§ 17 Abs. 1 BEEG findet auf den Urlaubsabgeltungsanspruch keine Anwendung (mehr). Arbeitgeber müssen die Kürzung frühzeitig erklären.
Im Allgemeinen ist Arbeitgebern bekannt, dass auch während der Elternzeit Urlaubsansprüche entstehen, diese aber nach § 17 Abs. 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) für jeden vollen Monat der Elternzeit um 1/12 gekürzt werden können.
Da sich die Urlaubsansprüche nicht automatisch, von Gesetzes wegen kürzen, muss der Arbeitgeber die Kürzung gegenüber dem Arbeitnehmer erklären, wenn er von dieser Möglichkeit Gebrauch machen möchte. Über den Zeitpunkt der Kürzungserklärung lässt das Gesetz die Arbeitgeber jedoch im Unklaren.
Das BAG hat seine Rechtsprechung nun geändert. Die Kürzung von Urlaubsansprüchen muss vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses erklärt werden.
Bisherige BAG-Rechtsprechung zur Kürzung von Urlaubsabgeltungsansprüchen
Das BAG war bislang der Auffassung, dass die Kürzungserklärung auch noch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgegeben werden könne (vgl. BAG, 23.04.1996 – 9 AZR 165/95; BAG, 28.07.1992 – 9 AZR 340/91). Wenn dem Arbeitnehmer bei Ausscheiden noch Urlaubsansprüche aus der Zeit seiner Elternzeit zustanden und er insoweit einen Abgeltungsanspruch nach § 7 Abs. 4 BUrlG erworben hatte, konnte der Arbeitgeber diesen Abgeltungsanspruch noch um 1/12 pro vollen Elternzeitmonat kürzen.
Diese Rechtsprechung beruhte auf der sog. Surrogatstheorie: Der Urlaubsabgeltungsanspruch wurde als Erfüllungssurrogat des Urlaubsanspruchs gesehen. Beide Ansprüche folgten daher stets den gleichen Regeln. Es machte keinen Unterschied, ob der Urlaubsanspruch oder der Geldanspruch reduziert werden sollte.
Änderung der BAG-Rechtsprechung nach Aufgabe der Surrogatstheorie
Das BAG hat nun entschieden, dass § 17 Abs. 1 BEEG auf den Urlaubsabgeltungsanspruch keine Anwendung mehr findet (BAG, 19.05.2015 – 9 AZR 725/13). Diese Änderung der Rechtsprechung beruht darauf, dass der Anspruch auf Urlaubsabgeltung nach neuerer Ansicht des BAG ein reiner Geldanspruch und nicht mehr Surrogat des Urlaubsanspruchs ist.
Ist der Geldanspruch erst entstanden, bildet er einen Teil des Vermögens des Arbeitnehmers und unterscheidet sich in rechtlicher Hinsicht nicht von anderen Zahlungsansprüchen. Dieser selbständige Geldanspruch kann nicht gekürzt werden.
Wird das Arbeitsverhältnis während der Elternzeit durch Aufhebungsvertrag oder im Anschluss durch Kündigung oder Aufhebungsvertrag beendet (vgl. § 19 BEEG), können Arbeitgeber nach den Ausführungen des BAG während der einzuhaltenden Kündigungsfrist oder vor dem Abschluss eines Aufhebungsvertrags von ihrer Kürzungsbefugnis Gebrauch machen.
Handlungsempfehlung für die Praxis
Weshalb das BAG für die Erklärung der Urlaubskürzung einerseits auf die Kündigungsfrist andererseits auf den Abschluss des Aufhebungsvertrags abstellt, erschließt sich nicht. Arbeitgebern ist damit aber dringend zu empfehlen, die Kürzungserklärung spätestens vor Ausspruch einer Kündigung oder vor Abschluss eines Aufhebungsvertrags abzugeben.
Um von vorneherein teure Abgeltungsansprüche zu vermeiden, sollten Arbeitgeber die Kürzung entweder direkt bei der Bescheinigung über die Elternzeit (§ 16 Abs. 1 S. 8 BEEG) erklären oder kurz vor der Beendigung der Elternzeit.