20. März 2012
Altersdiskriminierung
Arbeitsrecht

Auch junge Leute brauchen Erholung!

Das Bundesarbeitsgericht hat heute (20.03.2012) entschieden, dass die Urlaubsregelungen des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD), die älteren Arbeitnehmern einen längeren Urlaubsanspruch zubilligen als jüngeren Mitarbeitern, gegen das Diskriminierungsverbot des § 7 Abs. 1 und Abs. 2 AGG iVm. § 1 AGG verstoßen (BAG 9 AZR 529/10). Stein des Anstoßes war § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD. Die Tarifnorm regelt, dass der Urlaubsanspruch in jedem Kalenderjahr bis zum vollendeten 30. Lebensjahr 26 Arbeitstage, bis zum vollendeten 40. Lebensjahr 29 Arbeitstage und nach dem vollendeten 40. Lebensjahr 30 Arbeitstage beträgt.

Die altersabhängige Staffelung wird von den Tarifparteien mit dem „gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Menschen″ begründet. Anders als die Vorinstanz (LAG Berlin-Brandenburg 20 Sa 2058/09) lässt das BAG diese Begründung jedoch nicht gelten. Es sei nicht erkennbar, inwiefern jüngere Arbeitnehmer weniger erholungsbedürftig seien als ältere Beschäftigte.

Das BAG gab damit der 1971 geborenen Klägerin recht, die für die Jahre 2008 und 2009 – also vor Vollendung ihres 40. Lebensjahres – über den tariflichen Urlaubanspruch von 29 Tagen hinaus jeweils einen weiteren Urlaubstag begehrt hatte.

Interessant sind die Konsequenzen des Urteils:

  • Jüngere Arbeitnehmer im Geltungsbereich des TVöD oder vergleichbaren tariflichen Regelwerken werden Gleichbehandlung mit älteren Kollegen fordern und verlangen, dass ihr Urlaubsanspruch „nach oben″ angepasst wird.
  • Die Mehrbelastung der Arbeitgeber wird wohl nur vermieden werden können, wenn die tariflichen Regelungen auf sachgerechte Differenzierungsmerkmale umgestellt werden. Dies könnte die Betriebszugehörigkeit sein, sofern die Tarifvertragsparteien dem Zusatzurlaub nicht einen weitergehenden Erholungszweck, sondern bspw. Gratifikationscharakter zusprechen. Eine Honorierung von Betriebstreue durch zusätzlichen Urlaub dürfte auch nach dem AGG zulässig sein.
Tags: Altersdiskriminierung Bundesarbeitsgericht Erholungsurlaub Gleichbehandlung Rechtsprechung Urlaub