Die Teilnahme an einer Weihnachtsfeier ist freiwillig – doch kann Fehlverhalten zur Kündigung führen.
Wenn in den nächsten Wochen die jährliche Weihnachtsfeier ansteht, werden sich einige sicherlich noch an die Veranstaltungen in der prä-pandemischen Zeit erinnern und wissen, dass die Feiern mitunter eine ganz eigene Dynamik entwickeln können.
Wenn der Chef* auch in diesem Jahr wieder in feinem Zwirn zu Rotkohl und Gans bei Lametta und Christbaumkugeln einlädt, lohnen sich ein paar Gedanken, wie Arbeitsrecht und Gesundheitsschutz zu der Weihnachtsfeier sagen.
Teilnahme an einer Weihnachtsfeier ist für Arbeitnehmer freiwillig
Zunächst einmal gilt, dass die Weihnachtsfeier aus arbeitsrechtlicher Sicht keine Pflichtveranstaltung ist. Sofern sie außerhalb der Arbeitszeit stattfindet, kann jeder selbst entscheiden, ob er lieber zu Hause bleiben oder mit den Kollegen feiern möchte.
Aber auch wenn die Veranstaltung während der üblichen Arbeitszeit stattfindet, muss niemand hingehen, der dies nicht möchte. Die Teilnahme an der Weihnachtsfeier gehört nämlich in aller Regel nicht zu den geschuldeten Leistungspflichten der Mitarbeiter. Welche Leistung der Mitarbeiter erbringen muss und welche nicht, hängt in erster Linie davon ab, was vertraglich vereinbart wurde. Es kommt vor allem darauf an, für welche Tätigkeit der Mitarbeiter eingestellt wurde.
Findet die Feier während der Arbeitszeit statt, können die feiermüden Mitarbeiter allerdings nicht einfach nach Hause gehen, sondern müssen stattdessen arbeiten oder sich für den Tag Urlaub nehmen. Ganz im Sinne des besinnlichen Beisammenseins gilt: nur wer zur Feier kommt ist von der Arbeit befreit.
Pflicht, eine Weihnachtsfeier (mit Hygienekonzept) auszurichten?
Der Arbeitgeber ist grundsätzlich nicht verpflichtet, eine Weihnachtsfeier auszurichten. Allerdings ist durchaus denkbar, dass eine betriebliche Übung entsteht, wenn der Arbeitgeber schon immer eine Feier ausgerichtet hat und die Mitarbeiter dadurch den Eindruck bekommen konnten, es werde auch in den kommenden Jahren eine Weihnachtsfeier geben. Um einem solchen Anspruch vorzubeugen, müsste der Arbeitgeber schon in der Einladung zur Weihnachtsfeier feierlich erklären, dass die Weihnachtsfeier freiwillig ist und der Arbeitgeber im nächsten Jahr aus freien Stücken entscheiden wird, ob er eine Feier ausrichtet oder nicht. Es bedarf eigentlich keiner Erwähnung, dass dies eher eine theoretische Möglichkeit darstellt. Auch ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet Mitarbeiter, die nicht dem Christentum angehören, zu einer vergleichbaren Veranstaltung einzuladen. Es stellt keine Diskriminierung dar, wenn der Arbeitgeber „nur″ eine Weihnachtsfeier ausrichtet, aber kein Fest anlässlich des jüdischen Chanukka.
Entscheidet sich der Arbeitgeber erstmalig oder auch wiederholt dazu, die Belegschaft zur Weihnachtsfeier einzuladen, wird er dieses Jahr gezwungen sein ein entsprechendes Hygienekonzept im Sinne der geltenden SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung vorzulegen, um den Infektionsschutz zu gewährleisten. Es gilt also auch in Feierlaune die erforderlichen technische und organisatorischen Maßnahmen, wie regelmäßiges Lüften und das Einhalten eines Mindestabstands, einzuhalten.
Offen für jedermann – Ausschluss einzelner Mitarbeiter nur bei guten Gründen
Wer im Vorjahr über die Stränge geschlagen hat, wird sich vielleicht die Frage stellen, ob ihn sein Chef in diesem Jahr wieder einladen wird. Grundsätzlich kann der Arbeitgeber nicht willkürlich einzelne Mitarbeiter von der Veranstaltung ausschließen, vielmehr bedarf es hierfür eines sachlichen Grundes, um sich nicht den Vorwurf machen lassen zu müssen gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu verstoßen, siehe etwa ArbG Köln, Urteil vom 22. Juni 2017 – 8 Ca 5233/16. Einzelne Mitarbeiter kann der Arbeitgeber beispielsweise von der Weihnachtsfeier ausschließen,– wenn der Betrieb während der Feier aufrechterhalten werden muss, jedoch verbietet sich auch in diesem Fall die Anknüpfung an ein Diskriminierungsmerkmal. So ist es unter anderem tabu, einen Mitarbeiter in der Erwartung, er habe aufgrund seiner Herkunft oder Religion kein Interesse an Weihnachten, für den Notdienst abzustellen.
Der Arbeitgeber kann sich durchaus mit der Entscheidung unpopulär machen, die Feier nur für eine Abteilung oder nur für bestimmte Mitarbeiter abzuhalten, für andere hingegen Abteilungen nicht. Dies wird der Arbeitgeber im Einzelfall allerdings gründlich abwägen wollen, weil er die Kosten für die Feier in der Regel nur dann vollumfänglich steuerlich geltend machen kann, wenn sie allen Mitarbeitern offensteht.
Welche Mitarbeiter er hierfür auswählt, darf er aber nicht willkürlich festlegen.
