22. März 2012
equal pay
Arbeitsrecht

equal pay: Aussetzung bei Anwendung des mehrgliedrigen Tarifvertrages nicht zwingend geboten

Wir haben bereits mehrfach darüber berichtet, dass sog. equal pay-Verfahren ausgesetzt werden können, da die (im Verfahren entscheidungserhebliche) Tarifunfähigkeit der CGZP, die letztlich die Unwirksamkeit der von dieser Tarifgemeinschaft abgeschlossenen Tarifverträge und damit auch den equal pay-Anspruch begründen soll, bislang lediglich gegenwartsbezogen vom BAG festgestellt worden ist (Beschl. v. 14.12.2010 – 1 ABR 19/10).

Im Jahr 2010 hat die CGZP neben einigen Gewerkschaften des Christlichen Gewerkschaftsbundes einen sog. mehrgliedrigen Tarifvertrag abgeschlossen (= mehrere selbstständige Tarifverträge in einer Urkunde). Letztlich stellt sich im Rahmen von equal pay-Verfahren die Frage, ob diese auszusetzen sind, bis insbesondere die Tariffähigkeit der beteiligten christlichen Einzelgewerkschaften rechtskräftig geklärt ist. Das LAG Düsseldorf gibt hierzu eine differenzierende Antwort:

Im Ausgangsverfahren macht die als Leiharbeitnehmerin beschäftigte Klägerin für den Zeitraum vom 01.12.2010 bis zum 31.03.2011 equal pay-Ansprüche gegen den beklagten Verleiher geltend. Im Arbeitsvertrag ist eine Bezugnahmeklausel auf die von der CGZP und den christlichen Einzelgewerkschaften abgeschlossenen Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung enthalten. Das ArbG Oberhausen hat den Rechtsstreit nach § 95 Abs. 5 S. 1 ArbGG ausgesetzt.

Das LAG Düsseldorf hat diese Entscheidung aufgehoben (Beschl. v. 11.11.2011 – 2 Ta 501/11). Eine Aussetzung könne nicht – wie es das ArbG Oberhausen getan habe – damit begründet werden, dass – neben der Tariffähigkeit – zweifelhaft sei, ob die betreffenden Gewerkschaften in der Lage seien, unter Berücksichtigung der durch die jeweilige Satzung festgelegten Zuständigkeit überhaupt Tarifverträge für den Bereich der Arbeitnehmerüberlassung zu schließen.

Die Klägerin – so stellte das LAG Düsseldorf fest – sei als Kassiererin im Einzelhandel eingesetzt worden. Für dieses Segment sei aber die DHV laut deren Satzung zuständig. Nachdem das BAG die Tariffähigkeit dieser Gewerkschaft bereits festgestellt habe, hätte das ArbG Oberhausen rechtliche Erwägungen anstellen müssen, die gegen eine satzungsmäßige Zuständigkeit der DHV sprechen könnten. Dies müsse das Ausgangsgericht nun nachholen. Zudem müsse dieses begründen, inwieweit es auf die Tariffähigkeit/-zuständigkeit der übrigen Gewerkschaften, die den mehrgliedrigen Tarifvertrag unterzeichnet hätten, überhaupt ankommen könne.

Die Entscheidung verdeutlicht, dass es sich die mit equal pay-Klagen befassten Arbeitsgerichte bei der Aussetzung (in einigen Fällen) zu einfach machen. Gerade mit Blick auf den mehrgliedrigen Tarifvertrag der CGB-Gewerkschaften reicht ein pauschal gefasster Aussetzungsbeschluss, der die Tarifzuständigkeit/-fähigkeit aller beteiligten Arbeitnehmervereinigungen in Abrede stellt, nicht aus. Vielmehr kommt eine Aussetzung erst in Betracht, wenn das Arbeitsgericht geprüft hat, ob der konkrete Einsatzbereich des klagenden Leiharbeitnehmers von der satzungsmäßig bestimmten Zuständigkeit der am Tarifvertragsschluss beteiligten Gewerkschaften erfasst war und – sollte dies der Fall sein – Zweifel an der Tariffähigkeit dieser konkreten Arbeitnehmervereinigung bestehen. Eine lediglich allgemein gehaltene Begründung unter Verweis auf eine vermeintlich fehlende Tarifzuständigkeit/-fähigkeit der christlichen Einzelgewerkschaften ist insoweit nicht ausreichend; dies gilt insbesondere, wenn die Tariffähigkeit der Vereinigung in der Vergangenheit bereits (höchstrichterlich) bestätigt wurde (vgl. DHV: LAG Hamburg, Beschl. v. 18.02.1997 - 2 TaBV 9/95; BAG, Beschl. v. 10.02.2009 – 1 ABR 36/08; CGM: BAG, Beschl. v. 28.03.2006 – 1 ABR 58/04). Das Arbeitsgericht muss insoweit konkrete Zweifel adressieren, warum die Tariffähigkeit der Gewerkschaft jetzt nicht mehr gegeben sein soll.

Tags: Aussetzung CGB CGZP mehrgliedriger Tarifvertrag Tariffähigkeit Tarifzuständigkeit