhe (Urteil vom 5. Mai 2017 – 2 K 2759/16) und jüngst auch das OVG Münster (Urteil vom 21. August 2018 – 2 A 1989/16) haben entschieden, dass bei der Bemessung des Rundfunkbeitrags Leiharbeitnehmer der Betriebsstätte des Verleihers zuzuordnen sind. Begründet haben sie dies mit einem Praktikabilitätsargument: Die Stellen, die die Rundfunkbeiträge einziehen, könnten wegen der teils hohen Fluktuation der Leiharbeitnehmer und der häufig wechselnden Einsatzorte oft nicht erkennen, welcher Entleiher wie viele Leiharbeitnehmer einsetze. Müssten die Entleiher die Anzahl der Zeitarbeitnehmer regelmäßig melden, entstünde dem Rundfunkbeitragsservice ein erheblicher Verwaltungsaufwand. Außerdem seien Kontrollen, die der Rundfunkbeitragsservice bei Entleihern durchführte, unverhältnismäßige Eingriffe in die Betriebssphäre. All diese Nachteile hätten die Bundesländer, als sie sich auf den Rundfunkbeitragsstaatsvertrag verständigt hätten, nicht gewollt.
Im Fall des OVG Münster hatte dies zur Folge, dass der Verleiher den Rundfunkbeitrag für 101 Beschäftigte entrichten musste, obwohl in seinem Betrieb „körperlich“ nur drei Mitarbeiter tatsächlich tätig waren, die übrigen 98 also bei Entleihern eingesetzt waren. Freuen über diese Rechtsprechung können sich hingegen die Entleiher. Ihr Rundfunkbeitrag bemisst sich allein nach der Größe der Stammbelegschaft.
Betriebsunfall bei Arbeitnehmerüberlassung
Der Gesetzgeber hat für Unfälle, die sich im Betrieb ereignen, besondere Vorschriften geschaffen. Wird ein Beschäftigter durch einen Betriebsunfall verletzt, kann er in der Regel weder von seinem Arbeitgeber noch von Kollegen, die an dem Unfall ein Verschulden trifft, Schadensersatz verlangen. Zur Wahrung des Betriebsfriedens hat sich der Gesetzgeber entschlossen, dass der geschädigte Arbeitnehmer (von wenigen Ausnahmen abgesehen) nur Ansprüche gegen die Berufsgenossenschaft hat. Man spricht von dem Haftungsprivileg des Arbeitgebers (vgl. § 104 SGB VII).
Die Frage, was gilt, wenn der Verletzte ein Leiharbeitnehmer ist, ist durch ein aktuelles Urteil des LG Saarbrücken (vom 28. Juni 2018 – 9 O 182/17) wieder in den Fokus gerückt. Eine Zeitarbeitsfirma hatte eine bei ihr angestellte Flugsicherheitsassistentin einem Flughafenbetreiber zur Arbeitsleistung überlassen. Die Leiharbeitnehmerin war eines Tages bei Glätte auf dem Flughafengelände gestürzt. Wegen der Verletzungen, die sie sich zugefügt hatte, verlangte sie von dem Flughafenbetreiber, also dem Entleiher, Schadensersatz.
Das LG Saarbrücken verneinte einen solchen Anspruch. Zur Begründung führte es aus, dass zwar der Verleiher der Arbeitgeber sei, das Haftungsprivileg aber auch dem Entleiher zugutekomme. Denn der Leiharbeitnehmer sei in den Betrieb des Entleihers eingegliedert und bilde mit den übrigen dort Beschäftigten eine Gefahrengemeinschaft. Es spreche daher alles dafür, den Entleiher haftungsrechtlich wie einen „Quasi-Arbeitgeber“ zu behandeln.
Für die Entleiher bedeutet dies, dass sie bei Betriebsunfällen in aller Regel Schadensersatzforderungen von Leiharbeitnehmern nicht erfüllen müssen. Diese Haftungsfreistellung erkaufen sie sich in gewisser Weise dadurch, dass der Verleiher sie indirekt an den Unfallversicherungsbeiträgen beteiligt. Zwar muss der Verleiher diese Beiträge abführen, weil er der Arbeitgeber ist. Er wird sie bei der Kalkulation der Vergütung für die Arbeitnehmerüberlassung aber „einpreisen“, so dass mittelbar zumindest auch die Entleiher einen Teil dieser Beiträge zahlen.
Vorsteuerabzug bei Arbeitnehmerüberlassung
In den Rechnungen, die der Verleiher dem Entleiher für die Arbeitnehmerüberlassung erteilt, ist in aller Regel Umsatzsteuer ausgewiesen. Diese möchte der Entleiher als Vorsteuer von seiner Umsatzsteuerschuld abziehen (§ 15 UStG). Dies ist nur möglich, wenn die Rechnung eine korrekte Leistungsbezeichnung enthält.
Der BFH hat zuletzt im Jahr 2000 (Beschluss v. 18. Juli 2000 –V B 48/00) offengelassen, ob er an seiner alten Rechtsprechung festhält, nach der es genügte, beispielsweise die pauschale Leistungsbezeichnung „Malerarbeiten“ in der Rechnung anzugeben, wenn Arbeitnehmer zur Ausführung von Malerarbeiten überlassen wurden; die Kennzeichnung „Überlassung von Arbeitnehmern für Malerarbeiten“ war nicht erforderlich. Von dieser alten Rechtsprechung wenden sich jedoch immer mehr Finanzgerichte ab.
So hat das FG München (Urteil vom 18. Mai 2018 – 3 K 1609/16) vor kurzem entschieden, dass die Leistungsbezeichnung „Kommissions- und Lagerarbeiten“ nicht ausreichend sei, weil hieraus nicht hervorgehe, dass die Leistung in Form der Arbeitnehmerüberlassung erbracht wurde. Dieses Urteil ist rechtskräftig.
Entleiher sollten darauf achten, dass die Rechnung des Verleihers immer auch einen Hinweis auf die Arbeitnehmerüberlassung enthält. Solange es kein neues Grundsatzurteil des BFH gibt, sollte die Leistungsbeschreibung auch im Übrigen so genau wie möglich sein. Enthalten sein sollten – wie auch in der Praxis üblich – zumindest die Namen der Leiharbeitnehmer, Einsatztage, geleisteten Stunden, Stundensätze und Einsatzorte.