Fehlverhalten während der Weihnachtsfeier kann zur Abmahnung oder Kündigung führen
Auch wenn die Feier nicht zur eigentlichen Arbeit zählt, gelten die gegenseitigen Nebenpflichten des Arbeitsverhältnisses weiter. Für Fehlverhalten während der Weihnachtsfeier kann eine Abmahnung ausgesprochen werden. Bei besonders schweren Verstößen wie Beleidigungen oder sogar Tätlichkeiten gegenüber dem Chef oder Kollegen müssen Mitarbeiter fast zwangsläufig mit arbeitsrechtlichen Maßnahmen bis hin zur fristlosen Kündigung rechnen, siehe etwa LAG Hamm, Urteil vom 30. Juni 2004 – 18 Sa 836/04..
Sollte die ausgelassene Stimmung im Einzelfall auch zu Annäherungsversuchen zwischen Kollegen führen, muss dies unbedingt im gegenseitigen Einvernehmen erfolgen. Wer auf der Weihnachtsfeier einen anderen Mitarbeiter belästigt, riskiert schnell eine fristlose Kündigung, die vor allem bei signifikanten Unterschieden in Gehalt bzw. Hierarchie auf wenig Gnade vor Gericht stoßen dürften.
Alkohol ist erlaubt, wenn er bei der Feier ausgeschenkt wird. Und zwar selbst, wenn sonst eigentlich ein absolutes Alkoholverbot gilt. Erst wenn ein Mitarbeiter so betrunken ist, dass er seine Kollegen anpöbelt oder angreift, ist die Schwelle zum kündigungsrelevanten Fehlverhalten überschritten. Auch sollte im (Weihnachts-)Rausch dringend davon abgesehen werden Auszubildende zum Drogenkonsum zu animieren; dies gilt sogar bei vermeintlich privaten Weihnachtsfeiern im Kollegenkreis, vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 20. Februar 2014 – 2 Sa 461/13).
Dieses Jahr gibt es kein Geschenk – betriebliche Übung bei Präsenten
Arbeitgeber sollten sich gut überlegen, ob sie ihren Mitarbeitern anlässlich des Weihnachtsfestes auf der Feier ein Geschenk überreichen wollen, das über die Flasche Rotwein und ein Tütchen mit Lebkuchenherzen hinausgeht.
Auch was ein Geschenk angeht, kann schnell eine betriebliche Übung entstehen, die nur schwer wieder beseitigt werden kann. Wenn der Arbeitgeber jedes Jahr ein Geschenk zu Weihnachten überreicht, kann auch für die Zukunft ein solcher Anspruch entstehen. Außerdem sollte er sich bewusst sein, dass Weihnachtsgeschenke als zu versteuerndes Einkommen angesehen und hierfür Sozialversicherungsbeiträge fällig werden können. Will der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern eine Goldmünze mit Prägung des Firmenlogos als Andenken schenken, sollte er dies zumindest mit der Buchhaltung abgestimmt haben.
Ansonsten gilt: wer nicht kommt, den bestraft der Weihnachtsmann. Arbeitnehmer, die nicht an einer betrieblichen Weihnachtsfeier teilgenommen haben, haben keinen Anspruch auf bei dieser Gelegenheit verschenkte iPads mini, die der Arbeitgeber als Überraschung ausgegeben hat, vgl. ArbG Köln Urt. v. 9.10.2013 – 3 Ca 1819/13.
Und wenn mir was passiert? – Haftung im Unglücksfall
Ein weiterer arbeitsrechtlicher Aspekt ist, dass die Weihnachtsfeier als betriebliche Veranstaltung gilt. Als Folge greift die gesetzliche Unfallversicherung ein. Voraussetzung dafür ist aber, dass die Feier für alle Mitarbeiter offen steht und von der Unternehmensleitung durchgeführt wird, vgl. BSG, Urteil v. 9. Dezember 2003 – B 2 U 52/02 R
Der Versicherungsschutz besteht bis zum Ende der Veranstaltung und umfasst auch die Hin- und Rückfahrt. Wann die Veranstaltung beendet ist, bestimmt der Chef. Sobald er das Ende der Feier offiziell verkündet, endet auch der Versicherungsschutz. Wer sich also beim Tanzen das Bein bricht, sollte zunächst kritisch prüfen, ob der Chef noch anwesend ist. Ist er noch da, kann man aufatmen.
Schwierig ist die Bewertung, ob die Feier beendet ist, wenn der Chef die Feier nicht offiziell für beendet erklärt hat, aber zu später Stunde nur noch einige wenige besonders konditionsstarke Mitarbeiter beisammen sind. Feiert der Chef selber noch mit, ist die Veranstaltung wohl noch nicht beendet. Wenn hingegen nur noch zwei Mitarbeiter hartnäckig die Bar hüten, sollten sie sich an ihren Barhockern gut festhalten, denn der gesetzliche Unfallversicherungsschutz besteht dann nicht mehr.
Keine Bildaufnahmen veröffentlichen!
„What happens in Vegas stays in Vegas” – Dieser bewährte Grundsatz bedeutet für die Weihnachtsfeiern, dass keine Fotos von Kollegen ohne deren Einverständnis veröffentlicht werden dürfen – sei es etwa durch Postings bei Facebook oder einer anderen öffentlich zugänglichen Webplattform oder in sonstiger Weise.
Wer hiergegen verstößt, setzt sich einerseits der Gefahr aus, von seinem Arbeitgeber zur Verantwortung gezogen zu werden, andererseits können sich auch die auf den veröffentlichten Fotos gezeigten Kollegen wehren. Dies kann unter Umständen zu empfindlichen Schadensersatzforderungen führen, je nachdem wie kompromittierend die Bilder sind.
Wir wünschen Ihnen eine schöne Weihnachtsfeier.
*Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.