15. August 2012
Urlaubsanspruch
Arbeitsrecht

Doch kein Urlaub ohne Ende

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) und des Bundesarbeitsgerichts (BAG) erlischt der Urlaubsanspruch eines Mitarbeiters, der aufgrund von Krankheit seinen Urlaub innerhalb des Kalenderjahres oder bis zum Ende des gesetzlichen Übertragungszeitraums (31. März) im Folgejahr nicht nehmen kann, grundsätzlich nicht. EuGH und LAG Baden-Württemberg hatten aber bereits entschieden, dass im Falle einer Langzeiterkrankung von einer Begrenzung des Übertragungszeitraums von 15 Monaten auszugehen sei.

Der EuGH hatte dabei allerdings nur über die Wirksamkeit einer entsprechenden Tarifvertragsklausel zu entscheiden, während das LAG Baden-Württemberg diese Begrenzung in das Bundesurlaubsgesetz sozusagen „hineingelesen“ hatte. Dem ist nun auch das BAG (Urteil vom 7. August 2012 – 9 AZR 353/10) gefolgt und hat den Verfall des Urlaubs nach 15 Monaten auch ohne entsprechende tarifvertragliche Regelung angenommen. Die höchsten Arbeitsrichter hatten über den Fall einer schwerbehinderten Mitarbeiterin an einer Rehaklinik zu entscheiden. Sie war dort vom 1. Juli 2001 bis zum 31. März 2009 beschäftigt. Im Jahr 2004 wurde sie krank und bezog ab dem 20. Dezember 2004 eine befristete Rente wegen Erwerbsminderung. Bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses nahm sie ihre Tätigkeit in der Rehaklinik nicht mehr auf. Auf das Arbeitsverhältnis fand der TVöD Anwendung. Dieser sieht vor, dass das Arbeitsverhältnis während des Bezugs einer Rente auf Zeit ruht. Außerdem regelt er, dass sich während des Bezugs einer Rente auf Zeit die Dauer des Erholungsurlaubs einschließlich eines etwaigen tariflichen Zusatzurlaubs für jeden Kalendermonat des Ruhens um ein Zwölftel vermindert. Die Mitarbeiterin klagte auf Auszahlung einer Urlaubsabgeltung für die Jahre 2005 bis 2009. Die Klinik berief sich auf den Tarifvertrag und argumentierte, dass in einem ruhenden Arbeitsverhältnis keine Urlaubsansprüche entstehen könnten.

Das BAG stellte zunächst einmal klar, dass der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch von vier Wochen nicht zur Disposition der Tarifvertragsparteien steht und bejahte daher im Grundsatz einen Urlaubsabgeltungsanspruch der Arbeitnehmerin. Allerdings begrenzte es diesen auf einen Übertragungszeitraum von jeweils 15 Monate und sprach der Arbeitnehmerin nur Urlaubsabgeltungsansprüche für den gesetzlichen Urlaub sowie für den Zusatzurlaub für Schwerbehinderte für die Jahre 2008 und 2009 zu. In den Jahren 2005 bis 2007 seien die nicht abdingbaren gesetzlichen Urlaubsansprüche trotz Ruhens des Arbeitsverhältnisses zwar entstanden. Ihrer Abgeltung stehe aber entgegen, dass sie nach § 7 Abs. 3 Satz 3 Bundesurlaubsgesetz mit Ablauf des 31. März des zweiten auf das jeweilige Urlaubsjahr folgenden Jahres verfallen seien.

Das BAG hat mit dieser Entscheidung für Klarheit in betrieblichen Praxis gesorgt. Das Erlöschen von Urlaubsansprüchen nach 15 Monaten gilt nunmehr tarifvertragsunabhängig für alle Arbeitsverhältnisse.

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