Eine Betriebsvereinbarung ist nur wirksam, wenn sie mit dem zuständigen Betriebsrat geschlossen wurde. Dies kann der Gesamtbetriebsrat sein.
Der örtliche Betriebsrat ist für die Angelegenheiten zuständig, die nur „seinen″ Betrieb betreffen (§ 80 Betriebsverfassungsgesetz). Betrifft die zu regelnde Angelegenheit das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe und kann sie nicht auf der Ebene des örtlichen Betriebsrats geregelt werden, ist der Gesamtbetriebsrat zuständig (§ 50 Betriebsverfassungsgesetz).
Der Sonderfall des Restmandats
Ein Sonderfall der Betriebsratszuständigkeit ist das Restmandat: Geht ein Betrieb, etwa durch eine Zusammenlegung mehrerer Betriebe, unter, bleibt der Betriebsrat des untergegangenen Betriebs vorerst im Amt. Sein Restmandat besteht fort, solange im Zusammenhang mit dem Untergang des Betriebs noch Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte auszuüben sind (§ 21b Betriebsverfassungsgesetz).
Untergang eines Betriebs
Ob sich das Restmandat auch auf Angelegenheiten der betrieblichen Altersversorgung erstrecken kann, wird demnächst voraussichtlich das BAG entscheiden. In dem Fall, über den das BAG befinden wird, war 1998 ein Betrieb von einem anderen Unternehmen übernommen worden (Betriebsübergang). Dabei hatte der Betrieb seine Eigenständigkeit verloren, weil die Arbeitnehmer in mehrere andere Betriebe eingegliedert worden waren. Der Betrieb war damit untergegangen. Dem Betriebsrat des untergegangenen Betriebs verblieb deshalb ein Restmandat.
Beide Arbeitgeber, der alte und der neue, schlossen mit der Gewerkschaft einen Überleitungstarifvertrag. Dieser sah vor, dass für die übergehenden Arbeitnehmer zunächst die Regelungen über die betriebliche Altersversorgung weitergelten sollten, die bereits bei dem alten Arbeitgeber gegolten hatten.
Überleitungsbetriebsvereinbarung mit Gesamtbetriebsrat
Die Tarifvertragsparteien hatten zwar die Absicht, binnen zwei Jahren eine unternehmenseinheitliche Versorgungsordnung auszuhandeln. Dies gelang ihnen jedoch nicht. Der neue Arbeitgeber hatte gleichwohl Interesse an einer einheitlichen Ruhegeldordnung für alle Beschäftigten. Daher schloss er mit dem Gesamtbetriebsrat eine Gesamtbetriebsvereinbarung über die Überleitung der Altersversorgung der übernommenen Arbeitnehmer in das bei ihm bestehende Versorgungssystem. Diese Überleitungs-Betriebsvereinbarung enthielt nur Regelungen für die Beschäftigten, deren Arbeitsverhältnisse im Zuge des Betriebsübergangs übergegangen waren.
Mit dem falschen Betriebsrat verhandelt?
Viele Jahre später, als die ersten seinerzeit übernommenen Arbeitnehmer altersbedingt aus dem Arbeitsverhältnis ausschieden, berechnete der neue Arbeitgeber die Betriebsrenten. Den Berechnungen legte er seine eigene Versorgungsordnung zugrunde. Mehrere der im Jahr 1998 übernommenen Arbeitnehmer wandten ein, für sie sei die Ruhegeldordnung maßgeblich, die bei ihrem alten Arbeitgeber gegolten habe. Die Überleitungs-Betriebsvereinbarung sei unwirksam, weil der Arbeitgeber sie mit dem falschen Betriebsrat abgeschlossen habe. Denn zuständig sei nach ihrer Ansicht der im untergegangenen Betrieb gebildete örtliche Betriebsrat aufgrund seines Restmandats gewesen.
Das LAG Niedersachsen hat diese Ansicht zurückgewiesen (Urteile vom 25. Mai 2018 –3 Sa 1334/16 B und 3 Sa 1335/16 B sowie vom 11. September 2018 – 3 Sa 1273/16 B und 3 Sa 1278/16 B). Die Verfahren sind nunmehr beim BAG anhängig (Az.: 3 AZR 442/18, 3 AZR 449/18, 3 AZR 515/18 und 3 AZR 545/18).
Betriebsrat oder Gesamtbetriebsrat – Wer war zuständig?
Zwar war der Anwendungsbereich der Überleitungs-Betriebsvereinbarung auf die Arbeitnehmer beschränkt, die im Zuge des Betriebsübergangs übernommen worden waren. Denn hinsichtlich der Arbeitnehmer, die schon früher bei dem neuen Arbeitgeber angestellt waren, enthielt die Betriebsvereinbarung keine Regelung. Deshalb ließe sich womöglich die Ansicht vertreten, dass die Betriebsvereinbarung einen funktionalen Bezug zu dem Betriebsübergang hatte. In diesem Fall wäre der örtliche Betriebsrat aufgrund seines Restmandats zuständig gewesen.
Allerdings geht das BAG in ständiger Rechtsprechung (z. B. Beschluss v. 21. Januar 2003 –3 ABR 26/02) davon aus, dass Fragen der betrieblichen Altersversorgung schon wegen ihrer finanziellen und steuerrechtlichen Auswirkungen einheitlich für das gesamte Unternehmen geregelt werden müssen und deshalb für sie grundsätzlich der Gesamtbetriebsrat zuständig ist. Es spricht somit einiges dafür, dass der Arbeitgeber sich zu Recht an den Gesamtbetriebsrat wandte, die Entscheidung des LAG also richtig war.
Zuständigkeiten von Betriebsrat und Gesamtbetriebsrat aufgrund der hohen Risiken genau prüfen
Sollte das BAG sich in diesem Fall allerdings der Auffassung der Betriebsrentner anschließen, war die Ablösung der alten Versorgungsordnung durch die Gesamtbetriebsvereinbarung unwirksam. Alle Arbeitnehmer, die früher bei dem alten Arbeitgeber tätig waren, hätten dann Anspruch auf eine Betriebsrente unter Zugrundelegung der alten (für sie günstigeren) Ruhegeldordnung.
Der Fall zeigt, wie gründlich Arbeitgeber gerade im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang prüfen müssen, wer der richtige Verhandlungspartner auf Arbeitnehmer-Seite ist. Eine fehlerhafte Einschätzung kann, gerade bei Pensionslasten, zu hohen Mehrkosten führen. Dies ist insbesondere dann ein Problem, wenn hierfür noch nicht einmal Rückstellungen gebildet wurden.