20. Juni 2013
Arbeitsrecht

Der Islam, Profifußballer und das Arbeitsrecht

Der religiöse Athlet ist in der heutigen Sportwelt kein Ausnahmefall. Insbesondere bei Profifußballern sind öffentliche religiöse Bekundungen wie etwa das Bekreuzigen vor, während und nach einem Spiel keine Seltenheit. In der Regel stellt dies für alle Beteiligten auch kein Problem dar. Schwierig wird es jedoch dann, wenn die religiöse Überzeugung einen Profisportler daran hindert, seinen vertraglichen Verpflichtungen nachzukommen.

In einem solchen Konflikt befindet sich aktuell der senegalesische Profifußballer Papiss Demba Cissé, welcher zurzeit für den englischen Premier-League-Club Newcastle United auf Torejagd geht. Wie das Nachrichtenportal Sport1 berichtet, könnte damit jedoch bald Schluss sein: Grund dafür ist das neue Trikot von Newcastle United. Der englische Fußballclub will auf diesem mit dem Logo eines Geldverleihers werben.

Für den Muslim Cissé ist das Tragen dieses Trikots aufgrund seiner religiösen Überzeugung jedoch unvorstellbar. Laut Sport1 muss sich der Spieler nun wohl einen neuen Verein suchen. Doch kann ein Sportverein einen Profisportler in solchen Fällen überhaupt kündigen?

Newcastle United wird diese Frage nach englischem Recht beantworten müssen. Dass eine solches Problem allerdings auch in Deutschland auftreten kann, zeigt nicht zuletzt der Umstand, dass Cissé bis zum Jahr 2012 noch für den Sport-Club Freiburg gespielt hat. Wie also ist ein solcher Fall nach deutschem (Arbeits-)Recht zu beurteilen?

Sind Profifußballer überhaupt Arbeitnehmer?

Die erste Frage, die sich stellt, lautet: Gelten die Regeln des deutschen Arbeitsrechts eigentlich auch für Profifußballer? Die Beantwortung dieser Frage hängt davon ab, ob ein Profifußballer als Arbeitnehmer seines Clubs anzusehen ist.

Maßgeblich für die Bestimmung der Arbeitnehmereigenschaft ist die persönliche Abhängigkeit der beschäftigten Person. Obwohl die Arbeitnehmereigenschaft eines Profifußballers auf den ersten Blick merkwürdig erscheinen mag – Bastian Schweinsteiger wird von der Öffentlichkeit auf den ersten Blick bestimmt nicht als „Arbeitnehmer“ des FC Bayern München angesehen –, wird sie für die Rechtspraxis durch die Rechtsprechung seit langer Zeit bejaht (vgl. BAG vom 17. Januar 1979, Az.: 5 AZR 498/77).

Kann einem Arbeitnehmer aus Glaubensgründen gekündigt werden?

Sofern nun für einen Profifußballer die Normen des Arbeitsrechts (und dabei insbesondere das Kündigungsschutzgesetz) anwendbar sind, stellt sich die Frage, ob dieser aufgrund seines persönlichen Glaubenskonflikts gekündigt werden kann.

Dass eine Kündigung in solchen Gründen durchaus im Bereich des Möglichen liegt, zeigt ein erst kürzlich vom BAG entschiedener Fall (BAG vom 24. Februar 2011, Az.: 2 AZR 636/09), über den wir bereits in unserem Blog berichteten: Ein muslimischer Mitarbeiter eines Einzelhandelsunternehmens weigerte sich, in der Getränkeabteilung seines Arbeitgebers alkoholische Getränke ein- und auszuräumen. Der Arbeitnehmer berief sich dabei auf seinen muslimischen Glauben, der ihm jeglichen Umgang mit Alkohol verbiete.

Obwohl das BAG die Sache an das Landesarbeitsgericht zur weiteren Sachaufklärung zurückverwies, traf es dennoch eine Grundentscheidung: Macht ein Arbeitnehmer geltend,

„aus religiösen Gründen an der Ausübung vertraglich geschuldeter Tätigkeiten gehindert zu sein, muss er dem Arbeitgeber mitteilen, worin genau die religiösen Gründe bestehen, und aufzeigen, an welchen Tätigkeiten er sich gehindert sieht. Besteht für den Arbeitgeber im Rahmen der von ihm zu bestimmenden betrieblichen Organisation die Möglichkeit einer vertragsgemäßen Beschäftigung, die den religionsbedingten Einschränkungen Rechnung trägt, muss er dem Arbeitnehmer diese Tätigkeit zuweisen.“

(vgl. die Pressemitteilung Nr. 16/11 des BAG vom 24. Februar 2011).

Hat der Arbeitgeber jedoch keine Möglichkeit, den Arbeitnehmer auf einem anderen Arbeitsplatz einzusetzen, kommt eine Kündigung in Betracht.

„Das Trikot ziehe ich nicht an!“ – Konsequenzen für Profifußballer in Deutschland

Welche Konsequenzen folgen aus dieser Entscheidung also für einen Profifußballer? Legt man die Maßstäbe des Bundesarbeitsgerichts zu Grunde, erscheint eine Kündigung jedenfalls immer dann möglich, wenn ein Spieler sich weigert, das Vereinstrikot aufgrund eines Glaubenskonflikts bei Wettkämpfen zu tragen.

Für den Arbeitgeber wird in solchen Fällen keine Möglichkeit bestehen, dem Arbeitnehmer eine andere Beschäftigungsmöglichkeit anzubieten, denn dieser wurde ja gerade zum Zwecke des Fußballspielens eingestellt. Die Möglichkeit, dem Spieler ein Sondertrikot ohne Werbung anzubieten, kann zwar als Vorschlag zur Güte dienen – aufgrund der rechtlichen Bindungen zu seinem Sponsor wird dies dem Fußballclub jedoch wohl nur in den wenigsten Fällen möglich sein.

Dies alles zeigt: Der innere Konflikt mag für den Spieler letztlich unlösbar sein – das Arbeitsverhältnis ist es nicht.

Tags: Arbeitnehmereigenschaft Glaubenskonflikt Kündigungsschutzgesetz Profifußball