Sonderleistungen, die in Tarifverträgen für Gewerkschaftsmitglieder ausgehandelt wurden, werden von den Unternehmen häufig auch an Arbeitnehmer weitergegeben, die nicht Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaft sind. Darüber sind die Gewerkschaften in der Regel nicht sehr glücklich. Daher werden in Tarifverträgen teilweise so genannte „Spannensicherungsklauseln″, „Abstandsklauseln″ oder „qualifizierte Differenzierungsklauseln″ ausgehandelt. Diese Klauseln sehen vor, dass der Arbeitgeber Sonderleistungen an Arbeitnehmer, die Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaft sind, nicht durch Leistungen an nicht organisierte Arbeitnehmer ausgleichen darf, sondern Gewerkschaftsmitgliedern immer einen entsprechenden „Vorsprung″ haben müssen.
So geschehen in einem Tarifvertrag, den ein Unternehmen der Hafenlogistik mit der Gewerkschaft ver.di abgeschlossen hatte. Der Tarifvertrag sah in Ziffer I eine Erholungsbeihilfe von jährlich 260 Euro vor. Diese Summe sollte an Mitglieder der Gewerkschaft ver.di gezahlt werden. Der Tarifvertrag sah in Ziffer V weiter vor, dass im Falle einer Zahlung von „entsprechenden oder sonstigen Leistungen″ des Unternehmens an Nichtgewerkschaftsmitglieder alle ver.di-Mitglieder unmittelbar einen gleichhohen, zusätzlichen Anspruch erhalten.
Der Arbeitgeber klagte gegen beide Klauseln und bekam in Teilen Recht. Die Richter hielten Ziffer I des Tarifvertrages (die so genannte „einfache Differenzierungsklausel″) für wirksam. Die qualifizierte tarifliche Differenzierungsklausel in Ziffer V sei indes unwirksam, weil sie dem Arbeitgeber die arbeitsvertragliche Gestaltungsmöglichkeit nehme, nicht oder anders organisierte Arbeitnehmer mit den Gewerkschaftsmitgliedern gleichzustellen. Ein Tarifvertrag dürfe nur den Inhalt von Arbeitsverhältnissen regeln, die der Tarifmacht der Koalition unterworfen sind, nicht aber die Arbeitsverträge nicht oder anders organisierter Mitarbeiter. (BAG vom 23. März 2011 – 4 AZR 366/09; die Pressemitteilung des Arbeitgebers findet sich hier, die Gewerkschaft ver.di hat, soweit ersichtlich, zu diesem Urteil noch nichts veröffentlicht)