18. Juni 2013
Schachfiguren
Arbeitsrecht

Der renitente Ehemann und das Arbeitsrecht

Die Rolle des Ehemannes einer berufstätigen Frau ist stark dem Wandel der Zeit unterworfen.

Bis 1958 durfte der Ehemann mit Zustimmung des Vormundschaftsgerichts das Anstellungsverhältnis seiner Frau kündigen. § 1356 Bürgerliches Gesetzbuch regelte noch bis zum Jahr 1977 Folgendes:

„Die Frau führt den Haushalt in eigener Verantwortung. Sie ist berechtigt, erwerbstätig zu sein, soweit dies mit ihren Pflichten in Ehe und Familie vereinbar ist.″

Daraus wurde teileweise sogar hergeleitet, dass die Ehefrau die Zustimmung ihres Ehemannes braucht, um überhaupt eine Erwerbstätigkeit aufnehmen zu können.

Erst seit Juli 1977 sieht das Gesetz vor, dass die Ehegatten die Haushaltsführung in gegenseitigem Einvernehmen regeln und dass beide Ehegatten berechtigt sind, erwerbstätig zu sein.

Dennoch gibt es – zumindest aus arbeitsrechtlicher Sicht – anscheinend doch noch einige Unklarheiten über die Einflussmöglichkeiten des Partners auf das Arbeitsverhältnis. Unlängst hatte das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg über den kuriosen Fall zu entschieden, dass ein Ehemann die Vorgesetzte seiner Ehefrau beleidigte und bedrohte, woraufhin der Mitarbeiterin gekündigt wurde.

Der in einem Altenheim beschäftigten Altenpflegerin standen laut Dienstplan in den Monaten Juni und Juli zwei freie Wochenenden zu. Zwischen diesen freien Wochenenden hatte die Altenpflegerin Urlaub. Die freien Wochenenden hatte sie in ihre Urlaubsplanung eingebunden. Nachdem der Dienstplan ausgehängt worden war, strich die Teamleiterin diese beiden freien Wochenenden jedoch wieder. Dies war weder mit der Mitarbeiterin noch mit dem Betriebsrat abgestimmt.

Die Altenpflegerin rief daraufhin die Pflegedienstleitung an, um sich über diese Vorgehensweise zu beschweren. Während des Telefonat reichte sie den Hörer an ihren Ehemann weiter, der der Pflegedienstleitung gegenüber geäußert haben soll, dass man seine Frau mobbe und schikaniere und dass er jetzt vorbeikomme, um der Pflegedienstleitung „eins auf die Fresse zu geben″. Das Altenheim kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis.

Zu Unrecht, wie die Richter entschieden. Eine verhaltensbedingte Kündigung setze eine Abmahnung und eine schuldhafte Pflichtverletzung voraus. Beides habe hier nicht vorgelegen. Insbesondere habe die Altenpflegerin keine vertragliche Hauptpflicht verletzt. Inwieweit eine vertragliche Nebenpflicht bestanden habe, den Ehemann an beleidigenden oder bedrohenden Äußerungen zu hindern, sei irrelevant, da der Mitarbeiterin jedenfalls kein schuldhaftes Handeln vorgeworfen werden könne.

Das Altenheim habe keine Tatsachen vorgetragen, die den Schluss zulassen, dass die Mitarbeiterin den Gesprächsverlauf habe vorhersehen oder verhindern können. Im Übrigen hielt das Gericht der Mitarbeiterin zu Gute, dass das Altenheim durch sein Fehlverhalten den Telefonanruf veranlasst hatte. Zum einen hätte eine Streichung der freien Wochenenden nicht ohne Rücksprache mit der Altenpflegerin vorgenommen werden dürfen, zum anderen seien die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nicht gewahrt worden. (LAG Berlin-Brandenburg vom 5. April 2013 – 10 Sa 2339/12)

Tags: Arbeitsgerichte beleidigende Äußerungen Pflichtverletzung Rechtsprechung verhaltensbedingte Kündigung