Auskunft über vergleichbare Gehälter nach EntgTranspG können auch arbeitnehmerähnliche Personen verlangen. Das hat das BAG in Bezug auf eine freie Mitarbeiterin des ZDF entschieden.
Das BAG hat in der Revisionsinstanz im Juni dieses Jahres über die Klage einer ZDF-Redakteurin auf Auskunft vergleichbarer Entgelte im Unternehmen nach §§ 10 ff. EntgTranspG geurteilt. Die „Redakteurin mit besonderer Verantwortung″ war seit 2007 – und ab dem Jahre 2011 unbefristet – als „freie Mitarbeiterin″ im Sinne des geltenden Tarifvertrages beschäftigt. Rechtskräftig ist festgestellt worden, dass es sich bei der Klägerin nicht um eine Arbeitnehmerin im Sinne des deutschen Arbeitsrechts handelt.
Während die Vorinstanzen einen Anspruch der freien Mitarbeiterin als arbeitnehmerähnliche Person ablehnten, erstreckte das BAG mit der nunmehr ergangenen Entscheidung die Anwendbarkeit des EntgTranspG dem Grunde nach auch auf solche Beschäftigte.
Der dem Rechtsstreit zugrundeliegende individuelle Auskunftsanspruch sieht vor, den Beschäftigten Informationen über die Entgelte vergleichbarer Beschäftigter zukommen zu lassen. Der Anspruch dient dem Zweck, die geschlechterbezogene Diskriminierung in Form der Entgeltungleichheit zu unterbinden. Die nach dem EntgTranspG erteilte Auskunft soll es dem Gläubiger des Auskunftsanspruches erleichtern, Ansprüche nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) geltend zu machen.
Voraussetzung für das Bestehen eines solchen Auskunftsanspruchs ist aber, dass es sich bei dem Anspruchsteller um einen „Beschäftigten“ im Sinne des § 10 EntgTranspG handelt.
„Beschäftigter“ i.S.v §5 Abs. 2 Nr. 1 EntgTranspG unionsrechtskonform auszulegen
Dreh- und Angelpunkt des Streits war die Frage des Umfangs des Beschäftigtenbegriffes im Sinne des EntgTranspG. Insofern knüpft die anspruchsbegründende Norm des § 10 Abs. 1 S. 1 i.V.m. §§ 11 ff. EntgTranspG an die Legaldefinition nach § 5 Abs. 2 EntgTranspG an. Dort sind als „Beschäftigte″ im benannten Sinne neben Arbeitnehmern auch Beamte, Richter, Soldaten, Auszubildende und Heimarbeiter definiert.
Die Vorinstanzen hatten geurteilt, ein als arbeitnehmerähnliche Person zu qualifizierender freier Mitarbeiter falle insbesondere deshalb nicht unter den Anwendungsbereich des EntgTranspG, weil zur Konkretisierung des nationalen Gesetzes zur Umsetzung der europäischen Richtlinie auch primär das innerstaatliche Verständnis des Arbeitnehmerbegriffs heranzuziehen sei. Eine unionsrechtkonforme Auslegung sei nicht möglich.
Deutliche Worte des Bundesarbeitsgerichts
Der achte Senat des BAG teilte diese Rechtansicht nicht. Schon aus der bisher lediglich als Pressemitteilung vorliegenden Urteilsbegründung geht hervor, dass das BAG mit deutlichen Worten den Anwendungsbereich des Auskunftsanspruches auszuweiten gedenkt.
Eine unionsrechtskonforme Auslegung des Arbeitnehmerbegriffs nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 EntgTranspG sei deshalb geboten, weil anders der dem EntgTranspG zugrundeliegenden EU-Richtlinie nicht entsprochen werden könne.
Zur Umsetzung dieser Richtlinie – die das Diskriminierungsverbot beim Entgelt sowie die entgeltbezogene Gleichbehandlung von Frauen und Männern bezweckt – sei eine weite Auslegung der Arbeitnehmerbegriffe des Entgelttransparenzgesetz erforderlich. Da weder das AGG, noch andere Gesetze den durch die Richtlinie statuierten Erfordernissen hinreichend Rechnung trügen, sei die erforderliche Umsetzung nur im Rahmen des Auskunftsanspruchs nach §10 EntgTranspG möglich. Andernfalls würde es an einer ausreichenden Umsetzung im deutschen Recht fehlen.
Es bleiben offene Fragen nach Zurückverweisung an das LAG
In Anbetracht der sogleich darzulegenden Gründe ist zu erwarten, dass sich der Senat in der vollständigen Entscheidungsbegründung hinreichend mit den Argumenten befasst, die das ArbG sowie das LAG gegen eine solche Rechtsauffassung eingewandt hatten.
Denn die Legaldefinition in § 5 Abs. 2 Nr. 1 EntgTranspG ist abschließend und verweist in seinem Wortlaut auf den Arbeitnehmerbegriff nach deutschem Verständnis. Andernfalls hätte es sich der richtlinienumsetzende Gesetzgeber ersparen können, Heimarbeiter oder auch Auszubildende in die Legaldefinition mit aufzunehmen. Die Norm schließt arbeitnehmerähnliche Personen in seinen Anwendungsbereich nicht mit ein. Dies hätte sich in Anbetracht der Aufzählungen in § 5 Abs. 2 EntgTranspG jedoch angeboten und war im Stadium des Referentenentwurfs auch so vorgesehen. Der parlamentarische Gesetzgeber hat hiervon jedoch bewusst Abstand genommen.
Hinzu kommt, dass ein nationales Verständnis des Arbeitnehmerbegriffs auch der Einheit der nationalen Rechtsordnung entspräche.
Mit der Entscheidung weitet der Senat den Anwendungsbereich des Auskunftsansprüche gemäß des EntgTranspG weiter aus. Insofern führt er seine großzügige Rechtsprechung im Umgang mit Ansprüchen aus dem EntgTranspG fort.
An einem sachlichen Bedürfnis im Falle arbeitnehmerähnlicher Personen ist indessen zu zweifeln. In der Abgrenzung zu Arbeitnehmern sind diese als freie Dienstnehmer weniger schutzwürdig und treten, insbesondere in Entgeltfragen, innerhalb eines freien Dienstleistungsmarktes auf. Innerhalb dieses Marktes bedarf es Steuerungsmechanismen wie denen des EntgTranspG, jedenfalls in dem ausgeurteilten Umfang, nicht.
Das BAG wird sich in seinen noch unveröffentlichten Entscheidungsgründen nicht damit begnügen können, die dargelegten Argumente durch einen pauschalen Verweis auf den zugrundeliegenden Richtlinienzweck auszuräumen.
Für die weitere Bewertung der BAG-Rechtsprechung in diesem Zusammenhang sind die Begründungen des Senats im Detail daher von besonderer Bedeutung.
Endgültige Entscheidungsbegründung abzuwarten – bis dahin Auskunftsbegehren arbeitnehmerähnlicher Personen berücksichtigen
Das BAG hat die Sache an das LAG zur tatsächlichen Klärung der übrigen Anspruchsvoraussetzungen zurückverwiesen. Abzuwarten bleibt neben der Frage, inwiefern sich das BAG mit den skizzierten Rechtsgründen auseinandersetzt, auch, ob das LAG – und/oder das BAG bei erneuter Befassung – den erheblich ausgeweiteten Anwendungsbereich des Auskunftsanspruches durch weitere Einschränkungen wieder eingrenzt.
Für die Bewertung der Anspruchsberechtigung ist Arbeitgebern bis auf weiteres anzuraten, auch Auskunftsbegehren arbeitnehmerähnlicher Personen zu erfüllen. Anders als bisweilen in der Nachlese der Entscheidung zu lesen, gilt dies nicht schlichtweg für alle freien Mitarbeiter, sondern nur für solche, die eine besondere persönliche Bindung zu einem Unternehmen aufweisen.
*Gemeint sind Beschäftigte jeder Geschlechtsidentität. Lediglich der leichteren Lesbarkeit halber wird künftig bei allen Bezeichnungen nur noch die grammatikalisch männliche Form verwendet.